Unfall bei Unterzuckerung: Muss ich einen Teil selbst zahlen

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Unfall bei Unterzuckerung: Muss ich einen Teil selbst zahlen

Rechtsanwalt Oliver Ebert gibt Ihnen in der Rubrik Rechteck Antworten auf Rechtsfragen rund um das Thema Diabetes.

Ich habe in Unterzuckerung einen Verkehrsunfall verursacht. Bei der Polizei habe ich angegeben, dass ich vor Fahrtantritt meinen Blutzuckerwert mit 92 mg/dl (5,1 mmol/l) gemessen habe. Aus mir unerklärlichen Gründen hatte ich während der Fahrt dann jedoch eine schwere Unterzuckerung und habe hierdurch einen Unfall verursacht.

Ich wurde hierauf zunächst wegen Straßenverkehrsgefährdung angeklagt, das Verfahren wurde aber eingestellt, weil mir ein Verschulden nicht nachgewiesen werden konnte. Nun will aber meine Haftpflichtversicherung im Rahmen eines „Haftungsregresses“, dass ich 5.000 Euro von dem regulierten Schaden zahle, da ich die Unterzuckerung schuldhaft herbeigeführt hätte; ich hätte wissen müssen, dass bei diesem Wert die Gefahr besteht, dass ich auch unvorhergesehen unterzuckere.

Kann ich mich hiergegen wehren bzw. muss ich das bezahlen?

Klaus T.


Die Antwort von Oliver Ebert

Im Fall einer grob fahrlässig verursachten Unterzuckerung kann der Versicherer tatsächlich verlangen, dass Sie sich bis 5 000 Euro am Schaden beteiligen (Haftungsregress). Es spielt hier zunächst keine Rolle, dass Sie strafrechtlich nicht verurteilt wurden. Voraussetzung ist aber, dass Sie die Ihnen obliegenden Sorgfaltspflichten als Kraftfahrer in erheblicher Weise außer Acht gelassen haben – und der Versicherer dies auch beweisen kann.

Der von Ihnen vor Fahrtantritt gemessene Wert von 92 mg/dl (5,1 mmol/l) kann nun allein kein Indiz bzw. Beweis dafür sein, dass Sie mit einem hier tatsächlich eingetretenen, schlagartigen Blutzuckerabfall hätten rechnen müssen. Zwar wird in den meisten Fällen eine Unterzuckerung tatsächlich eine begründ- bzw. erklärbare Ursache haben (bspw. eine Insulinüberdosierung bzw. zu geringe Nahrungsaufnahme oder vorhergegangenen Alkoholkonsum), die Frage ist aber, ob Sie hiervon gewusst haben bzw. dies wissen konnten.

Die Versicherung muss hierfür den Nachweis erbringen. Wenn aber – wie hier – keine weiteren Angaben bzw. Umstände zum Sachverhalt bekannt sind, dann dürfte dieser Nachweis wohl nicht zu führen sein. Wenn schon das Strafgericht es nicht als erwiesen ansah, dass die Unterzuckerung von Ihnen hätte vermieden werden können, dann dürften die Chancen in einem Zivilverfahren für Sie ebenfalls sehr gut stehen.

Wichtig: Eine Ausnahme besteht aber, wenn Patienten auf ein neues Insulin umgestellt werden und vom Arzt ausdrücklich ein entsprechendes „Fahrverbot“ erhalten, bis die Einstellung abgeschlossen ist. Selbstverständlich ist der Arzt nicht berechtigt, eine Fahrerlaubnis zu entziehen – wer den Führerschein hat, darf grundsätzlich auch fahren.

Geschieht aber dann tatsächlich ein Unfall in Unterzuckerung, dann wird jedoch regelmäßig von einem mindestens fahrlässigen und damit schuldhaften Verhalten ausgegangen werden müssen und man müsste damit rechnen, sowohl strafrechtlich belangt als auch von der Versicherung in Haftungsregress genommen zu werden.


von Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart oder
Friedrichstraße 49, 72336 Balingen
E-Mail: Sekretariat@rek.de

Internet: www.diabetes-und-recht.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (1) Seite 48

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