Unkontrollierter Online-Handel: Teststreifen auf Abwegen

2 Minuten

Unkontrollierter Online-Handel: Teststreifen auf Abwegen | Foto: Sport Moments – stock.adobe.com
Foto: Sport Moments – stock.adobe.com
Unkontrollierter Online-Handel: Teststreifen auf Abwegen

Im Internet floriert ein illegaler Schwarzmarkt mit Blutzuckerteststreifen, den Prof. Dr. Heiko Burchert von der Fachhochschule Bielefeld seit Jahren beobachtet und analysiert. Der Experte mahnt, dass dringend eine Lösung für dieses weitreichende und tiefgreifende Problem gefunden werden muss.

Blutzuckerteststreifen sind ein wichtiges Instrument für insulinpflichtige Menschen mit Diabetes, um im Rahmen des Therapie-Selbstmanagements permanent den Blutzuckerwert zu kontrollieren. Eine anschließende, dem Wert entsprechend dosierte Insulingabe wirkt so den ansonsten drohenden Folgen eines schlecht eingestellten Diabetes mellitus entgegen. Die gesetzlichen Krankenversicherungen unterstützen dies, indem sie die Teststreifen ihren Mitgliedern zuzahlungsbefreit abgeben.

18.000 Euro pro Jahr für “Spitzenverdiener” unter den Verkäufern

In Online-Handelsportalen werden von privaten Verkäufern Blutzuckerteststreifen zum Kauf angeboten. Ein durchschnittlich realisierter Verkaufspreis in Höhe von rund 18,50 Euro für eine Packung mit 50 Teststreifen ließe den Verdacht aufkommen, so Prof. Dr. Heiko Burchert von der Fachhochschule Bielefeld, dass diese Teststreifen nicht zuvor selbst käuflich erworben wurden und nun weiterverkauft werden. Es stelle sich also die Frage nach der Herkunft der Teststreifen.

Als eine Quelle kämen Menschen mit Diabetes in Frage, die die für ihr Therapie-Selbstmanagement erhaltenen Teststreifen weiterverkaufen, statt sie zu nutzen. Burchert, Experte für Betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundlagen des Gesundheitswesens, hat das Verkäuferverhalten im Internet seit längerer Zeit akribisch verfolgt. Sein Fazit: “Unsere Untersuchungen belegen deutlich, dass die Versicherten, also die Menschen mit Diabetes selbst, oftmals auch die Verkäufer sind.”

Weitere Verkäufergruppen finden sich “nahe am Diabetiker” unter den Mitarbeitern von Pflegediensten und -heimen oder in diabetologischen Schwerpunktpraxen. Ihnen gemein ist das Interesse an einem Nebeneinkommen. Während ein Diabetiker mit dem Verkauf seiner Teststreifen im Jahr zwischen 200 und 300 Euro verdient, liegt der Spitzenverdiener bei 18.000 Euro pro Jahr.

Weitere Hintergründe im Diabetes-Journal: Teststreifen-Schwarzmarkt ist kein neues Thema

Bereits im Mai 2015 hat Prof. Dr. Heiko Burchert im Diabetes-Journal eine Analyse zu Studienergebnisse über den Online-Schwarzmarkt für Blutzuckerteststreifen veröffentlicht.

In einem zweiteiligen Beitrag legte er detailliert dar, wer die Verkäufer- und die Käufergruppen sind, woher die illegal gehandelten Medizinprodukte stammen und welche Folgen dieser Schwarzmarkt haben kann – sowohl für einzelne Betroffene als auch für die Solidargemeinschaft.

Insbesondere nicht-insulinpflichtige Privatpatienten sind die Käufer

Auch die Käufer dieser Teststreifen lassen sich benennen. Neben den nicht insulinpflichtigen Typ-2-Diabetikern, welche über ihre gesetzlichen Krankenversicherungen keine Teststreifen bereitgestellt bekommen, sondern sie selber kaufen müssen, sind das insbesondere Privatpatienten. Burchert: “Privatversicherte Diabetiker haben zumeist einen Tarif gewählt, in welchem die Arzneimittelkosten ausgespart sind. Die günstigen Online-Angebote geben ihnen Recht.”

Nach mehrjährigen Analysen liegen Daten über die Dimensionen dieses Schwarzmarktes und seiner Entwicklung vor und wurden bereits schrittweise veröffentlicht. Antworten auf sich daraus ergebende Fragen sollten dringend gefunden werden, fordert Professor Burchert und ergänzt: “Denn wenn davon ausgegangen werden kann, dass aktuell knapp 13.000 private Verkäufer, Stand August 2017, jährlich rund 27,7 Millionen Teststreifen in Deutschland verkaufen, dann lässt sich darin auch ein ernster finanzieller Schaden für die gesetzlichen Krankenversicherungen in Höhe von rund 15 Millionen Euro pro Jahr erkennen.”

Und diese haben ein Eigeninteresse daran, den unkontrollierten Online-Handel mit Blutzuckerteststreifen zu unterbinden. Nicht zuletzt tragen sie auf diesem Weg zur Subventionierung der Privatpatienten bei.

In Gesprächen mit Vertretern des GKV-Spitzenverbandes wird gemeinsam nach Lösungen gesucht, um diesem Schwarzmarkt Herr zu werden. Auch der Einsatz telemedizinischer Systeme bei der Betreuung insulinpflichtiger Diabetiker kann hierzu beitragen.


Quelle: Pressemitteilung der Fachhochschule Bielefeld | Redaktion

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Diabetes-Anker-Podcast: Von der Insulin-Entdeckung zu modernen Diabetes-Therapien – mit Prof. Thomas Forst

Von tierischen Extrakten zu Insulin‑Analoga: In dieser Podcast-Folge beschreibt Prof. Dr. Thomas Forst den Weg von der lebensrettenden Insulin-Entdeckung vor einem Jahrhundert hin zu den modernen Insulin-Therapien sowie zu neuen medikamentösen Optionen bei Typ‑2‑Diabetes.
Diabetes-Anker-Podcast: Von der Insulin-Entdeckung zu modernen Diabetes-Therapien – mit Prof. Thomas Forst | Foto: zVg

2 Minuten

Jeder Dritte erkrankt an Gürtelrose: Vorsorge für Ältere und chronisch Kranke besonders wichtig

Gürtelrose wird vom Windpocken-Virus ausgelöst. Sie kann von einem Ausschlag, aber auch langwierigen Nervenschmerzen begleitet sein und die Lebensqualität stark mindern. Die STIKO empfiehlt daher besonders Älteren und chronisch Kranken zur Vorsorge eine Impfung.
Jeder Dritte erkrankt an Gürtelrose: Vorsorge für Ältere und chronisch Kranke besonders wichtig | Foto: Publicis China / Publicis UK – ASSET-242627

3 Minuten

Anzeige

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 3 Wochen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

Verbände