- Leben mit Diabetes
Plakat-Motiv der Hamburger Polizei sorgt für Empörung
4 Minuten
Da hat die Polizei Hamburg über das Ziel hinausgeschossen: In einem Plakat-Motiv brachte sie Insulin-Injektionen mit Heroin-Konsum in eine direkte Verbindung – Bürger sollten es bei der Polizei melden, wenn sie Menschen beim Injizieren beobachten, die könne dann klären, um was es sich handelt. Nach heftiger Kritik und einer Anfrage der Diabetes-Journal-Redaktion hat die Behörde das Motiv nun umgehend zurückgezogen.
Ein neues Plakat-Motiv im Rahmen der Öffentlichkeitskampagne „In Hamburg schaut man hin“ der Polizei Hamburg hat für große Aufregung in den sozialen Medien gesorgt: Auf dem Plakat ist eine Person auf einer Bank sitzend zu sehen, neben der eine medizinische Spritze liegt. Darüber prangt in großer Lettern „Insulin oder Heroin?“ und in etwas kleiner Schrift darunter „Geh auf Nr. sicher, ruf die Polizei.“
Nachdem das Motiv nun gestern Nachmittag von der Polizei Hamburg via Facebook verbreitet und damit der Öffentlichkeit präsentiert wurde, hagelte es – verständlicherweise – umgehend Empörung und scharfe Kritik.
Heftige Kritik aus der Diabetes-Community
Tine Trommer, Diabetes-Journal-Kolumnistin („diabetes and the city“) und Bloggerin (www.icaneateverything.com) twitterte daraufhin:
„Ist das echt euer Ernst, @PolizeiHamburg??? es trauen sich eh schon nicht alle mit Diabetes, sich öffentlich Insulin zu spritzen. Unter anderem genau wegen sowas! Dabei ist es wichtig, die Vorurteile die Menschen gegenüber Diabetes haben aus der Welt zu schaffen & ihr tragt stattdessen weiter zu unserer Diskriminierung bei?“.
Ilka Gdanietz (mein-diabetes-blog.com), merkte auf Facebook u.a. an, dass Insulin hierzulande mittlerweile ausschließlich in speziellen Pens injiziert wird, die sich sehr von einfachen medizinischen Spritzen unterscheiden lassen:
„Liebe Polizei Hamburg Ich schätze eure Arbeit wirklich sehr, aber das ist ein super Fail!!! Vielleicht mal als kleine Aufklärung: Insulin ist für uns Menschen mit Diabetes lebensnotwendig. Für viele Menschen mit Diabetes, egal ob Typ-1 oder Typ-2 Diabetes, ist es schon schwierig genug in der Öffentlichkeit zu dieser Erkrankung zu stehen, da sie leider noch immer mit sehr viel Vorurteilen behaftet ist, die durch die Medien und Posts wie diese verstärkt werden. Und nur mal so nebenbei: Insulin wird, zumindest in Deutschland, bereits seit Jahren nicht mehr mit einer Spritze injiziert, sondern mit sogenannten Insulin Pens (oder Insulinpumpen), die aussehen wie große Kugelschreiber/Füllfederhalter […].
Ein wenig mehr Recherche über Insulin Therapie und das Thema Diabetes hätte ich ehrlich gesagt schon von euch erwartet bevor ihr mit so einem Post an die Öffentlichkeit geht. Wie wäre es mir ein wenig Aufklärungsarbeit? Wie sieht eine Heroin Spritze aus, wie sieht ein Insulin Pen aus? Biete gerne meine Hilfe an.
Ansonsten, ihr macht einen tollen Job!“
Und Stephanie Haak (Pep Me Up – Diabetes-Blog) wandte sich ebenfalls per Facebook-Post an die Sicherheitsbehörde der Hansestadt:
„Liebe Polizei Hamburg, das Leben mit Diabetes ist echt nicht leicht, manchmal sogar richtig scheiße. Vor 100 Jahren war die Diagnose noch ein Todesurteil. Aber heute hält uns Insulin am Leben.
Ohne Insulin würde ich sterben – so einfach ist das. Neben der physischen und mentalen Last dieser Krankheit an sich erleben Menschen mit Diabetes so oder so schon ein hohes Maß an Diskriminierung und Stigmatisierung innerhalb unserer Gesellschaft. Das letzte, was wir von euch brauchen, ist dass ihr besorgte Bürger*innen nun auf uns hetzt. Die Situation, die ihr damit heraufbeschwört, ist vielen von uns schon passiert: Von Mitmenschen und der Polizei dafür belästigt zu werden, dass wir einfach nur am Leben bleiben wollen. Wollt ihr, dass wir uns wegen solcher Kampagnen verstecken oder gar unsere Gesundheit vernachlässigen?
Schämt euch, zieht dieses Kampagnenmotiv zurück und entschuldigt euch bei Menschen mit Diabetes, die ihr hiermit ins Kreuzfeuer zieht.Auch wenn der Kontrast zwischen Insulin und Heroin euch auf den ersten Blick sinnvoll erschienen haben mag, vergesst ihr den Respekt vor den Menschen – sowohl vor Menschen mit Suchtproblemen, als auch vor Menschen mit Diabetes.
Eine Person mit Diabetes“
Polizei Hamburg zieht das Motiv zurück
Heute Vormittag haben wir die Polizei Hamburg um eine Stellungnahme gebeten und nachgefragt, ob an dem Plakat-Motiv festgehalten wird:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihre obenstehende Plakat-Kampagne sorgt derzeit bundesweit für Aufregung, wie Sie vielleicht mitbekommen haben. Denken Sie vielleicht daran, das Motiv zurückzuziehen? Wir selbst als Verbandsorgan sämtlicher großer Diabetes-Verbände in Deutschland werden uns zunächst nicht an der Weiterverbreitung des Motivs bzw. an der massiven Kritik desselben beteiligen. Vielleicht könnten wir aber dazu beitragen, eine versöhnliche Botschaft an die Menschen mit Diabetes in Deutschland zu verbreiten. Was war Ihre Intention? Sehen Sie, dass das Ziel doch verfehlt wurde und man Menschen vor den Kopf stößt? Ich würde mich freuen über eine Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüßen aus Mainz
Günter Nuber
Diabetes-Journal-Chefredaktion“
In ihrer Antwort teilte die Polizei Hamburg nun mit, dass man das Motiv zurückziehen werde:
„Vielen Dank für Ihre Email. Gern möchte ich Ihnen dazu eine Antwort übersenden.
Aktuell erreichen uns tatsächlich viele Kommentare zum Plakatmotiv „INSULIN oder HEROIN“. Uns wird mangelndes Feingefühl im Umgang mit Menschen vorgeworfen, die sich krankheitsbedingt Insulin spritzen müssen.
Das Plakat „INSULIN oder HEROIN“ ist im Kontext der Öffentlichkeitskampagne „in Hamburg schaut man hin“ und der damit verbundenen Reihe von Plakaten zu verstehen, die den Betrachter animieren soll, hinzusehen und bei verdächtigen Wahrnehmungen die Polizei zu rufen.
Eine Stigmatisierung von Insulinpflichtigen, wie sie einige Nutzer vermuten, war ausdrücklich nicht unsere Intention.
Wie bei anderen Plakatmotiven zu den Themen Einbruch, Gewalt, KFZ-Aufbruch oder Trickdiebstahl möchten wir lediglich dazu anregen, hinzusehen, auf das eigene Bauchgefühl zu vertrauen und ggf. Hilfe zu leisten oder uns zu alarmieren. Wenn bei der anschließenden Überprüfung herauskommt, dass das Bauchgefühl falsch war, erwarten weder den Anrufer noch den Kontrollierten Kosten.
Werbung darf für Aufmerksamkeit sorgen, sollte aber niemanden verletzen. Nachdem uns inzwischen mehrere Menschen ihr Missfallen des Motivs widergespiegelt haben, reagieren wir auf diese Kritik und ziehen dieses Motiv zurück.“
Redaktion Diabetes-Journal
Kirchheim-Verlag, Wilhelm-Theodor-Römheld-Straße 14, 55130 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig