Teststreifen: Es gibt keine Obergrenze bei insulinpflichtigen Patienten

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Teststreifen: Es gibt keine Obergrenze bei insulinpflichtigen Patienten

Rechtsanwalt Oliver Ebert gibt Ihnen in der Diabetes-Journal-Rubrik Rechteck Antworten auf rechtliche und soziale Fragen rund um das Thema Diabetes.

Frage

Ich habe seit 32 Jahren Diabetes Typ 1 und mein HbA1c-Wert ist immer zwischen 6 und höchstens 7 Prozent. Ich rauche nicht, mache Sport, ernähre mich gesund. Zahle mir selber Stunden für Rückentraining und fahre viel Rad. Bis auf Blutdruckmedikamente, Insulin und Stäbchen taucht mein Name nicht groß auf bei der Krankenkasse. O. k., natürlich die vorgeschriebenen Termine beim Diabetologen, Augenarzt.

Da ich im Laufe der Jahre meine tiefen Werte nicht mehr genau definieren kann (merke teilweise erst etwas ab einem Wert von 30 mg/dl bzw. 1,7 mmol/l), messe ich sehr häufig meinen Blutzucker. Vor jeder Autofahrt, vor dem Sport, vor dem Schlafengehen, vorm Essen etc. Dies stört mich nicht, aber durch das häufige Messen brauche ich am Tag mindestens 10 Stäbchen … Nun schreibt mir mein Diabetologe im Quartal nur 400 Streifen auf. Die reichen mir aber nicht.

Daraufhin hat er mir ein Attest geschrieben für die Krankenkasse, dieses musste ich natürlich bezahlen, damit mir mehr Streifen genehmigt werden. Er sagt, er schreibt mir gern mehr auf, da dies bei meinem obigen Problem wichtig ist, aber nur, wenn er eine schriftliche Bestätigung von der Barmer bekommt, kann er mir mehr verordnen, da er den Kassen nicht traut und schon in Regress genommen wurde.

Als Alternative hat er mir über drei Packungen ein grünes Rezept ausgestellt und gesagt, ich soll es bei der Kasse einreichen und genehmigen lassen. Dies habe ich gemacht. Die Kasse schrieb daraufhin: Eine Genehmigung für das private Rezept ist leider nicht möglich. Kassenrezepte können direkt abgerechnet werden, ohne vorherige Genehmigung der Krankenkasse. Welches Rezept ausgestellt wird, entscheidet der behandelnde Arzt nach medizinischen Voraussetzungen. Sehen Sie eine Möglichkeit, an mehr Stäbchen zu kommen?

Marie L.


Oliver Ebert:

Ihre Anfrage macht mich betroffen und ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie nicht die benötigten Teststreifen bekommen. Die Rechtslage ist nämlich eindeutig: Wenn Ihr Arzt die Teststreifen für notwendig hält, dann darf er diese auch verordnen. Es gibt keine Obergrenze für die Verordnung von Teststreifen bei insulinpflichtigem Diabetes!

Die Entscheidung über die zu verordnende Teststreifenmenge trifft (allein!) Ihr Arzt. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) oder Krankenkasse können und müssen insoweit nichts genehmigen.

Mich erreichen häufig vergleichbare Anfragen von Patienten, welche die benötigte Teststreifenmenge nicht erhalten. Auch kommt es wohl häufiger vor, dass Ärzte – wie in Ihrem Fall – eine Teststreifenverordnung davon abhängig machen, dass der Patient eine schriftliche Erlaubnis der Krankenkasse für eine solche Verordnung vorlegt. Eine solche Bestätigung kann man aber nicht bekommen, denn die Krankenkasse hat hierüber nicht zu entscheiden. Die Krankenkasse spielt den Ball dann wieder zurück und verweist zu Recht auf die insoweit uneingeschränkte Therapie- und Behandlungsfreiheit des Arztes.

Allerdings ist die Angst Ihres Arztes vor einem Regress – neuerdings heißt es Nachforderung – nicht absolut unbegründet. Er haftet im Zweifel nämlich mit seinem Privatvermögen dafür, dass er bei seinen Verordnungen die gesetzlichen Bestimmungen beachtet hat: Er darf nämlich nur dann ein Kassenrezept ausstellen, wenn dies auch wirklich notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist.

Sofern der Arzt seine Verordnung jedoch entsprechend begründen kann, dann wird ihm auch nichts passieren. Tatsächlich kam es bislang nur zu ganz wenigen Fällen, in denen Ärzte einen Regress wegen Teststreifen zahlen mussten. Dies lag dann meist daran, dass sehr große Mengen verschrieben wurden, der Arzt dann aber gar nicht plausibel erklären konnte, warum das aus medizinischer Sicht denn wirklich notwendig war.

Allerdings muss ich auch klarstellen: “Keine Obergrenze” bedeutet natürlich nicht, dass Sie so viele Teststreifen bekommen, wie Sie “möchten”: Sie haben nur Anspruch auf die Menge Teststreifen, die medizinisch notwendig ist – und darüber entscheidet Ihr Arzt. Wenn dieser also der Auffassung ist, dass 400 Teststreifen aus seiner medizinischen Sicht ausreichend sind, dann wird er dafür seine Gründe haben. Die Krankenkasse muss (und wird) dann auch keine höhere Menge bezahlen. Sollte Ihr Arzt allerdings pauschal behaupten, dass er generell nicht mehr als 400 Streifen verordnen “dürfe”, dann stimmt das so nicht; er müsste es besser wissen …

In einer der nächsten Ausgaben des Diabetes-Journals werde ich auf das Thema nochmals ausführlicher eingehen.


von Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart oder
Friedrichstraße 49, 72336 Balingen
E-Mail: Sekretariat@rek.de

Internet: www.diabetes-und-recht.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (7) Seite 54-55

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche

    Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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