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Die Stechhilfe, die jeder Mensch mit Diabetes braucht, um einen Blutstropfen für die Blutzuckermessung zu gewinnen, ist ein Stiefkind der Wissenschaft: Es gibt kaum Studien zu diesem kleinen und doch so wichtigen Gerät. Warum ist das so? Und was können Nutzer tun, um Schmerzen beim Einstechen der Lanzette zu vermeiden?
Diese Aussage stimmt, denn es ist die Gewinnung des Blutstropfens, der für diese Messung benötigt wird, der schmerzt. Stechhilfen sollen die Lanzette bei der Auslösung so in die Haut “einschießen”, dass ein minimales Loch gestochen wird, aus dem ein ausreichend großer Blutstropfen austritt. Diese Bewegung muss gut kontrolliert ablaufen, um den Einstichschmerz zu minimieren. Die Gestaltung der Nadelspitze, die Politur der Nadeloberfläche und die Minimierung von Vibrationen beim Einstich sind entscheidende Faktoren, um den Schmerz zu reduzieren.
Eigentlich sollte die Stechhilfe (= die Lanzette) von den Patienten regelmäßig gewechselt werden, um ein Abstumpfen der Nadel und ein dadurch verstärkter Schmerz beim Einstechen zu vermeiden.
Dieser Wechsel verlangt allerdings bei vielen Stechhilfen gewisse Handhabungsfähigkeiten und ist zudem zeitaufwendig, von den Kosten ganz zu schweigen.
Viele Patienten werden wohl in die Auswahl der Stechhilfe nicht eingebunden, sie bekommen eine in die Hand gedrückt oder sie verwenden diejenige, die dem Messsystem beigepackt ist.
Dies bedeutet auch, sie bekommen die Stechhilfen ohne gründliche Einführung und Schulung in der optimalen Nutzung.
Im Rahmen des 14. Diabetes Technology Meeting in Washington wurden bei einem Workshop eine Reihe von interessanten Vorträgen zu kritischen Aspekten bei Geräten gehalten, die für die Diagnose und Therapie bei Diabetes von Belang sind. Die Diskussion zu dem Thema Stechhilfen fasst Professor Dr. Lutz Heinemann in diesem Artikel für die Zeitschrift Diabetes Congress Report zusammen. Professor Heinemann ist der Gründer von „Profil – Institut für Stoffwechselforschung“ und einer der Herausgeber von „Diabetes Congress Report“.
Übrigens: Noch mehr Artikel aus „Diabetes Congress Report“ finden alle, die beruflich mit Diabetes zu tun haben (medizinische Fachkreise mit Berufsnachweis), auf www.diabetologie-online.de.
Der Stich in den Finger macht das Blutglukosemessen zu einer ungeliebten Prozedur. Dies ist ein Hauptgrund dafür (neben den Kosten), warum Patienten dazu tendieren ihren aktuellen Blutzuckerwert weniger häufig zu messen, als sie sollten.
Diese reduzierte Messfrequenz führt nachgewiesenermaßen zu einer schlechteren Stoffwechselkontrolle und damit zu höheren Kosten für die Behandlung von diabetesbedingten Langzeitfolgen.
Im Gegensatz dazu, wie störend die Patienten das Stechen empfinden (deutlich mehr als die Insulinapplikation, diese ist durch die modernen Nadeln praktisch schmerzfrei), gibt es kaum wissenschaftliche Studien, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Eine Literaturrecherche ergab nur 26 (!) Zitate; dabei werden in den meisten Publikationen keine Studiendaten berichtet, viele Publikationen sind Kommentare oder berichten Ergebnisse von Tierstudien. Nur drei Publikationen berichten Ergebnisse von klinischen Studien aus den letzten fünf Jahren. Die geringe Aufmerksamkeit in der akademischen Welt steht in deutlichem Kontrast zu der Aufmerksamkeit, die Stechhilfen z. B. in Patientenblogs im Internet bekommen; dort werden die Vor- und Nachteile der verschiedenen verfügbaren Stechhilfen eifrig diskutiert.
Für die Hersteller stellen Stechhilfen einen relativ kleinen und nicht bedeutsamen Markt dar, daher wird relativ wenig in Neuentwicklungen investiert.
Das Interesse der Patienten an einer schmerzfreien Gewinnung des Blutstropfens bleibt dabei eher hintenan.
Dabei hat sich in den Unternehmen ein beträchtliches Know-how zum Thema akkumuliert, d. h. die Faktoren, welche für die Entstehung des Schmerzes beim Durchstehen der Haut von Bedeutung sind und wie diese optimalerweise reduziert werden können, sind wohlbekannt.
Durch die Verwendung von geeigneten Stechhilfen in einer optimalen Art und Weise kann der Schmerz bei der Gewinnung des Bluttropfens deutlich reduziert werden.
Viele Patienten könnten den Schmerz schon dadurch deutlich reduzieren, wenn sie eine geringere Einstichtiefe wählen würden.
Die von modernen Messsystemen benötigte Blutmenge ist ja deutlich geringer als früher, d. h., es reicht ein recht kleiner Blutstropfen für eine erfolgreiche Glukosemessung. Im Sinne der Patienten sollte dem Thema Stechhilfen eigentlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Ob und in welchem Ausmaß wir eine technische Weiterentwicklung bei den Stechhilfen sehen werden, bleibt abzuwarten; interessant sind die Ansätze, die ohne Stechhilfen auskommen.
Diabetes-Congress-Report, 2015; 15 (1) Seite 31-32
Redaktion Diabetes
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