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Rechts-Experte Oliver Ebert erklärt, wieso die Kosten für Nahrungsergänzungsmittel nicht von den Krankenkassen übernommen werden.
In Apotheken und Supermärkten werden viele Nahrungsergänzungsmittel angeboten, die eine vorbeugende oder unterstützende Wirkung bei bestimmten Krankheiten haben sollen. So gibt es beispielsweise Zimt-Kapseln, die den Stoffwechsel von Diabetikern verbessern sollen, Kombi-Vitamintabletten zur Stärkung des Allgemeinzustands oder Lachsöl-Kapseln.
Leider ist es so, dass die Werbeaussagen oftmals nicht belegt sind. Für manche Wirkstoffe gibt es zwar schon erste Studien, die durchaus positive Effekte nahelegen. Allerdings fehlen meist weitere Untersuchungen zur Langzeitanwendung.
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die europäische Diabetes and Nutrition Study Group (DNSG, Forschergruppe Diabetes und Ernährung) raten daher von funktionellen Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln eher ab. Eine ausgewogene, normale Ernährung ist nach Auffassung der Experten grundsätzlich vollkommen ausreichend, um alle wichtigen Nährstoffe in der vom Körper benötigten Menge zuzuführen.
Aus diesem Grund ist die Erstattung solcher Nahrungsergänzungsmittel über die Krankenkasse grundsätzlich nicht möglich. Die Kasse müsste nur dann zahlen, wenn es sich dabei zugleich (auch) um verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt.
Gemäß der Definition in § 2 Arzneimittelgesetz sind Arzneimittel “Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen […] Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher […] Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder die im oder am menschlichen […] Körper angewendet oder einem Menschen […] verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen.”
Lebensmittel werden nach Artikel 2 der EU-Basis-Verordnung Lebensmittelrecht (VO 178/2002) folgendermaßen definiert: “Lebensmittel sind die Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.”
Hieraus ergibt sich, dass manche der Produkte durchaus auch Arzneimittel sein könnten, wenn sie zur Behandlung einer bestimmten Krankheit eingesetzt werden. Rein rechtlich gibt aber den Ausschlag, wie der Hersteller das Produkt auf den Markt bringt: Wer ein Arzneimittel auf den Markt bringen will, benötigt eine Zulassung und muss mittels teurer klinischer Studien u. a. nachweisen, dass das Mittel wirkt und unbedenklich ist. Dieser aufwendige und kostenintensive Prozess ist bei bloßen Nahrungs(ergänzungs)mitteln nicht notwendig. Deshalb gelten diese nicht als Arzneimittel, obwohl sie formal die Definition erfüllen.
Nahrungsergänzungsmittel sind – ebenso wie nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel (z. B. Aspirin) aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 34 SGB V grundsätzlich nicht auf Kassenrezept erhältlich. Eine Ausnahme könnte allerdings gelten, wenn ein akuter Nährstoffmangel vorliegt, der auch nicht durch normale Ernährung ausgeglichen werden kann. Dies müsste dann aber natürlich auch nachgewiesen werden.
Auch im Bereich der Sozialhilfe gibt es keinen Mehrzuschlag für Ernährung mehr. Früher wurde bei Übergewicht des Betroffenen angenommen, dass die von Diabetikern einzuhaltende Diät teurer als eine normale Ernährung sei und einen Mehrbedarfszuschlag rechtfertige. Seit geraumer Zeit ist in der medizinischen Fachwelt aber an sich unbestritten, dass jedenfalls bei der im Fall von Übergewicht gebotenen Reduktionskost keine Mehrkosten anfallen.
Zahlreiche Gerichte (u. a. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.03.2013, Az.: L 6 AS 291/10; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 06.09.2005, Az.: L 9 B 186/05 SO ER; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.11.2005, Az.: L 20 B 25/05 SO; Sozialgericht Dresden, Az.: S 23 AS 1372/06 ER) haben daher festgestellt, dass für Diabetiker eine besondere, kostenaufwendige Diät nicht erforderlich und somit auch kein Mehrbedarf gerechtfertigt sei.
Nur wenn Diabetiker – in Zusammenarbeit mit ihrem Arzt – nachvollziehbar begründen können bzw. im Verfahren durch Gutachten unabhängig belegt wird, dass bzw. warum ihnen eine Ernährung mit gewöhnlichen Lebensmitteln nicht möglich oder zumutbar ist, kann der Zuschuss vielleicht wieder erstritten werden.
von RA Oliver Ebert | REK Rechtsanwälte Stuttgart/Balingen
E-Mail: Sekretariat@rek.de, Internet: www.diabetes-und-recht.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (1) Seite 28-29
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