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Letzte Änderungen am Entwurf des Gesetzes zur Klinikreform sollen das Projekt doch noch wie geplant zum 1. Januar 2025 an den Start bringen. Ob der Schlussspurt gelingt und der befürchtete Schaden für Diabetesstrukturen so abgewendet werden kann, ist offen.
Die Klinikreform biegt auf die Zielgerade ein, zumindest was den parlamentarischen Prozess angeht. Die eigentliche Umsetzung folgt erst, wenn das handlich benannte Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) in Kraft getreten ist. Geplant ist das immer noch für Anfang 2025. Am 25. September dieses Jahres fand die Anhörung zum KHVVG im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags statt. Die Abgeordneten diskutierten darin den im Mai vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurf zur Krankenhausreform mit Sachverständigen. Sie gaben mit ihren Fragen Hinweise darauf, an welchen Stellen sie im weiteren parlamentarischen Prozess das umstrittene Gesetz noch ändern wollen.
Am 8. Oktober traten mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und den gesundheitspolitischen Sprechern von Grünen und FDP Janosch Dahmen und Andrew Ullmann Vertreter der drei Koalitionsparteien vor die Presse und gaben eine Einigung innerhalb der Ampel auf finale Änderungen am KHVVG bekannt. Neu ist zum Beispiel, dass Krankenhäuser in bestimmten Fällen nun auch ambulante fachärztliche Versorgung übernehmen dürfen. „Fachärzte können aus kleinen Häusern heraus praktizieren und so die Lücken, die der Fachärztemangel geschlagen hat, schließen“, erklärte Lauterbach. Bisher war im Entwurf nur die Erlaubnis für Kliniken vorgesehen, ambulante allgemeinärztliche Leistungen anzubieten. Die Möglichkeit zur ambulanten fachärztlichen Versorgung sollen allerdings nur bestimmte Kliniken in nicht zulassungsbeschränkten Gebieten bekommen.
Die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Dr. Andreas Gassen, Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Sibylle Steiner kritisierten diesen finalen Entwurf massiv. „Allen Beteuerungen zum Trotz wird es mittlerweile überdeutlich: Karl Lauterbach will eine krankenhauszentrierte Versorgung schaffen – koste es, was es wolle.“ Ihr Ausblick ist finster: „Statt die ambulante Versorgung zu stärken, wird sie weiter ausgehöhlt – möglicherweise, um die bisher in den Praxen tätigen Kolleginnen und Kollegen zu einer Tätigkeit als Angestellte in einer Krankenhausstruktur zu bringen.“
Die Rolle kleiner Krankenhäuser thematisierten in der Anhörung im September mehrere Experten. Nach Meinung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) ließ sich zum damaligen Zeitpunkt jedoch kein klares Konzept erkennen, welche Aufgabe Kliniken mit einem eingeschränkten Leistungsgruppenangebot konkret erfüllen sollen. Und wie sie da, wo es an Praxen fehlt, in die ambulante Versorgung eingebunden werden können. Die Fachgesellschaft plädiert dafür, an ihnen und in ihrer Nähe Arztpraxen anzusiedeln, um ihre Rolle in der transsektoralen Versorgung zu stärken. Nur so kann aus Sicht der DGIM eine flächendeckende Gesundheitsversorgung im Sinne der Patienten sichergestellt werden.
Die KBV sieht eher Gefahren. „Das Ganze macht den Eindruck, dass insbesondere mit den Beitragsgeldern der gesetzlich Versicherten dauerhaft milliardenschwere Krankenhaussubventionen gestemmt werden sollen und die wohnortnahe Versorgung durch Praxen abgewickelt werden soll. Wir appellieren an die Bundesländer, diesen teuren und von einer zentralistischen Ideologie geprägten Irrweg nicht mitzugehen“, so die Vorstände mit Blick auf die noch zu bewältigenden letzten Meter des Gesetzentwurfs.
Ende Juni hatten die Abgeordneten das KHVVG zur ersten Lesung im Bundestag diskutiert. Damit startete der parlamentarische Prozess, in dem aus Gesetzesvorschlägen der Regierung das finale Gesetz erarbeitet wird. Nachdem das Gesetz in der finalen Fassung Mitte Oktober im Bundestag abschließend beraten wurde, muss sich noch der Bundesrat damit beschäftigen. Dies ist voraussichtlich am 22. November der Fall. Hier wird sich zeigen, ob der Ampelkompromiss auch die Sorgen der Bundesländer um „ihre“ Krankenhäuser genügend berücksichtigt.
Eine Rolle spielt dabei die Auswirkungsanalyse, mit der die Bundesländer auf Basis der Abrechnungsdaten von 2023 die Konsequenzen der Reform für die Klinikstandorte und ihre Finanzierung simulieren können. Werkzeuge für diese Analyse sind allerdings noch nicht ganz fertig. Ruft der Bundesrat den Vermittlungsausschuss an, geht das Ringen um die Klinikreform in eine weitere Runde. Und wahrscheinlich ins neue Jahr.
Vor den finalen Änderungen hatte Prof. Dr. Ralf Lobmann vom Klinikum Stuttgart gewarnt, dass die Krankenhausreform in ihrer aktuellen Form die Qualität der Versorgung von Diabetespatienten gefährde. „Wir brauchen eine Reform der Gesundheitsstrukturen, aber die Versorgungsqualität muss erhalten bleiben“, sagte der Experte für den diabetischen Fuß Ende September auf dem Dialogforum „Eine Stunde Wunde“ des Bundesverbands Medizintechnologie (BVMed).
Zweitmeinung einholen!
Die AG Diabetischer Fuß der DDG macht mit der Initiative „Amputation – NEIN Danke!“ auf das Recht auf Zweitmeinung bei einer drohenden Amputation aufmerksam.
Die Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß der DDG befürchtet, dass viele der heute spezialisierten Fußbehandlungszentren mangels Anerkennung bestehender Expertise durch das KHVVG ihre Arbeit einstellen müssen. Sie fordert daher, dass die Zuweisung zu Leistungsgruppen und damit die Möglichkeit einer vergüteten Abrechnung entsprechender Versorgungsangebote im Fall des Diabetischen Fußsyndroms auch die von der DDG zertifizierten Fußbehandlungszentren berücksichtigen müsse.
Zudem müsse die derzeit definierte Leistungsgruppe „Endokrinologie und Diabetologie“ zwingend auch die Fachärzte für Innere Medizin oder Allgemeinmedizin, die über die Zusatzbezeichnung „Diabetologie“ verfügen, anerkennen.
von Marcus Sefrin
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2024; 72 (11) Seite 52-53
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