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DIE Diabetes-Innovation des Unternehmens Abbott! Kein Blut mehr! Keine Teststreifen, die durch die Gegend fliegen! Zuckermessen geht nun schnell, kinderleicht, schmerzlos und ohne großen Aufwand! Der Preis für diese Freiheit? Etwa 60 Euro für 14 Tage Zuckermessen rund um die Uhr und ein Sensor, der 24/7 am Körper kleben muss.
Ist es das wert? Bisher wird die Kostenübernahme der Sensoren nur von privaten Krankenkassen, der DAK und der TK bewilligt. Deshalb stehe ich der Idee, pro Jahr rund 1.600,00 Euro aus eigener Tasche zu zahlen, etwas kritisch gegenüber.
An einem Sonntag im Juli docke ich den Sensor mit einer Art Eierpikser am linken Oberarm an und tape ihn großzügig mit einem Pflaster ab. Ich spüre den 5 mm langen Fühler in der Haut tatsächlich nicht. In den ersten Tagen sind die Armbewegungen etwas vorsichtiger als normal, da ich schon zu viel von an Türklinken herausgerissenen Sensoren gehört hatte. Nach der Gewöhnungsphase bewege ich den Arm wieder fast so, als ob kein Sensor daran kleben würde.
Ich freue mich so über die gewonnene Freiheit, dass ich die Mehrzahl der empfohlenen Probemessungen mit dem ursprünglichen Blutzuckermessgerät großzügig ausfallen lasse.
Dennoch scanne ich meinen Zucker mit dem Abbott-Lesegerät nun öfter als zuvor, sehe meine Zuckerkurve zum ersten Mal auf dem kleinen Display minutengenau. Auch nachts. Doch mit dem FreeStyle Libre allein werden bestehende Zuckerschwankungen nicht gebannt. Wiederkehrende Ausrutscher nach oben und unten müssen analysiert und die Konsequenzen in der Insulineinstellung getroffen werden.
Bei 33°C im Schatten trage ich Top oder T-Shirt und mein großes Pflaster mit dem runden, 5 mm hohen und 35 mm breiten Sensor klebt für alle sichtbar am Arm. Ich habe das Ufo schon nach den ersten Tagen vergessen und auch anderen fällt es nicht weiter auf. Und wenn doch, streift der Blick Fremder das runde Dinge am Arm nur kurz und wandert dann weiter.
Bei meiner 2-wöchigen Radltour mit Zelt und Schlafsack hatte ich das FreeStyle Libre in meiner Hosentasche und konnte so während des Fahrens schnell meinen Zucker messen. Das gab mir nicht nur die Sicherheit, im Normbereich zu sein, sondern warnte mich auch. So konnte ich schnell reagieren und musste nicht zitternd am Straßenrand warten und staubtrockenen Traubenzucker mümmeln, weil ich einen Unterzucker zu spät entdeckt hatte.
Wenn Freunde und Kollegen das Pflaster erblicken, fragen sie nach, was ich denn angestellt hätte, aber dann erkläre ich bereitwillig, was das moderne, innovative Zukunftsgerät alles kann. Als mein Kollege den Sensor erblickt, fragt er mich, ob das ein Einschussloch sei. Eine andere Kollegin fragte mich jüngst, ob ich mit dem „Ding an meinem Arm“ mit Außerirdischen kommunizieren könne und fing sogleich an, hysterisch zu quieken. (Da war selbst ich erst einmal sprachlos.) Ansonsten ist der Sensor optisch zum Glück erstaunlich unspektakulär.
Gestern dann das Highlight: Ich erspähe in einem Biergarten am Nachbartisch einen jungen Mann, dem ein ähnliches Pflaster unter dem T-Shirt-Ärmel hervorlugt, wie ich es trage. Ist er einer von uns? Als ich den dünnen Schlauch in seiner Hosentasche sehe, ergo Insulinpumpe, empfinde ich ein seltsames Glücksgefühl.
Der Sensor ist robust und wasserdicht, hält beim Duschen und Schwimmen und auch den Schweiß von täglich 90 Minuten Vinyasa Yoga übersteht der Kleber. Selbst bei Yogaübungen, in denen das gesamte Körpergewicht auf den Arm und somit den Sensor drückt, übersteht er unbeschadet. Der Kleber hält. Der Sensor hält unter dem Neoprenanzug beim Katamaranfahren. Er hält Meerwasser und Sandkörnern, Sonneneinstrahlung und fragenden Blicken stand. Ein wirklich flexibles Gerät.
Würde ich das FreeStyle Libre weiterempfehlen? Natürlich, ist ja ein schickes Teil. Nicht nur für Diabetiker, die kein Blut sehen können oder „mess-scheu“ sind, eine perfekte Lösung. Zuckermessen geht von nun an schneller und einfacher. Wir sind flexibler und können unseren Zucker beim Joggen und Langstreckensport beobachten. Der Sensor bietet dennoch keine Garantie für ein besseres HbA1c, aber zumindest einen Anreiz.
Warum? Aus Trotz. Ja, ich finde den Sensor fantastisch und wundervoll! Aber solange die Krankenkasse die Kosten noch nicht übernimmt, werde ich meine alten Blutzuckerteststreifen verwenden. Mein HbA1c hat sich durch das FreeStyle Libre (noch nicht) merklich verbessert und deshalb gönne ich mir die Extrazeit fürs Blutzuckermessen.
Die Zukunft riecht jedoch vielversprechend: Vielleicht werden die Sensoren schon ab kommendem Jahr von allen Krankenkassen übernommen.
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