Die Angst beim Reisen

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Die Angst beim Reisen

Egal ob ein Wochenendausflug oder eine mehrmonatige Reise ins Ausland, wir Menschen mit Diabetes müssen meist ausgiebiger und umfangreicher planen als unsere Mitreisenden. Aber nicht nur physisch haben wir mehr im Gepäck, auch psychisch beschäftigen wir uns mehr mit einer Reise. Haben wir genug an Equipment eingepackt? Was passiert, wenn ich in ärztliche Betreuung muss oder ein Notfall passiert? Wo bekomme ich Insulin her, wenn meins auf der Reise kaputt geht? Viele Fragen, mit denen sich ein gesunder Mensch nicht auseinandersetzen muss. Gedanken und Ängste, die wohl nur wir kennen.

Wo fängt man an?

Es beginnt meist noch zuhause, Wochen, bevor der eigentliche Trip losgeht. Von Beginn an wurde mir von allen Seiten geraten: Pack immer mindestens das Doppelte von deinem Bedarf für die Zeit des Urlaubes ein. Das klingt zunächst übertrieben, denn wenn ich daheim bin, benötige ich selten mehr als im Monat davor. Aber als Mensch mit Diabetes muss man nun immer auf das Schlimmste vorbereitet sein: ein kaputter oder schlecht gesetzter Katheter, eine zersprungene Insulinampulle, ein defekter Sensor. Vor allem Letzteres hat mir während meines letzten Auslandaufenthaltes schwer zu schaffen gemacht. Hier fiel regelmäßig der Sensor aus und musste frühzeitig ersetzt werden. Da der Hersteller meist nicht ins Ausland oder zum Urlaubsort liefert, kann somit auch nicht direkt für Ersatz gesorgt werden.

Diabetesgepäck für knapp sechs Monate Reise (Quelle: Nathalie Bauer)

Je nach Länge des Reise kann hier also einiges an Zusatzgepäck anfallen. Für mich bedeutete das bei der letzten Reise zwei Taschen Medizingepäck neben meinen üblichen Koffern und Taschen. Somit hat auch die Security am Flughafen einiges zu durchleuchten. Und bei dem Gedanken daran kommen direkt neue Sorgen auf: Wie bekomme ich mein gesamtes Gepäck transportiert? Wie reagieren die Angestellten am Flughafen, werden sie es, ohne groß nachzufragen, durchwinken oder muss ich mich ausweisen und erklären? Wird das Attest meines Arztes anerkannt? Erreiche ich meinen Flug rechtzeitig, wenn ich durch eine größere Kontrolle (bspw. Sprengstofftest) muss?

Quelle: Pixabay

Verreisen mit Weihnachtsdeko?!

Aus eigener Erfahrung kann ich bisher Entwarnung geben. Bei allen vier Flugreisen, die ich mit Diabetes angetreten habe, kam ich problemlos durch die Kontrollen. Bei der größeren Reise wurde ich lediglich gefragt, ob ich Weihnachtsdekoration transportiere, da meine Katheter auf dem Scan aussahen wie Lichterketten. Die Dame an der Security war kurzzeitig nur verwirrt und fragte, warum ich denn so viel Gepäck dabei habe. Nach einer kurzen Erklärung, dass mein Aufenthalt knapp sechs Monate beträgt und meine Auslandsversicherung die Kosten der Behandlung vor Ort nicht tragen wird, war sie sogar daran interessiert, mehr über die Krankheit zu erfahren. Da ich genug Zeit hatte und auch die Schlange hinter mir endete, unterhielten wir uns, während sie die üblichen Sicherheitstests an meinem Gepäck vollzog.

Wenn einem das Gepäck weggenommen wird…

Doch mit dem Security-Check am Flughafen hören meine Ängste leider nicht auf. Die nächste Hürde beginnt für mich beim Betreten des Flugzeuges. Immer öfter reisen Menschen mit mehr Handgepäck – je nach Tarif ist kein Check-in-Gepäck inklusive oder kostet zu viel. Also wird vieles per Handgepäckkoffer transportiert. Dies bedeutet dann natürlich automatisch auch weniger freier Stauraum in den Kabinen. Auf dem Hinflug nach sowie Rückflug von Südkorea 2019-20 hatte ich beide Male das Problem, dass bereits alle Handgepäckablagen in meinem Umfeld belegt waren. So war beim ersten Mal die einzige Lösungsoption, dass meine Diabetesutensilien am anderen Ende des Flugzeuges untergebracht wurden – außerhalb meiner Sichtweite. Dadurch hatte jeder leichten Zugang zu meinem Gepäck, hätte etwas entwenden oder beschädigen können, ohne dass ich es mitbekommen hätte. Auf dem Rückflug bekam ich sogar eine pampige Ansage eines Stewards, dass es nicht „sein Problem sei“ und ich mich gefälligst selbst drum kümmern muss, dass alles verstaut wird. Das kann je nach Situation das erhöhte Stresslevel zusätzlich erhöhen.

Voll bepackt auf Reisen! (Quelle: Nathalie Bauer)

Das Flugzeug landete, ich stieg aus und begab mich auf den Weg zur Unterkunft. Es herrschten knapp 40°C und eine Luftfeuchtigkeit von 99% – meine Gedanken waren aber zu 100% bei dem Insulin und der Angst, dass es bei diesen Temperaturen schnell kaputt gehen kann. Zum Glück verlief alles gut und ich kam inklusive meines (Diabetes-)Gepäcks sicher an. Alle Ängste waren vielleicht unbegründet, aber dennoch präsent. In wenigen Tagen trete ich erneut diese weite Reise nach Südkorea an und bin mir sehr sicher, dass auch hier alle Gedanken und Sorgen aus den Reisen in 2019 und 2020 in meinem Kopf umherschwirren werden.

Meine Vorbereitungen:

Um die Reisen möglichst entspannt zu gestalten, sorge ich im Voraus immer für Folgendes:

1. Von allem genug Ersatz haben – lieber doppelt einpacken als am Ende ohne Insulin dastehen.
2. Einen Notfallausweis in Reichweite, optimal in der Landessprache.
3. Wissen, wo ich im Notfall Hilfe bekomme.
4. Alle wichtigen Unterlagen mindestens in Englisch dabeihaben. So gibt es nicht nur am Flughafen seltener Probleme, auch in Apotheken oder bei ärztlichen Behandlungen vor Ort geht es so meist einfacher und schneller.

Und jetzt ist Schluss mit zu vielen Gedanken, Ängsten und Sorgen! Viel Spaß bei eurer nächsten Reise und passt gut auf euch auf! 🙂


Ihr wollt mehr über Nathalie wissen? Dann hört in diese Podcast-Episode rein: Diabetes-Story: Nathalie Bauer (Podcast)

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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