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Egal ob ein Wochenendausflug oder eine mehrmonatige Reise ins Ausland, wir Menschen mit Diabetes müssen meist ausgiebiger und umfangreicher planen als unsere Mitreisenden. Aber nicht nur physisch haben wir mehr im Gepäck, auch psychisch beschäftigen wir uns mehr mit einer Reise. Haben wir genug an Equipment eingepackt? Was passiert, wenn ich in ärztliche Betreuung muss oder ein Notfall passiert? Wo bekomme ich Insulin her, wenn meins auf der Reise kaputt geht? Viele Fragen, mit denen sich ein gesunder Mensch nicht auseinandersetzen muss. Gedanken und Ängste, die wohl nur wir kennen.
Es beginnt meist noch zuhause, Wochen, bevor der eigentliche Trip losgeht. Von Beginn an wurde mir von allen Seiten geraten: Pack immer mindestens das Doppelte von deinem Bedarf für die Zeit des Urlaubes ein. Das klingt zunächst übertrieben, denn wenn ich daheim bin, benötige ich selten mehr als im Monat davor. Aber als Mensch mit Diabetes muss man nun immer auf das Schlimmste vorbereitet sein: ein kaputter oder schlecht gesetzter Katheter, eine zersprungene Insulinampulle, ein defekter Sensor. Vor allem Letzteres hat mir während meines letzten Auslandaufenthaltes schwer zu schaffen gemacht. Hier fiel regelmäßig der Sensor aus und musste frühzeitig ersetzt werden. Da der Hersteller meist nicht ins Ausland oder zum Urlaubsort liefert, kann somit auch nicht direkt für Ersatz gesorgt werden.
Je nach Länge des Reise kann hier also einiges an Zusatzgepäck anfallen. Für mich bedeutete das bei der letzten Reise zwei Taschen Medizingepäck neben meinen üblichen Koffern und Taschen. Somit hat auch die Security am Flughafen einiges zu durchleuchten. Und bei dem Gedanken daran kommen direkt neue Sorgen auf: Wie bekomme ich mein gesamtes Gepäck transportiert? Wie reagieren die Angestellten am Flughafen, werden sie es, ohne groß nachzufragen, durchwinken oder muss ich mich ausweisen und erklären? Wird das Attest meines Arztes anerkannt? Erreiche ich meinen Flug rechtzeitig, wenn ich durch eine größere Kontrolle (bspw. Sprengstofftest) muss?
Aus eigener Erfahrung kann ich bisher Entwarnung geben. Bei allen vier Flugreisen, die ich mit Diabetes angetreten habe, kam ich problemlos durch die Kontrollen. Bei der größeren Reise wurde ich lediglich gefragt, ob ich Weihnachtsdekoration transportiere, da meine Katheter auf dem Scan aussahen wie Lichterketten. Die Dame an der Security war kurzzeitig nur verwirrt und fragte, warum ich denn so viel Gepäck dabei habe. Nach einer kurzen Erklärung, dass mein Aufenthalt knapp sechs Monate beträgt und meine Auslandsversicherung die Kosten der Behandlung vor Ort nicht tragen wird, war sie sogar daran interessiert, mehr über die Krankheit zu erfahren. Da ich genug Zeit hatte und auch die Schlange hinter mir endete, unterhielten wir uns, während sie die üblichen Sicherheitstests an meinem Gepäck vollzog.
Doch mit dem Security-Check am Flughafen hören meine Ängste leider nicht auf. Die nächste Hürde beginnt für mich beim Betreten des Flugzeuges. Immer öfter reisen Menschen mit mehr Handgepäck – je nach Tarif ist kein Check-in-Gepäck inklusive oder kostet zu viel. Also wird vieles per Handgepäckkoffer transportiert. Dies bedeutet dann natürlich automatisch auch weniger freier Stauraum in den Kabinen. Auf dem Hinflug nach sowie Rückflug von Südkorea 2019-20 hatte ich beide Male das Problem, dass bereits alle Handgepäckablagen in meinem Umfeld belegt waren. So war beim ersten Mal die einzige Lösungsoption, dass meine Diabetesutensilien am anderen Ende des Flugzeuges untergebracht wurden – außerhalb meiner Sichtweite. Dadurch hatte jeder leichten Zugang zu meinem Gepäck, hätte etwas entwenden oder beschädigen können, ohne dass ich es mitbekommen hätte. Auf dem Rückflug bekam ich sogar eine pampige Ansage eines Stewards, dass es nicht „sein Problem sei“ und ich mich gefälligst selbst drum kümmern muss, dass alles verstaut wird. Das kann je nach Situation das erhöhte Stresslevel zusätzlich erhöhen.
Das Flugzeug landete, ich stieg aus und begab mich auf den Weg zur Unterkunft. Es herrschten knapp 40°C und eine Luftfeuchtigkeit von 99% – meine Gedanken waren aber zu 100% bei dem Insulin und der Angst, dass es bei diesen Temperaturen schnell kaputt gehen kann. Zum Glück verlief alles gut und ich kam inklusive meines (Diabetes-)Gepäcks sicher an. Alle Ängste waren vielleicht unbegründet, aber dennoch präsent. In wenigen Tagen trete ich erneut diese weite Reise nach Südkorea an und bin mir sehr sicher, dass auch hier alle Gedanken und Sorgen aus den Reisen in 2019 und 2020 in meinem Kopf umherschwirren werden.
Um die Reisen möglichst entspannt zu gestalten, sorge ich im Voraus immer für Folgendes:
1. Von allem genug Ersatz haben – lieber doppelt einpacken als am Ende ohne Insulin dastehen.
2. Einen Notfallausweis in Reichweite, optimal in der Landessprache.
3. Wissen, wo ich im Notfall Hilfe bekomme.
4. Alle wichtigen Unterlagen mindestens in Englisch dabeihaben. So gibt es nicht nur am Flughafen seltener Probleme, auch in Apotheken oder bei ärztlichen Behandlungen vor Ort geht es so meist einfacher und schneller.
Und jetzt ist Schluss mit zu vielen Gedanken, Ängsten und Sorgen! Viel Spaß bei eurer nächsten Reise und passt gut auf euch auf! 🙂
Ihr wollt mehr über Nathalie wissen? Dann hört in diese Podcast-Episode rein: Diabetes-Story: Nathalie Bauer (Podcast)
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