- Soziales und Recht
Hilfsmittel verordnen: So funktioniert es
4 Minuten
Wer schon einmal ein Hilfsmittel verordnet bekommen hat und auch Verbrauchsmaterial dafür, weiß, dass es dabei Unterschiede gibt. In diesem Artikel gibt es Informationen, was beim Verordnen zu beachten ist und welche Aufgaben Betroffene dabei haben können.
Hilfsmittel zu verordnen, scheint ganz einfach zu sein: Hilfsmittel auf das Rezept schreiben – und fertig. Ganz so einfach ist es leider nicht. Das Verordnen “auf dem Bierdeckel” geht nicht.
Diagnose muss auf dem Rezept stehen
Es gibt Sonderformulare für Hör- und Sehhilfen. Diese bedürfen einer besonderen Indikation und können nur von entsprechenden Fachärztinnen und -ärzten ausgestellt werden. Dies können bei deutlichen Sehstörungen Hilfsmittel wie vergrößernde Gläser oder spezielle Brillen sein.
Die übrigen Hilfsmittel werden bei Krankenkassen-Rezepten auf einem Muster-16-Formular ausgedruckt, dem bekannten rosafarbenen Rezept. Hier muss das Kästchen “Hilfsmittel” markiert sein. Zusätzlich muss eine Diagnose auf dem Rezept vermerkt werden. Darin unterscheidet sich das Hilfsmittel-Rezept von Rezepten für Medikamente. Aus diesem Grund dürfen zum Beispiel Lanzetten nicht zusammen mit Blutzucker-Teststreifen auf einem Rezept stehen. Blutzucker-Teststreifen sind keine Hilfsmittel und müssen auf einem Medikamenten-Rezept stehen. Bei Privatversicherten handelt es sich um das bekannte “blaue” Rezept oder das übliche Privatrezept. Auch hier muss jedoch die Diagnose stehen, die die Verordnung begründet.
Die genannte Diagnose sollte zu dem verordneten Hilfsmittel passen und im Idealfall die Notwendigkeit der Verordnung erklären und begründen. Wenn also Injektionskanülen zur Insulininjektion verordnet werden, ist die Diagnose Diabetes mellitus bereits erklärend. Es wird dann davon ausgegangen, dass eine Insulintherapie erfolgt.
Manchmal muss mehr begründet werden
Bei manchen Hilfsmitteln muss die Begründung ausführlicher sein und weiter ausgeführt werden. Bei der Verordnung eines Systems zum kontinuierlichen Glukose-Monitoring (CGM) sollte neben der Diagnose “Diabetes mellitus” die Art der Therapie (intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT), Insulinpumpen-Therapie (CSII)) vermerkt sein. Zusätzlich sollte bei der Erstverordnung der Vermerk stehen, dass das Therapieziel anderweitig nicht erreicht wurde – so lassen sich unter Umständen Rückfragen vermeiden.
Hilfsmittel zum Verbrauch oder nicht
Es wird unterschieden zwischen zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln und nicht zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln.
Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel sind zum Beispiel Lanzetten zum Gewinnen von Blut, Kanülen und Einmalspritzen zur Insulininjektion, Insulin-Fertigpens sowie das Verbrauchsmaterial für Insulinpumpen wie Katheter, Kanülen, Reservoire etc. – also Hilfsmittel, die nur einmal benutzt werden können oder sollen.
Nicht zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel sind zum Beispiel Blutzucker-Messgeräte, Stechhilfen, Insulinpumpen, Insulinpens, aber auch Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) – also Hilfsmittel, die öfter oder dauerhaft genutzt werden.
Häufig Prüfung bei teureren Hilfsmitteln
Die nicht zum Verbrauch bestimmten Hilfsmittel sind oftmals teurer und unterliegen somit häufig einer Prüfung, ob die Verordnung notwendig ist. Dies ist zum Beispiel bei Insulinpumpen und CGM-Systemen der Fall, kann aber auch andere Hilfsmittel wie Spezialbetten betreffen. Hierbei wird meistens ein Fragenkatalog an die Patienten beziehungsweise die Verordnenden gestellt. Die Antworten auf diese Fragen sind an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zu senden. Dieser entscheidet nach Auswertung der Informationen über eine Empfehlung zur Kostenübernahme. Gegebenenfalls können Antworten auf spezielle Fragen nachgefordert werden.
In speziellen Fällen, zum Beispiel der behindertengerechten Einrichtung der Wohnung mit Pflegebett, Rollstuhl, Duschgriffen etc., kann es auch Termine vor Ort geben. Diese dienen nicht nur zur Kontrolle der Notwendigkeit der Hilfsmittel, sondern oft auch zur Beratung, damit die Versorgung optimal ausfällt.
Bei Ablehnung Widerspruch möglich
Sollte die Krankenkasse die Übernahme der Kosten für das verordnete Hilfsmittel ablehnen, kann Widerspruch eingelegt werden. Dieser muss entsprechend begründet werden und sollte der Krankenkasse darlegen, warum es medizinisch notwendig ist, dieses Hilfsmittel zu genehmigen. Die Krankenkasse prüft erneut und kann dann die Übernahme der Kosten für das Hilfsmittel genehmigen oder ablehnen. Sollte es bei einer Ablehnung bleiben, Behandler und Patient jedoch der Meinung sind, dass es eine begründete Notwendigkeit gibt, kann unter Umständen eine Entscheidung durch ein Sozialgericht notwendig sein. Dies ist zum Glück sehr selten notwendig. Häufig reicht bereits der entsprechende Austausch zwischen Patient, Behandler und Krankenkasse.
Feste Summen für Verbrauchs-Hilfsmittel
Die zum Verbrauch bestimmten Hilfsmittel sind oft im Preis günstiger. Manchmal stehen sie auch im Zusammenhang mit bereits genehmigten Hilfsmitteln, wie beim Zubehör für eine bereits genehmigte Insulinpumpe. Kleinere Artikel werden dabei im Regelfall ohne weitere Prüfung genehmigt.
Immer öfter vereinbaren die Krankenkassen mit Dienstleistern, die Hilfsmittel verkaufen, Generalverträge. Hier erhält das Unternehmen eine fest vereinbarte Summe für die Versorgung der Patienten mit den entsprechenden Hilfsmitteln, wie Kathetern für Insulinpumpen. Das wirtschaftliche Risiko wird dabei von den entsprechenden Geschäften getragen.
Hilfsmittel belasten nicht das viel zitierte Budget der Verordnenden. Die Verordnung ist also wirtschaftlich unproblematisch für die Verordnenden, sie könnte lediglich mehr Arbeit bereiten.
Richtlinien für die Verordnung
Es gibt für viele Hilfsmittel Richtlinien, wann welches Hilfsmittel verordnet werden darf. Im Fall der CGM-Systeme sind es zum Beispiel die Diagnose Diabetes mellitus, Durchführen einer ICT oder CSII sowie das Nichterreichen des individuell vereinbarten Therapieziels. Zusätzlich muss der Verordnende Facharzt für Endokrinologie oder Diabetologie sein. Der MDK hat das Recht, neben diesen Informationen zum Beispiel Blutzucker-Tagebücher anzufordern, um den Sachverhalt besser einordnen zu können.
Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, bedeutet das nicht automatisch, dass eine Ablehnung erfolgt. Es wird jedoch deutlich schwieriger, die Verordnung genehmigt zu bekommen. Patient und Behandler müssen dann begründen und die Krankenkasse überzeugen, warum es aus medizinischer Sicht als Einzelfall-Entscheidung in diesem Fall notwendig ist, das Hilfsmittel zu genehmigen.
Im Fall eines CGM-Systems wird dann sicher nicht das lästige Piksen in die Finger als Begründung überzeugen. Mögliche Begründungen könnten jedoch schwere Unterzuckerungen nach Operation zur Gewichtsreduktion sein oder ein gelähmter Arm, weshalb notwendige Messungen nicht möglich sind.
Im Zweifel sollte man mit den Ansprechpartnerinnen und -partnern bei der Krankenkasse sprechen. Diese müssen sich zwar auch an die Bestimmungen und Regeln halten, können aber im Einzelfall beraten, unter welchen Umständen welche Verordnung akzeptiert werden könnte.
Generell besteht eine Zuzahlungspflicht. Die Zuzahlung zu den Hilfsmitteln beträgt 10 Prozent des Verkaufspreises, wobei eine Zuzahlung von 10 Euro pro Monat nicht überschritten werden darf.
Schwerpunkt: „Hilfsmittel – was, wann, warum“
- Hilfsmittel unterstützen bei der Diabetestherapie
- Hilfsmittel verordnen: So funktioniert es
- Hilfsmittel-Verordnungen: Nicht alles geht
von Dr. Oliver Schubert-Olesen
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2023; 72 (7) Seite 24-26
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 1 Woche
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 6 Tagen, 20 Stunden
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen, 2 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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