Klinik­reform: Schlussspurt gegen die Wand?

3 Minuten

Klinikreform: Schlussspurt gegen die Wand | Foto: Thongthawee - stock.adobe.com
Foto: Thongthawee - stock.adobe.com
Klinik­reform: Schlussspurt gegen die Wand?

Letzte Änderungen am Entwurf des Gesetzes zur Klinik­reform sollen das Projekt doch noch wie geplant zum 1. Januar 2025 an den Start bringen. Ob der Schlussspurt gelingt und der befürchtete Schaden für Diabetesstrukturen so abgewendet werden kann, ist offen.

Die Klinikreform biegt auf die Zielgerade ein, zumindest was den parlamentarischen Prozess angeht. Die eigentliche Umsetzung folgt erst, wenn das handlich benannte Krankenhaus­versorgungs­verbesserungs­gesetz (KHVVG) in Kraft getreten ist. Geplant ist das immer noch für Anfang 2025. Am 25. September dieses Jahres fand die Anhörung zum KHVVG im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags statt. Die Abgeordneten diskutierten darin den im Mai vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurf zur Krankenhausreform mit Sachverständigen. Sie gaben mit ihren Fragen Hinweise darauf, an welchen Stellen sie im weiteren parlamentarischen Prozess das umstrittene Gesetz noch ändern wollen.

Am 8. Oktober traten mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und den gesundheitspolitischen Sprechern von Grünen und FDP Janosch Dahmen und Andrew Ullmann Vertreter der drei Koalitionsparteien vor die Presse und gaben eine Einigung innerhalb der Ampel auf finale Änderungen am KHVVG bekannt. Neu ist zum Beispiel, dass Krankenhäuser in bestimmten Fällen nun auch ambulante fachärztliche Versorgung übernehmen dürfen. „Fachärzte können aus kleinen Häusern heraus praktizieren und so die Lücken, die der Fachärztemangel geschlagen hat, schließen“, erklärte Lauterbach. Bisher war im Entwurf nur die Erlaubnis für Kliniken vorgesehen, ambulante allgemeinärztliche Leistungen anzubieten. Die Möglichkeit zur ambulanten fachärztlichen Versorgung sollen allerdings nur bestimmte Kliniken in nicht zulassungsbeschränkten Gebieten bekommen.

Fakten: Kliniken und Kosten
  1. Über 100 Milliarden Euro Beitragsmittel fließen 2024 in die Krankenhauslandschaft.
  2. 50 Milliarden Euro soll der geplante Fonds zum Klinikumbau bereitstellen.
  3. Nach der Reform sollen 60 Prozent der Klinik-Betriebskosten über eine Vorhaltepauschale abgegolten werden.

Die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Dr. Andreas Gassen, Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Sibylle Steiner kritisierten diesen finalen Entwurf massiv. „Allen Beteuerungen zum Trotz wird es mittlerweile überdeutlich: Karl Lauterbach will eine krankenhauszentrierte Versorgung schaffen – koste es, was es wolle.“ Ihr Ausblick ist finster: „Statt die ambulante Versorgung zu stärken, wird sie weiter ausgehöhlt – möglicherweise, um die bisher in den Praxen tätigen Kolleginnen und Kollegen zu einer Tätigkeit als Angestellte in einer Krankenhausstruktur zu bringen.“

Grundsatzfragen ungeklärt

Die Rolle kleiner Krankenhäuser thematisierten in der Anhörung im September mehrere Experten. Nach Meinung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) ließ sich zum damaligen Zeitpunkt jedoch kein klares Konzept erkennen, welche Aufgabe Kliniken mit einem eingeschränkten Leistungsgruppen­angebot konkret erfüllen sollen. Und wie sie da, wo es an Praxen fehlt, in die ambulante Versorgung eingebunden werden können. Die Fachgesellschaft plädiert dafür, an ihnen und in ihrer Nähe Arztpraxen anzusiedeln, um ihre Rolle in der transsektoralen Versorgung zu stärken. Nur so kann aus Sicht der DGIM eine flächendeckende Gesundheitsversorgung im Sinne der Patienten sichergestellt werden.

Die KBV sieht eher Gefahren. „Das Ganze macht den Eindruck, dass insbesondere mit den Beitragsgeldern der gesetzlich Versicherten dauerhaft milliardenschwere Krankenhaussubventionen gestemmt werden sollen und die wohnortnahe Versorgung durch Praxen abgewickelt werden soll. Wir appellieren an die Bundesländer, diesen teuren und von einer zentralistischen Ideologie geprägten Irrweg nicht mitzugehen“, so die Vorstände mit Blick auf die noch zu bewältigenden letzten Meter des Gesetzentwurfs.

Ende Juni hatten die Abgeordneten das KHVVG zur ersten Lesung im Bundestag diskutiert. Damit startete der parlamentarische Prozess, in dem aus Gesetzesvorschlägen der Regierung das finale Gesetz erarbeitet wird. Nachdem das Gesetz in der finalen Fassung Mitte Oktober im Bundestag abschließend beraten wurde, muss sich noch der Bundesrat damit beschäftigen. Dies ist voraussichtlich am 22. November der Fall. Hier wird sich zeigen, ob der Ampelkompromiss auch die Sorgen der Bundesländer um „ihre“ Krankenhäuser genügend berücksichtigt.

Eine Rolle spielt dabei die Auswirkungsanalyse, mit der die Bundesländer auf Basis der Abrechnungsdaten von 2023 die Konsequenzen der Reform für die Klinikstandorte und ihre Finanzierung simulieren können. Werkzeuge für diese Analyse sind allerdings noch nicht ganz fertig. Ruft der Bundesrat den Vermittlungsausschuss an, geht das Ringen um die Klinikreform in eine weitere Runde. Und wahrscheinlich ins neue Jahr.

Fußzentren erhalten

Vor den finalen Änderungen hatte Prof. Dr. Ralf Lobmann vom Klinikum Stuttgart gewarnt, dass die Krankenhaus­reform in ihrer aktuellen Form die Qualität der Versorgung von Diabetes­patienten gefährde. „Wir brauchen eine Reform der Gesundheitsstrukturen, aber die Versorgungsqualität muss erhalten bleiben“, sagte der Experte für den diabetischen Fuß Ende September auf dem Dialogforum „Eine Stunde Wunde“ des Bundesverbands Medizintechnologie (BVMed).

Zweitmeinung einholen!
Die AG Diabetischer Fuß der DDG macht mit der Initiative „Amputa­tion – NEIN Danke!“ auf das Recht auf Zweitmeinung bei einer drohenden Amputation aufmerksam.

Die Arbeitsgemeinschaft Dia­be­tischer Fuß der DDG befürchtet, dass viele der heute spezialisierten Fußbehandlungszentren mangels Anerkennung bestehender Expertise durch das KHVVG ihre Arbeit einstellen müssen. Sie fordert daher, dass die Zuweisung zu Leistungsgruppen und damit die Möglichkeit einer vergüteten Abrechnung entsprechender Versorgungsangebote im Fall des Diabetischen Fußsyndroms auch die von der DDG zertifizierten Fußbehandlungszentren berücksichtigen müsse.

Zudem müsse die derzeit definierte Leistungsgruppe „Endokrinologie und Diabetologie“ zwingend auch die Fachärzte für Innere Medizin oder Allgemeinmedizin, die über die Zusatzbezeichnung „Diabetologie“ verfügen, anerkennen.


von Marcus Sefrin

Erschienen in: Diabetes-Anker, 2024; 72 (11) Seite 52-53

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Hinter die Dinge schauen: Kinder-Diabetologin und Coach Dr. Katja Schaaf im Interview

Hinter die Dinge schauen: Kinder-Diabetologin und Coach Dr. Katja Schaaf im Interview | Foto: Dennis Blechner

13 Minuten

Insulencerin Nina Joachim: Offen sein und Mut machen

Lange hat Nina Joachim ihren Typ-1-Diabetes versteckt. Doch als junge Erwachsene beginnt sie, offener mit ihrer Erkrankung umzugehen. Mit ihrer Tätigkeit als „Insulencerin“, durch die sie anderen helfen kann, hat sie ihren Traumjob gefunden.
Insulencerin Nina Joachim: Offen sein und Mut machen | Foto: Nina Sanchez/MedTriX

11 Minuten

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

Verbände