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Der Fluch und Segen der Technik
4 Minuten
Seit ein paar Tagen kann ich endlich wieder durchschlafen. Ich hätte gar nicht gedacht, wie ich mich darüber freue und wie groß der Einfluss meines nachts piependen CMGs bisher war. Er war wirklich groß! Nun kann ich nicht etwa wieder durchschlafen, weil ich konstant bessere Werte habe und nachts nicht mehr unterzuckere – nein. Der psychische Druck des nachts um 02.00 Uhr alarmschlagenden CGMs ist weg, weil ich meine Alarme ausgestellt habe. Und das trägt nicht unerheblich dazu bei, dass ich entspannter mit meinen Werten umgehe und entspannter schlafen kann.
Eigentlich sollte es doch eine Erleichterung sein?!
Als ich vor knapp 1,5 Jahren vom FGM zum CGM wechselte, war für mich einer der ausschlaggebendsten Punkte, dass mich das Gerät wecken würde, wenn ich unter oder über meiner ganz individuellen Grenze liegen würde. Das hat auch in den ersten Monaten wirklich gut geklappt – mein HbA1c lag erstmalig bei 6,0%. Bestimmt auch mit großem Anteil des CGMs und der minutengenauen Überwachung. Schnell installierte ich die App auf meinem Smartphone und kaufte mir sogar eine Smartwatch. Ich träumte davon, meinen Blutzucker am Handgelenk zu sehen, seit ich als Kind Panic Room mit Jodie Foster gesehen hatte. Mit der Zeit stellte ich meine Alarme immer enger ein, wurde immer genauer beim Korrigieren des Gewebezuckers. 0,35E bei einem Zucker von 180 mg/dl (10,0 mmol/l), damit er unter 120 mg/dl (6,7 mmol/l) geht? Das sollte gut gehen. Ich vertraute voll und ganz auf das CGM, kalibrierte es wie notwendig zweimal am Tag und freute mich, beim Fahrradfahren, beim Sport, in der Uni, auf der Arbeit oder beim Staubsaugen immer meinen Gewebezucker am Handgelenk zu haben. Und das mit nur zweimal in den Finger Stechen pro Tag.

Früher war alles anders
Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, wie ich reagierte, als mir meine Diabetesberaterin vom FGM erzählte. Das war vor gut 5 Jahren, als weder FGM noch CGM groß verbreitet waren und von den Kassen nicht unterstützt wurden. Wie der Mensch so ist, zweifelt er an allem Neuen, selbst wenn es eine Verbesserung ist. Haben doch unsere Vorfahren auch am Auto gezweifelt?! Ich habe demnach natürlich auch sehr am FGM gezweifelt – für mich weckte das kleine Gerät mit seinem scanbaren Sensor kein Vertrauen, mir das Blutzuckermessen abzunehmen. Ein paar Jahre später hatte ich das Ding dann doch probeweise am Arm und war total begeistert… so schnell kann es gehen! Das Vertrauen war schnell gefasst und zeitweise maß ich meinen Zucker im Laufe der 14 Tage gar nicht anders. Mein Körper sendete mir wie vorher auch seine Signale bei zu hohen oder zu niedrigen Werten. Das FGM und mein Körper haben sehr gut zusammengespielt und ich musste nur schauen, entsprechend zu handeln.
Der Fluch der Mehrfachpfeile
Trotzdem reizte mich das CGM und seine in meinen Augen noch größere Funktionalität und so wechselte ich nach 2 Jahren FGM zum CGM. Meine Probleme mit dem CGM entwickelten sich aus dem Versuch, jeden Pfeil – ob einfach oder zweifach, ob aufwärts oder abwärts – sofort zu kontrollieren und innerhalb von Minuten eine Veränderung zu sehen. Ich verlor komplett das Gefühl für meine Zuckerwerte und handelte nur noch stumpf nach der Anzeige des CGMs. Sobald der Doppelpfeil nach oben auf dem Display auftauchte, spritzte ich Insulin nach, weil ich dachte, ich hätte zu viel gegessen. Er löste eine regelrechte Panik in mir aus, wenn er bei einem niedrigen Wert nach unten angezeigt wurde. Ich rechnete damit, dass er mir jeden Moment einen Kollaps in aller Öffentlichkeit vorhersagte.
Aufgrund von falschen Trendpfeilen und starken Abweichungen verlor ich jedoch immer mehr das Vertrauen in mein CGM. Immer wieder wachte ich nachts auf, weil das Gerät mich wegen einer Unterzuckerung alarmieren wollte. Ich stand auf, wanderte zombiehaft zum Glas voller Haribo, stopfte mir eine Handvoll in den Mund und legte mich wieder schlafen. Eine Stunde später alarmierte mich das CGM wegen eines Werts über 180 mg/dl (10,0 mmol/l), also korrigierte ich 0,5E, weil ich dachte, es wäre eben doch zu viel Haribo gewesen, und schlief weiter. Eine halbe Stunde später wachte ich wieder „unterzuckert“ auf. Manche Nächte machte ich diesen Kreislauf 3- bis 4-mal ununterbrochen durch. Trotzdem ging ich am nächsten Tag zur Arbeit und hatte tagsüber genau dieselben Probleme. Es war ein endloser Kreislauf, eine Berg-und-Talfahrt ohne Ende. Ich hörte nicht mehr auf meinen Körper, sondern nur noch auf das Display vom CGM.
Die Ursache?
Auch wenn ich dies bei jedem Besuch beim Diabetesberater gehört habe und natürlich auch in der Schulung gesagt bekam: Es kann ein Unterschied sein zwischen CGM und Blutzucker – ich weiß –, verinnerlicht hatte ich das einfach nicht. Wenn das CGM nachts einen Wert von 75 mg/dl (4,2 mmol/l) anzeigte, war der Blutzucker häufig nicht so tief. Das fand ich heraus, als ich mir angewöhnte, jeden Alarm mit Blutzuckermessung zu überprüfen. Meine Hypoglykämiewahrnehmung war komplett im Eimer, da ich mich immer nur auf die Alarme verlassen hatte. Und so begann ich, obwohl es mir gar nicht gefiel, das Vertrauen zum CGM Stück für Stück zu zertrümmern. Jedes Mal, wenn ich einem Alarm misstraute und Blutzucker maß, fühlte ich mich wie eine Verräterin gegenüber dem CGM. Es sollte mir doch helfen – und ich traute ihm nicht?

Heute versuche ich, wieder etwas entspannter mit meinen Werten, Pfeilen und Alarmen umzugehen. Weiterhin nutze ich das CGM und sehe auch weiterhin die Vorteile der Ununterbrochenheit. Jedoch lebe ich wesentlich entspannter, seit ich wieder auf meinen Körper höre, ob mein Blutzucker zu hoch oder zu niedrig ist. Ich hatte mein Leben lang bis zum CGM keine Probleme mit der Hypoglykämiewahrnehmung. Da möchte ich auch wieder hin! Ich habe gelernt, mein Vertrauen nicht allein in ein technisches Gerät zu setzen, sondern auch weiterhin meinem Kopf und meinem Körper zu vertrauen. Im Zweifel ziehe ich immer noch häufig das Blutzuckermessgerät zu Rate. Und ein Doppelpfeil nach oben ist noch lange kein Beinbruch, denn so schnell, wie er kam, geht er meist auch wieder.
Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Hat jemand sein CGM vielleicht sogar wieder gegen FGM oder sogar komplett Blutzuckermessen eingetauscht? Ich überlege nun tatsächlich, wieder zurück zum FGM zu wechseln, weshalb mich Erfahrungsberichte sehr interessieren würden!
Einen Vergleich zwischen zwei verschiedenen CGM-Systemen findet ihr hier: Top oder Flop? Der direkte Vergleich zwischen dem Dexcom G5 und Guardian Connect
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Tagen, 11 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 5 Tagen, 6 Stunden
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 3 Tagen, 6 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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