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Im Vordergrund trommelt Bundesernährungsminister Cem Özdemir für die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse. Im Hintergrund arbeitet sein Haus an der Ernährungsstrategie der Bundesregierung.
Die Ernährungsstrategie der Bundesregierung sucht ihre Form. Das Vorhaben, das im Koalitionsvertrag prominent gleich im ersten Satz zum Thema Ernährung erwähnt wird, soll auf mehrere Phasen und Zeiträume bis 2050 ausgerichtet sein und kurz-, mittel- und langfristig ernährungspolitische strategische Prioritäten, Handlungsfelder und deren jeweilige Ziele definieren, konkrete Maßnahmen benennen und effektive Wege zu deren Verwirklichung aufzeigen. Das Ziel ist schon klar: eine gesunde Umgebung für Ernährung und Bewegung zu schaffen – und zwar für alle Bürgerinnen und Bürger.
Am 21. Dezmber 2022 verabschiedete das Bundeskabinett das Eckpunktepapier zur Ernährungsstrategie. Bis diesen März ist geplant, in Experten-Workshops und Umfragen unter den Stakeholdern Feedback hinsichtlich Zielbild, Handlungsfeldern und Maßnahmen einzuholen und spezifische Lösungsansätze zu entwickeln. Rund 120 Organisationen und Institutionen hatten an der Auftaktveranstaltung zum Erstellen der Strategie im Juni 2022 teilgenommen, darunter die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), die Deutsche Diabetes Gesellschaft, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, aber auch Industrievertretungen wie der Verband Deutscher Schul- und Kitacaterer. So schwer managebar so ein riesiger Beteiligtenkreis erscheint, ist er inhaltlich gut begründet: Man arbeite die Ernährungsstrategie “nicht alleine im stillen Kämmerlein, sondern in einem breit angelegten Prozess” aus, erklärte Bundesernährungsminister Cem Özdemir bei der Vorlage des Eckpunktepapiers. Die Einbindung der “relevanten Akteure” erfolge, weil klar sei, dass grundlegende Veränderungen einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft bedürfen. Doch allzu viele breite Diskussionsrunden plant die Regierung nicht für das Grundlagendokument. Ab Juni diesen Jahres ist bereits die Ressortabstimmung der Ernährungsstrategie vorgesehen, also die Regierungs-interne Stellungnahme anderer betroffener Ministerien. Ende 2023 soll die Bundesregierung dann das fertige Dokument verabschieden. Bereits bis 2025soll die Umsetzung erster Maßnahmender Ernährungsstrategie erfolgen – also zum Ende der aktuelles Legislaturperiode.
Das von der Bundesregierung verabschiedete Eckpunktepapier nennt als zentrale Ziele der Ernährungsstrategie:
Das Bündnis #ErnährungswendeAnpacken bemängelt, dass der Ernährungsstrategie konkrete Ziele sowie ein Budget für die Umsetzung fehlen. Hinzu komme, dass die Zuständigkeit für konkrete Maßnahmen teils nicht in der Zuständigkeit des Bundes liegt. “Fehlt einer zukunftstauglichen Gemeinschaftsverpflegung weiterhin das finanzielle Fundament, droht sie erneut ein hohles Versprechen zu bleiben. Der wissenschaftliche Beirat beim Bundeslandwirtschaftsministerium empfahl dafür bereits 2020, eine Finanzierung in Milliardenhöhe vorzusehen”, so der Zusammenschluss von Organisationen wie dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), dem BerufsVerband Oecotrophologie (VDOE), der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG), der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin und WWF Deutschland. “Unverständlich ist die Blockade der FDP gegen die einfach und zeitnah umsetzbare Entlastung durch Mehrwertsteuersenkung auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte, für das die EU bereits im April den Weg geebnet hat”, kommentierte dessen Referentin für nachhaltige Ernährung und Klimaschutz, Silke Oppermann.
Für das konkrete Ziel, dieMehrwertsteuer für Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte abzuschaffen, setzt sich auch Özdemir immer wieder ein. Mitte Januar sagte er auf dem Agrarkongress des Bundesumweltministeriums, die Streichung würde viele Menschen im Alltag unterstützen und zugleich gesunde Ernährung günstiger machen. Bereits im letzten Jahr lobte der Grünenpolitiker eine Mehrwertsteuer von 0 Prozent auf diese Lebensmittel als Vorschlag mit doppelter Dividende.
Der jüngste Vorstoß von Özdemir in Richtung steuerliche Nulldiät war dem Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD) eine unterstützende Pressemeldung wert. “Jede und jeder muss sich gesunde Lebensmittel leisten können. Gerade in Zeiten von Inflation und steigenden Lebensmittelpreisen ist Cem Özdemirs Forderung absolut begrüßenswert”, so dessen Vorsitzende Dr. Nicola Haller. “Für Personen und Familien mit und unter dem Mindestlohn oder Anspruch auf Sozialleistungen ist ein gesünderes Ernährungsmuster schlichtweg unbezahlbar”, kritisierte VDBD-Geschäftsführerin Dr. Gottlobe Fabisch, eine mediterrane Ernährungerfordere 20 bis 40 Prozent höhere finanzielle Aufwendungen als die “Western diet”.
Ergänzend fordert der Verband von der Ampelkoalition dieEinführung einer Zuckersteuerfür Erfrischungsgetränke. “Das würde der Ernährungsstrategie der Bundesregierung eine höhere Schlagkraft geben, da einerseits der Griff zu gesunden Lebensmitteln gefördert und andererseits die Industrie dazu bewegt würde, auf unnötigen Zucker in ihren Produkten zu verzichten”, betonte Fabisch.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (3) Seite 48-49
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