Ernst und absurd – die Inhalte von diatec und t1day

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© t1day/Mike Fuchs
Ernst und absurd – die Inhalte von diatec und t1day

Etwa 850 Diabetes-Profis nahmen dieses Jahr Ende Januar am deutschen Kongress für Diabetes-Technologie, der diatec, teil. Davon hatten sich 330 Personen virtuell zugeschaltet. Beim anschließenden Tag für Menschen mit Diabetes, dem t1day, waren etwa 400 Menschen in Berlin. Die Programme beider Veranstaltungen waren vielfältig und boten für jeden viele Informationen.

Wenn sich trotz eines mehrtägigen Bahnstreiks Hunderte Diabetes-Expertinnen und -Experten sowie anschließend auch Menschen mit Diabetes und ganze Familien auf den Weg nach Berlin machen, spricht das für den Reiz der beiden Veranstaltungen: die diatec für die Profis und der t1day für die Menschen mit Diabetes. Bei diesen Veranstaltungen geht es vor allem um die Technologien bei Diabetes. Veranstalter war seit diesem Jahr das diateam mit Sitz in Bad Mergentheim.

Die Programme von diatec und t1day boten für jeden viele Informationen.

Spezialisierung: ja oder nein?

Interessante Aussagen und Highlights kamen dort von den Referentinnen und Referenten. Zum Beispiel ging es um die Frage, ob wir ärztliche Zentren benötigen, die sich speziell bezüglich der automatisierten Insulin-Dosierung (AID) und der entsprechenden Systeme weitergebildet haben. Diabetologe Dr. Stefan Gölz aus Esslingen meinte: “Brauchen wir spezialisierte AID-Zentren? Ja, unbedingt!” Hingegen sagte Dr. Hansjörg Mühlen, Diabetologe aus Duisburg: “Wir brauchen eine Qualifikation aller Praxen in diesem Gebiet!”

Formel-1-Wagen in der Auto-Werkstatt?

Und wer darf Diabetes-Technologien verordnen und Menschen damit betreuen? “Ich glaube nicht, dass wir sagen: Technologie darf nur einer machen. Aber es gibt bestimmte Technologien, die kann nicht jeder machen”, ist sich Toralf Schwarz, Vorsitzender des Bundesverbands Niedergelassener Diabetologen, sicher. “Niemand käme auf die Idee, einen Formel-1-Wagen in seiner Auto-Werkstatt reparieren zu lassen.”

Zauberwort: Vernetzung

Auch die Botschaft von Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands, lautete: “Ja, es gibt Dinge, die gehören in die Hand von spezialisierten Zentren. Aber lassen Sie uns bei der Entwicklung dessen, was auf uns zukommt in der Zukunft, sagen: Wie können wir gestuft, gesteuert und möglichst wenig fragmentiert die Patientinnen und Patienten versorgen?” Hintergrund dieser Botschaft ist auch das Problem der zur Verfügung stehenden Ressourcen angesichts der zunehmenden Zahl von Menschen mit Diabetes, die zu betreuen und zu versorgen sind. Diabetologin Dr. Karin Schlecht aus Eisenach brachte es in der Diskussion auf den Punkt: “Für mich wäre das Zauberwort: Vernetzung!”

Prof. Dr. Bernhard Kulzer (links) und Prof. Dr. Lutz Heinemann (rechts) hatten zusammen mit weiteren Expertinnen und Experten die Programme erarbeitet.

“Spritzen Sie 36 mg/dl Insulin”

Auch künstliche Intelligenz (KI) kann zukünftig immer mehr unterstützen. Aber wir sollten auch deren Grenzen kennen. Dr. Volker Busch aus Regensburg warnte: “Das Bewusstsein fehlt nach wie vor, es fehlt das logische Denken.” PD Dr. Dominic Ehrmann, Psychologe aus Bad Mergentheim, zeigte an einem Beispiel, was passiert, wenn man eine KI fragt, wie man sich bei steigenden Glukosewerten nach einer Mahlzeit verhalten soll. Zwei der Empfehlungen der KI: “Wenn Ihr Korrekturfaktor 20 mg/dl beträgt, sollten Sie 36 mg/dl Insulin spritzen.” Und weiter: “Speisen Sie 15 – 30 Gramm Kohlenhydrate. Dies wird dazu beitragen, den Glukoseanstieg zu stoppen und den Wert zu senken.” Würden Sie einer KI, die solch falsche Empfehlungen gibt, jemals trauen?

Test-Objekt Banane

Auch Dr. Guido Freckmann vom Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Technologie (AGDT) warnte auch in anderer Hinsicht. Die AGDT bekomme immer wieder Anfragen wie: “Da gibt es solche Uhren, die den Zucker messen. Wie gut sind die denn?” Er bestellte drei Armbanduhren zum Messen des “Blutzuckers” im Internet, die explizit nicht als Medizinprodukte deklariert waren. Zwei konnte er untersuchen, bei der dritten konnte man die Werte nicht auslesen. Beide am rechten Arm eines Mitarbeiters getesteten Uhren zeigten Glukosekurven – die nicht wirklich übereinstimmten und zu den mit einem Glukosesensor gemessenen Werten gar nicht passten.

Sowohl beim t1day (Foto) als auch bei der diatec fand die begleitende Industrie-Ausstellung reges Interesse.

Am nächsten Tag trug er die Uhrem am linken Arm – und die Kurven waren identisch wie am Vortag. Als er die Uhren daraufhin um eine Banane legte – bekam er dieselben Kurven wie an den beiden Vortagen! Die Uhren tragen ein CE-Kennzeichen, haben also vermeintlich eine Zulassung, aber, so Freckmann: “Die Buchstaben sind zu eng beieinander. Das ist nicht CE, sondern China Export.”

Individuelle Entscheidungen

In einer Podiusmdiskussion sprachen Menschen mit Typ-1-Diabetes über unterschiedliche Ansichten zur Therapie-Entscheidung. Zur Frage, welche Systeme – Insulinpen, Insulinpumpe, Blutzucker-Messung oder kontinuierliches Glukose-Monitoring (CGM) – man nutzen möchte, betonte Influencerin Kathi Korn: “Es ist ganz wichtig, dass jeder sein System findet.”

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den Veranstaltungen. Im Jahr 2025 geht es weiter: diatec für die Profis ist geplant vom 23. bis 25. Januar, der t1day für Menschen mit Diabetes soll am 26. Januar in Berlin und virtuell stattfinden. Informationen dazu gibt es unter www.diatec-fortbildung.de und www.t1day.de.


Autorin
Dr. Katrin Kraatz

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2024; 72 (3) Seite 10-11

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • moira antwortete vor 1 Woche

      Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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