Big Apple is watching you

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Big Apple is watching you

Erste Krankenkassen zahlen für elektronische Fitnessgeräte, wie die Apple Watch – und wollen dafür die Gesundheitsdaten auswerten. Ein heikler Deal.

Das Angebot klingt verführerisch: Die Versicherten bekommen einen Zuschuss für elektronische Geräte, mit denen sie ihre Fitness überwachen können. So registriert beispielsweise die neue Apple Watch die tägliche Bewegung, zählt Schritte, berechnet verbrauchte Kalorien; misst den Puls, die Herzfrequenz – und kann so Menschen mit Bluthochdruck (der Blutdruck selbst wird nicht gemessen) präventive Informationen liefern. Auch lassen sich für einzelne Sportarten, etwa Radfahren, Fitnessziele definieren – und die Uhr erinnert daran, ob sie erreicht werden, was einen motivierenden Aspekt hat, auch wenn die Dinge in der Praxis noch nicht optimal funktionieren, aber das wird Apple mit Sicherheit hinbekommen.

Im Prinzip ist das alles eine gute Sache – und mein Bestseller „Fit wie ein Diabetiker“ hat ja im Untertitel „Messen, Essen, Laufen“. Das Messen ist also ein ganz wichtiger Motivator und nur durch das regelmäßige Überwachen des Blutzuckers ist es mir gelungen, meinen Diabetes bis heute ohne Medikamente im Griff zu behalten. Trotzdem habe ich inzwischen leichte Bedenken. Als ich „Fit“ vor über zwölf Jahren schrieb, waren meine Messungen für mich. Gut, ich konnte sie anderen zeigen, aber ich musste es nicht.

Vorsicht, Netz hört mit!

Das hat sich radikal geändert: Die Apple Watch und ähnliche Geräte sind zuallererst Computer – und diese Computer sind permanent mit dem Internet verbunden. Das heißt, alle Daten, die solche Geräte erheben, werden weitergegeben – und Konzerne wie Apple oder Google sind vor allem scharf auf diese Daten, mit denen sie „gläserne Menschen“ schaffen, denen diese Firmen (oder Firmen, welchen sie die Daten weiterverkaufen) passgenaue Angebote machen können – etwa ein Fahrradmodell, was genau zu dem Nutzer passt.

Solche persönlichen Angebote haben auch Krankenkassen im Sinn, wenn sie ihren Mitgliedern elektronische Fitnessgeräte bezuschussen. Denn der Grad der Fitness ist ein sehr guter Indikator für die Gesundheit des Versicherten – und wie sich diese in Zukunft entwickeln wird. Das erlaubt der Krankenkasse, maßgenaue Tarife anzubieten – gerade für jüngere Mitglieder zuerst einmal verlockend.

Lässt die Lust nach, kann´s teuer werden

Nur, was passiert, wenn die Trainingslust nachlässt und die Kasse plötzlich mahnt, bald wieder das gewohnte Fitnesslevel zu erreichen? Wer das nicht schafft, kann sich dann auf einmal mit höheren Tarifen konfrontiert sehen. Verstärken könnte sich dieser Ansatz, wenn die Kassen permanente Informationen über den Blutzucker erhalten. Technisch wäre das schon heute möglich, etwa das FreeStyle Libre von Abbott, was rund um die Uhr Glukose-Spiegel misst, mit dem Netz zu verbinden – und die Daten an die Kasse zu schicken, wofür die dann vielleicht das Gerät und die Sensoren bezahlt.

Ich würde das nicht machen wollen. Denn das ist Transparenz total: Wer beispielsweise eine zweiwöchige All-Inclusive-Kreuzfahrt bucht, von morgens bis nachts alles isst und trinkt, was es gibt, hat plötzlich dramatisch höhere Blutzuckerwerte – und es dauert erfahrungsgemäß einige Zeit, bis die sich wieder normalisieren. Möglicherweise werden für diese „Normalisierung“ aber teure Antidiabetika gebraucht. Dann könnte die Kasse auf die Idee kommen, das sei Sache des Patienten, weshalb er die Kosten zu tragen habe – und zum Beweis mailt sie prompt die Kurve mit den erhöhten Zuckerwerten plus die Kurve mit den gesunkenen Fitnesswerten, weil vor lauter Genießen auf dem Schiff keine Zeit fürs Fitte war.

Warnung vom Amt

Das hört sich hypothetisch an? Ich glaube, das ist schon die ganz nahe Zukunft – und nicht umsonst rät die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Andrea Voßhoff „allen Anwendern von Fitness-Apps, nicht unbedacht mit ihren sensiblen Gesundheitsdaten umzugehen und die kurzfristigen Vorteile der Datenoffenbarung gegen die langfristigen Gefahren abzuwägen“.

Also, bleibt mein Fazit: Ruhig die neuen Möglichkeiten ausprobieren, um die persönliche Fitness zu optimieren – wobei die Apple Watch ab 400 Euro nicht gerade billig ist – und auch nur in Kombination mit dem iPhone wirklich Sinn macht. Auf jeden Fall aber die Daten für sich behalten, ganz so, wie es einer der erfolgreichsten und klügsten Unternehmer macht, der Schweizer Nick Hayek, Vorstandschef des Uhrengiganten Swatch, der laut FAZ sagt: „Ich möchte nicht, dass meine Blutdruck- und Blutzuckerwerte auf Servern im Silicon Valley gespeichert sind“.

Recht hat er!


Nachtrag am 10.09.2015:

FreeStyle Libre überwacht schon!

Schneller als meine Phantasie ist die Technik: Hatte ich im obigen Artikel noch von der Möglichkeit gesprochen, dass sich auch das permanente Blutzuckermessgerät FreeStyle Libre zur permanenten Überwachung eignet, ist das schon Wirklichkeit. In einem höchst informativen Artikel vom 2. September 2015 berichtet die FAZ über eine von Abbott empfohlene Dokumentationssoftware, deren Daten automatisch nach Amerika übertragen werden – was aber kaum ein Nutzer weiß.

Abbott bestätigt laut FAZ, dass „tatsächlich Messdaten zum Vergleich und zur Auswertung nach Amerika geschickt werden“, was aber natürlich über sichere Leitungen und anonym geschehe, wie der Konzern versichert. Aber, so schreibt die FAZ, es sei ein leichtes für geübte Hacker an diese Daten heranzukommen – und so die höchst sensiblen Gesundheitsdaten von Patienten für eigene Zwecke zu nutzen, was indirekt auch Abbott einräumt: „Wir können keine Garantie dafür geben, dass die genannten Daten unter keinen Umständen eingesehen, genutzt und veröffentlicht werden“.

Also bleibt: Wer sicher sein will, wertet seine Daten selbst aus und schickt sie nicht nach Amerika.

von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de

Website: www.lauber-methode.de

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  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • darktear antwortete vor 2 Tagen

      Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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