Patientenverfügung – Leben erhalten?

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Patientenverfügung – Leben erhalten?

Ein Unfall, eine Krankheit – und Sie sind plötzlich nicht mehr ansprechbar. Irgendjemand muss nun Ihre Angelegenheiten regeln dürfen – auch bezüglich medizinischer Behandlungen.

Mit einer Patientenverfügung können Sie Ihren Willen bezüglich Art und Weise einer ärztlichen Behandlung niederlegen; dies ist wichtig hinsichtlich der Frage, ob und unter welchen Umständen lebenserhaltende bzw. lebensverlängernde Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Oder ob Sie sich unter manchen Umständen doch für eine passive Sterbehilfe entscheiden.

Eine solche Patientenverfügung muss eindeutig sein und darf im Ernstfall keine Zweifel aufwerfen – es sind daher einige wesentliche Voraussetzungen bei deren Erstellung zu beachten. Mit einer Patientenverfügung kann also festgelegt werden, wer in solchen Situationen für Sie Entscheidungen treffen soll und darf. Dies ist bei Eingriffen mit normalem Risiko (wie Narkose-Risiko) noch unproblematisch. Aber:

Schwierige Fragen, die man trotzdem klären sollte

Was ist, wenn nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall feststeht, dass Sie nach dem Erwachen aus dem Koma körperlich völlig unselbständig sind? Und schon für die einfachsten Dinge die Hilfe anderer benötigen? Sollen dann lebensverlängernde Maßnahmen wie intensivmedizinische Behandlung oder künstliche Ernährung begonnen oder fortgesetzt werden? Oder möchten Sie, dass man Sie, wenn keine Hoffnung auf Heilung oder Besserung besteht, in Würde sterben lässt?

Schwierige Fragen, die jeder für sich beantworten und entscheiden muss. Daher sollte man sich rechtzeitig eine Meinung bilden und diese nachweisbar dokumentieren.

Patientenverfügung: Sinn und Form
  • Sie sagen, ob und unter welchen Umständen lebenserhaltende/-verlängernde Maßnahmen ergriffen werden sollen!
  • Ärzte können sich nicht darüber hinwegsetzen.
  • Die Verfügung muss eindeutig und unmissverständlich, schriftlich verfasst und unterschrieben sein.
  • Sie soll alle 1 bis 2 Jahre überprüft werden.
  • Sie soll so deponiert werden, dass sie jederzeit leicht gefunden werden kann.

Ihre Vorstellung der letzten Lebensphase

Stellen Sie sich nun die Situation vor, in der überlegt wird, ob man in hoffnungsloser Lage nicht die künstliche Ernährung abstellen und Sie in Frieden sterben lassen solle – woher sollen Dritte wie Ärzte oder Betreuer wissen, welche Entscheidung Sie selbst gern für sich treffen würden? Womöglich werden Sie mit allen Mitteln und unter Qualen am Leben erhalten, obwohl Sie lieber sterben würden? Umgekehrt: Man lässt Sie “in Würde” sterben … und Sie wollen gar nicht?! Und hoffen auf jede Chance oder auf ein Wunder?

Für solche Fälle sollte dokumentiert sein, wie denn Ihre Vorstellungen einer medizinischen Behandlung sind, gerade in der letzten Lebensphase – am besten in Form einer Patientenverfügung.

In der Patientenverfügung können Sie niederlegen, wie Sie ärztlich behandelt werden wollen – besonders wichtig ist die Frage, ob und unter welchen Umständen lebenserhaltende bzw. lebensverlängernde Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Durch die Patientenverfügung kann im Ernstfall auf Ihren mutmaßlichen Willen geschlossen werden. So können Sie, obwohl vielleicht nicht entscheidungsfähig, trotzdem Einfluss auf die medizinischen Entscheidungen nehmen.

Eigenhändig unterschreiben, regelmäßig aktualisieren

Eine Patientenverfügung muss schriftlich und eigenhändig unterschrieben sein. Eine ärztliche oder juristische Beratung vor dem Abfassen einer Patientenverfügung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben; aber ein Beratungsgespräch kann unterstreichen, dass Sie Ihre Wünsche ernsthaft und im Bewusstsein ihrer Bedeutung zum Ausdruck gebracht haben.

Schließlich empfiehlt es sich, diese Verfügung regelmäßig (alle ein bis zwei Jahre!) zu überprüfen und durch Unterschrift neu zu bestätigen (Datum nicht vergessen). Selbstverständlich kann eine Patientenverfügung von Ihnen jederzeit und ohne Angabe von Gründen geändert oder widerrufen werden.

Beachten Sie bitte: Sie sollten die Patientenverfügung bei sich tragen oder so deponieren, dass man sie im Zweifel schnell findet.

Grundsätzlich bindend für Ärzte, Angehörige und Gerichte

Wenn durch eine Patientenverfügung der Wille des Patienten bezüglich einer ärztlichen Maßnahme eindeutig, unmissverständlich und sicher festgestellt werden kann, so dürfen sich die Ärzte nicht hierüber hinwegsetzen. Schriftliche Patientenverfügungen sind für Ärzte und Angehörige, aber auch für Gerichte verbindlich – egal in welchem Krankheitsstadium. Dies ist ausdrücklich gesetzlich geregelt in den §§ 1901a und 1903 BGB. Wenn also ein Patient zum Beispiel keine lebenserhaltenden medizinischen Maßnahmen mehr wünscht, so muss dies befolgt werden.

Wird dieser Patientenwille missachtet, so ist dies eine Körperverletzung und kann strafrechtlich entsprechend verfolgt werden. Nach den Grundsätzen der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung von 1998 hat der Arzt den Willen des Patienten aus sämtlichen Umständen zu ermitteln; einer früheren Willensäußerung oder Erklärung des Patienten kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu.

So hat der Bundesgerichtshof auch bestätigt, dass der Behandlungsabbruch eines im Koma liegenden Patienten grundsätzlich rechtmäßig war, wenn dies zweifelsfrei dem mutmaßlichen Willen des Patienten entsprochen hatte.

Allerdings: Nicht jeder Wunsch muss auch erfüllt werden. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland beispielsweise strafbar. Sie können daher nicht im Wege einer Patientenverfügung verlangen, dass man Ihren Tod durch Medikamente oder Gift herbeiführt.

Wille muss eindeutig und unmissverständlich sein!

Beachten Sie aber, dass eine Patientenverfügung eindeutig sein muss: Diese darf keinen Zweifel an Ihrem mutmaßlichen Willen bestehen lassen. Eine – wie in manchen Formularen enthaltene – wenig konkrete Verfügung wie “Ich möchte in Würde sterben, wenn ein erträgliches Leben nicht mehr möglich erscheint” bringt daher nichts. Denn eine solche Formulierung wäre viel zu allgemein und erlaubt später keine sichere Auslegung, was Sie denn damit gemeint haben (könnten).

Es gibt durchaus sehr unterschiedliche Auffassungen darüber, ab wann das Leben nicht mehr als erträglich anzusehen ist. Sie sollten daher sehr individuell festlegen, wann eine ärztliche Behandlung untersagt sein soll bzw. diese abzubrechen ist. Denken Sie daran: Je zeitnäher und konkret krankheitsbezogener eine Patientenverfügung formuliert ist, umso weniger Zweifel werden bei deren Auslegung bestehen.

Erklärung zur Organspende

Wenn Sie dazu beitragen möchten, dass nach Ihrem Tod ein anderer Mensch wieder glücklich werden kann, dann sollte eine Erklärung zur Organspende bzw. ein Organspendeausweis nicht fehlen. Umgekehrt: Wenn Sie eine Entnahme Ihrer Organe zu Transplantationszwecken ablehnen, dann sollten Sie das ebenfalls dokumentieren.

Vordrucke, Muster und weitere Infos

  • Eine ausführliche Broschüre mit weiteren Informationen kann man auf der Internetseite des Justizministeriums herunterladen oder per Post bestellen: Publikationsversand der Bundesregierung, Postfach 48 10 09, 18132 Rostock. Oder über das Servicetelefon 0 18 05/77 80 90 (14 Ct./min, abweichende Preise aus den Mobilfunknetzen möglich).
  • Ein hilfreicher, aus der Beratungspraxis in der Palliativ- und Hospizarbeit entstandener Leitfaden ist in der Broschüre des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter (auch im Buchhandel erhältlich, publiziert vom Verlag C. H. Beck).
  • Die Informationsbroschüren Antworten auf wichtige Fragen und Wie ein zweites Leben informieren rund um das Thema Organ- und Gewebespende. Sie können ebenso wie der Organspendeausweis bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) heruntergeladen oder kostenlos bestellt werden, per Post unter: BZgA, 50819 Köln, per Fax unter: 02 21/8 99 22 57 und per E-Mail unter: order@bzga.de
    .
Patientenverfügung zum Download

Hier finden Sie eine Mustervorlage für eine Patientenverfügung.

Dieses Muster einer Patientenverfügung haben wir für Sie erstellt – es sollte für die meisten Fälle ausreichend sein. Bitte lesen Sie sich das Formular ausführlich durch und kreuzen Sie dann Ihre Wünsche an. Um Missverständnisse (oder Verfälschungen!) zu vermeiden, sollten Sie jede angekreuzte Option durch Unterschrift oder Namenskürzel (Paraphe) nochmals signieren.

Wichtig: Wenn Sie bereits an einer schweren Krankheit leiden, die in absehbarer Zeit zum Tod führt, so ist das Formular nur bedingt geeignet. In diesem Fall sollte eine speziell auf Ihre Krankheitssituation angepasste Patientenverfügung abgegeben werden; bitte wenden Sie sich hierzu zur Sicherheit an Ihren Arzt und/oder einen Anwalt.

Es ist auch sehr empfehlenswert, die Patientenverfügung mit einem Arzt Ihres Vertrauens zu besprechen. Sie sollten diesen auch bitten, auf dem Vordruck zu bestätigen, dass nach seiner Auffassung keine Zweifel an Ihrer geistigen Verfassung bestehen und Ihnen der Inhalt bzw. die möglichen Konsequenzen der Regelungen bewusst sind.

Chance für Ihre Entscheidung erhöhen

Wenn Sie einen Organspendeausweis haben, so sollten Sie diesen beilegen bzw. entsprechend vermerken. Wünschen Sie keine Organspende, so können Sie hierauf mit handschriftlichem Zusatz auf dem Formular hinweisen. Sinnvoll ist es auch, Ihre eigenen Wertvorstellungen auf einem gesonderten Blatt niederzuschreiben – in einer Art Aufsatz: Je mehr Informationen zu Ihren Wertvorstellungen, zu Ihrer Einstellung zum eigenen Leben und Sterben sowie zu Ihrer religiösen Weltanschauung vorliegen, umso eher besteht die Chance, dass im Zweifel eine für SIE richtige Entscheidung in Ihrem Sinne getroffen wird.

Schwerpunkt Vorsorge und geregelte Angelegenheiten

von Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart oder
Friedrichstraße 49, 72336 Balingen
E-Mail: Sekretariat@rek.de

Internet: www.diabetes-und-recht.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (7) Seite 24-29

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