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Das Jahresende ist die Zeit der Rückblicke – daher blickt auch unser Rechts-Experte Oliver Ebert zurück auf die rechtlichen sowie gesundheits- und sozialpolitischen Entscheidungen der vergangenen Monate, die Menschen mit Diabetes betreffen. Und er wirft einen Blick auf das, was uns im neuen Jahr erwarten wird.
Liebe Leserinnen und Leser, das Jahr 2016 hat im Rückblick für Diabetiker einige Änderungen gebracht: Neue Insuline und Medikamente mussten aus Kostengründen vom Markt genommen werden und sind für Kassenpatienten nicht mehr zugänglich.
Dafür gab es eine dicke Überraschung: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen regelt, hat nämlich anerkannt, dass Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) nicht lediglich dem Patienten Komfort und erhöhte Lebensqualität bringen, sondern auch aus medizinischer Sicht einen Nutzen bringen können.
Seit September 2016 sind CGM-Systeme daher nun reguläre Kassenleistung: Wenn aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen bei einem Patienten vorliegen, dann darf ihm der Arzt ein CGM-System nun auf Kassenrezept verordnen. Bis dahin wurden solche Systeme nur in Ausnahmefällen – zum Beispiel bei Schwangeren – von den Krankenkassen übernommen. Ich finde, das ist ein Meilenstein und zeigt, dass trotz vieler Kürzungen und Schwächen die Leistungen unseres Gesundheitssystems noch immer auf einem sehr hohen Niveau sind.
Gleich zum Jahreswechsel gibt es weiter Positives: Der Januar bringt nämlich auch im Bereich der Pflegeversicherung erhebliche Änderungen:
Bislang gab es drei Pflegestufen, künftig wird in fünf Pflegegrade unterteilt. Dies bringt für die Betroffenen in vielen Fällen finanzielle Entlastung bzw. mehr Geld. Auch für Kinder mit Diabetes könnte es nun womöglich einfacher werden, Leistungen der Pflegeversicherung zu bekommen. Allerdings wird dafür auch der Beitrag zur Pflegeversicherung erhöht: Er steigt um 0,2 Prozentpunkte auf dann 2,55 Prozent. Wer kinderlos ist, muss mehr bezahlen: Hier liegt der Beitrag künftig bei 2,8 Prozent, also ein Zuschlag von 0,25 Prozent.
Ich werde die Neuerungen in der Pflegeversicherung in einer der kommenden Ausgaben des Diabetes-Journals ausführlich vorstellen.
Die Krankenkassenbeiträge sollen in 2017 zunächst nicht steigen, auch der Zusatzbeitrag zur Krankenkasse bleibt mit durchschnittlich 1,1 Prozent stabil. Allerdings verlangen die Krankenkassen unterschiedlich hohe Beiträge; hier kann man unter Umständen sparen, wenn man vergleicht und ggf. in eine günstigere Kasse wechselt.
Wie jedes Jahr neu: Die Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Krankenkasse steigt, nun bundeseinheitlich auf monatlich 4.350 €. Dies bedeutet, dass für über diesem Betrag liegende Einkünfte keine Beiträge an die Krankenkasse abgeführt werden müssen.
Hiervon ist die Jahresarbeitsentgeltgrenze zu unterscheiden: Diese legt fest, ab welchem Einkommen man sich von der Sozialversicherungspflicht befreien lassen kann, d.h. in die private Krankenversicherung wechseln kann. Diese Grenze liegt ab 2017 bei 57.600 €.
Obwohl doch insgesamt durchaus Positives zu vermelden ist, gibt es natürlich auch viele Dinge, die leider nicht rundlaufen. Noch immer kommt es aufgrund des Diabetes mitunter zu Diskriminierung im Alltag – sei es im Arbeitsleben oder privat. Betroffen gemacht hat mich beispielsweise die Mail eines Vaters, der mich um dringende Hilfe bat:
Seine achtjährige Tochter besuchte die erste und auch die zweite Klasse der Regelschule; die Lehrer halfen freiwillig und engagiert beim Messen und Spritzen. Nachdem sie das zweite Grundschuljahr mit gutem Ergebnis abschließen konnte, wurde das Kind nach den großen Ferien beim Start in die 3. Klasse aber plötzlich von der Klassenlehrerin abgewiesen.
Begründung: Die neue Lehrerin verweigert sich generell der Thematik Diabetes; sie blockierte und verweigerte dem Kind die weitere Unterrichtsteilnahme. Selbst eine vorübergehende Teilnahme der Eltern am Unterricht, bis ein Schulbegleiter bzw. ein Pflegedienst organisiert ist, wurde von der Schule nicht gestattet. Auch eine Intervention der Eltern beim Schulamt brachte wohl nichts.
So etwas ist und wäre ein Skandal. Denn ein Ausschluss eines Kindes mit Diabetes vom Schulbetrieb darf nur erfolgen, wenn es nicht regelschulfähig ist. Selbstverständlich muss die Schule nach allen Kräften dazu beitragen, um eine Inklusion und Teilhabe des Kindes zu ermöglichen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg stellte vor einiger Zeit in einem Eilverfahren (Beschluss vom 25.11.2013, Az.: 3 M 337/13) daher auch klar, dass ein Kind mit Diabetes nur im Ausnahmefall an eine Förderschule verwiesen werden darf.
Ich antwortete dem Vater daraufhin sehr ausführlich und kostenfrei – ein anderer Anwalt hätte für den Aufwand und die Beratung ca. 250 € berechnet – und gab ihm Tipps zur Vorgehensweise. Es bleibt zu hoffen, dass die Familie nun schnell das Problem lösen kann.
Aber wie leider so oft, wenn man kostenlos hilft (und das passt ebenfalls zu einem Rückblick zum Jahresende), kam auch in diesem Fall nicht einmal ein kurzes Dankeschön zurück … Falls der Vater so auch mit den Lehrern bzw. der Schule umgegangen ist (die sich bis dato ja sehr engagiert hatten), hätten wir hier vielleicht schon einen Teil der Erklärung für die momentane Situation. Schlimm ist nur, dass das Kind dies letztlich ausbaden muss.
In diesem Sinne bedanke ich mich bei Ihnen als engagierte Leser – und wünsche Ihnen eine besinnliche Adventszeit, frohe Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Ihr Oliver Ebert
von Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart oder
Friedrichstraße 49, 72336 Balingen
E-Mail: Sekretariat@rek.de
Internet: www.diabetes-und-recht.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (12) Seite 62-63
5 Minuten
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