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Die Behandlung des Diabetes wird immer erfolgreicher; damit aber auch komplexer und komplizierter. Gerade Kinder sollten mit der Interpretation von Blutzuckerdaten, der Insulindosierung und der Unterzuckerungsvorbeugung nicht allein gelassen werden – auch nicht an Schulen. Ein Plädoyer für die Integrationshilfe.
Neulich durchlebte ich ein Wechselbad der Gefühle. Es fing damit an, dass mir beim Umziehen in der Umkleide vor dem Sport meine Insulinpumpe aus der Hand fiel – und ich sie einfach nicht wieder zu fassen bekam. Eine junge Frau neben mir griff beherzt zu und gab sie mir. „Ich kenne das“, erklärte sie mir. Mein erstaunter Blick ließ sie ergänzen: „Ich betreue einen kleinen Jungen mit Diabetes.“
Es stellte sich heraus, dass sie Integrationshelferin ist und in diesem Rahmen Kindern in der Schule hilft – aktuell eben einem Grundschulkind mit Typ-1-Diabetes. Natürlich haben wir sofort begonnen, uns auszutauschen: Sie erzählte von ihren Erfahrungen, ich von meinen persönlichen, die natürlich schon Jahrzehnte zurückliegen und deshalb mit der heutigen Situation nicht wirklich vergleichbar sind.
Als die junge Frau begann, den kleinen Typ-1-Diabetiker zu betreuen, suchte sie nach Informationen. Dabei sprach sie auch mit jemandem, der sich seit Jahrzehnten mit Diabetes beschäftigt, auch mit der Versorgung und Betreuung von Kindern. Integrationshelfer seien für Kinder mit Diabetes überhaupt nicht nötig, bekam sie zu hören. Wie bitte? fragte sich die Integrationshelferin – und ich mich auch!
Dass damals, als es morgens und abends eine Spritze mit Mischinsulin gab, die Mahlzeiten in Menge und Zeit festgelegt waren und wir unsere Blutzuckerwerte nicht messen konnten, eine Integrationshilfe nicht sinnvoll war, ist klar. Aber heute muss ein Kind die gemessenen Zuckerwerte, aus Blut oder Gewebe, interpretieren können. Insulindosen muss es berechnen. Und auch mal etwas zwischendurch essen oder tun zu können, das nicht geplant war, erfordert Hilfe von Erwachsenen. Dafür ist Integrationshilfe – von Lehrern oder, wenn das nicht funktioniert, von Integrationshelfern – notwendig und sollte nicht kaputtgeredet werden.
Während unseres Gesprächs in der Umkleide zeigte sich zum Glück: Die junge Frau hatte sich nicht verunsichern lassen. Die einzige, die ihr, wie sie erzählte, nun noch ständig Probleme machte, war die Klassenlehrerin – die doch dankbar sein sollte, dass ihr jemand die Verantwortung für die Diabetesbetreuung des Kindes abnahm. Verstehen Sie jetzt mein Wechselbad der Gefühle? Aber angesichts des Eifers der Integrationshelferin bleibe ich optimistisch!
von Jana Einser
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (9) Seite 74
5 Minuten
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