- Aus der Community
Kein Koffer da in Kanada?
5 Minuten
Voller Vorfreude stieg ich aus meinem soeben gelandeten Flugzeug und ließ die kanadische Luft zum ersten Mal durch meine Lungen strömen. Ich atmete tief durch. Es war geschafft! Erleichtert darüber, dass der langwierige Flug nun endlich vorüber war, folgte ich der Menge in Richtung der Passkontrolle. Bei jedem Schritt spürte ich, wie sich meine Anspannung nach und nach löste. Zugegebenermaßen habe ich nämlich schon angenehmere Flüge erlebt. Die über einstündige Verspätung wegen „technischer Probleme“ an der Maschine hat mich und noch weitere Passagiere langsam, aber sicher nervös werden lassen, weil die Zeit, um den Anschlussflug in Reykjavik zu bekommen, ohnehin knapp bemessen war. Die Bordcrew versicherte uns zwar, dass alle geplanten Anschlussflüge nicht ohne uns starten würden, aber ohne wirklich konkrete Informationen tappten wir trotzdem noch größtenteils im Dunkeln.
Ein mulmiges Gefühl
Kurz vor der Landung gab es dann die erlösende Nachricht: Das Flugzeug wartete noch auf die Passagiere des Fluges nach Toronto! In Reykjavik angekommen, ging es dann aber Schlag auf Schlag: Halb rennend, halb gehend eilte ich zum Gate, wo mich das Personal hektisch und dabei nur flüchtig die Bordkarte kontrollierend durchwinkte. Als ich völlig außer Atem und unter Strom meinen Platz einnahm, überkam mich schon zum ersten Mal ein mulmiges Gefühl. Ist mit meinem Gepäck alles gut gegangen? Hat es es rechtzeitig in das Flugzeug geschafft? Ich versuchte, diese böse Ahnung aus meinen Gedanken zu verbannen, und beschloss, ein bisschen zu schlafen. Ich hatte schließlich noch über 8 Stunden Flugzeit vor mir.
Das typische Anschnall-Symbol ploppte piepsend über mir auf und das monotone Klicken der Sicherheitsgurte bahnte sich kurz darauf seinen Weg durch die Sitzreihen. Verschlafen blinzelnd erwachte ich aus meinem Halbschlaf. Laut Durchsage befanden wir uns im Landeanflug auf Toronto. Noch 20 Minuten durchhalten. Ich streckte meine Beine. Meine müden Glieder sehnten sich nach Bewegung. Die sollten sie bald bekommen. Aber nicht nur sie sollten dann strapaziert werden.
Das böse Erwachen
Dann kam ich auch schon an der Passkontrolle an. Der Kontrolleur sah mich freundlich und erwartungsvoll an. Hastig kramte ich meinen Reisepass heraus und zeigte ihn vor. Ohne weitere Umstände passierte ich die Kontrolle und begab mich routiniert auf die Suche nach meinem Koffer. Business as usual, sollte man meinen.
Leider sollte ich mich täuschen. Das Gepäckband drehte nämlich stoisch seine Runden, ohne dass mein Koffer sich blicken ließ. Nach einer Viertelstunde geriet ich ins Schwitzen, denn das Band hatte angehalten und von meinem Gepäck gab es weiterhin keine Spur. Abgesehen von meinen Klamotten, die man ja auch vor Ort ersetzen könnte, wäre auch meine medizinische Diabetes-Versorgung größtenteils erstmal nicht verfügbar. Daher fragte ich das Personal umso dringlicher, ob das Gepäck irgendwo anders sein und an wen ich mich diesbezüglich wenden könnte. Ich wurde an einen Schalter der Airline geschickt, wo ich einen Wisch ausfüllte und dabei meine Koffer-ID angab, damit dieser zurückverfolgt werden konnte. Der Koffer würde dann die Tage an meine Adresse in Toronto geschickt werden.
Geknickt und nicht wirklich beruhigt verließ ich mit meinem Kumpel Leon, bei dem ich die zwei Wochen unterkommen durfte und der mich nicht nur diesen Abend mit seiner optimistischen Art immer wieder aufbaute, den Flughafen. Durch ihn habe ich auch die Zeit ohne Koffer in vollen Zügen genießen können!

Pleitegeier
In meiner Situation ohne Koffer habe ich realisiert, wie wichtig es ist, gewisse Dinge wie Unterwäsche und vor allem Medikamente als Notration im Handgepäck dabeizuhaben! So konnte ich überhaupt erstmal über die Runden kommen und einen halbwegs kühlen Kopf bei der Rückholaktion meines vermissten Koffers bewahren, ohne direkt einen Arzt oder eine Apotheke aufsuchen zu müssen. Hinderlich war also zunächst nicht mein akuter Mangel an Medikamenten, sondern eher meine geschätzte Billig-Airline WOW air aus Island. Nach einem Tag in Kanada erreichte mich nämlich die Nachricht, dass sie Insolvenz anmelden musste und daher alle noch ausstehenden Flüge annulliert und die Angestellten größtenteils entlassen wurden. Also war jetzt auch noch mein Rückflug passé.
Das wirkte sich leider noch auf den Status meines Gepäcks aus. Die Mitarbeiter, die noch übrig und bei der Hotline der Airline für Gepäckverluste zuständig waren, haben mir ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, dass sie kein großes Interesse daran hatten, mir meinen Koffer zu beschaffen, geschweige denn, an meine Adresse in Toronto auszuliefern. Sie konnten mir noch nicht mal eindeutig sagen, wo mein Koffer momentan war. Er könnte in Reykjavik oder sogar in Frankfurt am Flughafen sein. Naja, ohne Bezahlung arbeitet wohl kaum jemand gern. Trotzdem stand ich zu dem Zeitpunkt ohne Koffer und ohne Rückflug da. Na toll!
Das ersehnte Wiedersehen
Nach gefühlt tausend verzweifelten Telefonaten und drei Tagen ohne wirkliche Fortschritte wurde mir endlich ein Termin angeboten, den Koffer um 20 Uhr vor Ort am Flughafen abzuholen. Ich sagte natürlich ohne große Umschweife zu und machte mich mit Leon als Begleitung auf den Weg. Als wir am Schalter ankamen und uns meldeten, hatte das Warten aber noch immer kein Ende. Denn der angekündigte Mitarbeiter, der mich zu meinem Koffer bringen sollte, hatte noch anderes zu erledigen und würde erst danach zu uns stoßen. Lange Rede, kurzer Sinn, er tauchte schließlich nach eineinhalb Stunden auf, in denen ich kaum ruhig sitzen konnte und mir alle möglichen Szenarien ausmalte, und bat mich inklusive meines Reisepasses mitzukommen. Leon durfte nicht mit.
Der Mann führte mich durch die Innereien des Flughafens. Wir passierten eine Polizeikontrolle, die meine Dokumente kurz checkte, und gingen durch eine letzte Tür. Dort stand er dann endlich: mein neongrün leuchtender Koffer! Ich freute mich wie bei einem Wiedersehen mit einem alten Freund. Jetzt gab es nur noch eine letzte Hürde zu bewältigen: den Zoll. Dort wurde mir sehr schnell klar, warum mein Koffer höchstwahrscheinlich nicht mit mir geflogen war. Die Zollbeamtin durchlöcherte mich nämlich mit Fragen nach meinen Diabetes-Medikamenten, allen voran meinen Notfallspritzen. Ich bemerkte beim Öffnen des Koffers auch, dass die Dinge darin schon zuvor durchsucht worden waren. Trotz Flugbescheinigung hat es mein Koffer vielleicht wegen meiner Diabetesausrüstung zunächst nicht geschafft.

Happy End
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese zwei Wochen die bisher intensivsten in meinem ganzen Leben waren. Abgesehen von dem Stress mit dem Koffer durfte ich jeden Tag mit Leon als persönlichem Guide an meiner Seite Neues erleben, es wurde nie langweilig. Ob es nun die Arbeit mit den Kindern, der Besuch der Niagara-Fälle oder die Erkundung der Stadt war, ich hatte so viele Eindrücke zu verarbeiten, die mich jetzt noch immer flashen.

Was mitnehmen, wenn man als Mensch mit Diabetes reist? Bente hat Tipps: Diabetes Packliste für Reisen
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Ähnliche Beiträge
- Leben mit Diabetes
Reisen mit Diabetes: Mit Zucker im Gepäck … nach Italien
10 Minuten
- Leben mit Diabetes
Reisen mit Diabetes: Mit Zucker im Gepäck … nach Australien
10 Minuten
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Über uns
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Community-Frage
Mit wem redest du
über deinen Diabetes?
Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.
Werde Teil unserer Community
Community-Feed
-
insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 4 Tagen, 1 Stunde
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
-
moira antwortete vor 5 Tagen, 19 Stunden
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
-
-
hexle postete ein Update vor 2 Wochen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
-
lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
-
connyhumboldt antwortete vor 3 Tagen, 19 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
-

