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Den Anfang macht ab sofort die Techniker Krankenkasse, die ersten Bewilligungen sind bereits erteilt. Der Weg der Kostenerstattung ist dabei genauso ungewöhnlich wie die Tatsache, dass es sich hier um eine freiwillige Leistung handelt, denn das FreeStyle Libre ist noch nicht in den offiziellen Leistungskatalog aufgenommen. TK-versicherte Typ-1-Diabetiker müssen die Kosten für Messgerät und Sensoren zunächst vorstrecken und können die Belege dann zusammen mit einer Verordnung ihres Arztes bei der TK einreichen.
Diese orientiert sich an den durch die TK errechneten durchschnittlichen jährlichen Kosten für Blutzucker-Messstreifen: Ins DMP eingeschriebene Typ1er erhalten einen einmaligen Zuschuss von bis zu 1.040,00 EUR, ohne DMP sind es bis zu 840,00 EUR. Auch die Kosten für das Messgerät (59,90 EUR) abzgl. der gesetzlichen Zuzahlung werden erstattet.
Die DAK geht einen anderen Weg: Als exklusiver Kooperationspartner von Abbott will sie im Rahmen eines Pilotprojektes die Kosten ab Juni 2015 direkt übernehmen, zunächst für 1.000 ihrer Versicherten – später sollen es mehr werden. Wie genau Verordnung, Bestellung und Kostenübernahme abgewickelt werden soll, war zum Zeitpunkt der gemeinsamen Pressekonferenz von DAK und Abbott noch unklar, auch die genauen Kriterien für die Auswahl der Teilnehmer standen noch nicht fest.
Für beide Modelle gilt, dass wichtige Fragen bisher nicht geklärt sind: So sind FreeStyle-Libre-Sensoren aufgrund erheblicher Lieferengpässe zurzeit nur für bereits registrierte Kunden des Abbott Online-Shops erhältlich. Wer sich neu registrieren möchte, muss warten. Die Angebote von TK und DAK stehen also bei weitem nicht jedem offen, der sich für das neue System interessiert – laut Abbott ein „transitorisches Phänomen“, bis die Produktionskapazitäten erweitert sind.
Doch bis es so weit ist, treibt das beschränkte Angebot die Preise auf ebay in die Höhe: Sensoren werden dort zum Teil für mehrere hundert Euro angeboten und gekauft, sogar Zugänge zu Abotts Online-Shop werden für teures Geld gehandelt. In einer freien Marktwirtschaft, in der sich Preise nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage bilden, ist das zwar erklärbar – doch wenn von gesetzlichen Krankenkassen bezahlte Medizinprodukte für ein Vielfaches ihres Preises weiterverkauft werden, stellt sich die Frage, ob Grenzen überschritten werden – und wer verantwortlich ist und eingreifen könnte. Abbott, die DAK und auch die TK haben hierauf bislang keine Antwort.
Ebenfalls unbeantwortet bleibt die Frage, wer die Nutzer dieses Systems schulen soll – und wer für die Kosten hierfür aufkommt: Zucker-Kurven und Trendpfeile erlauben sehr viel mehr Einsicht in den eigenen Stoffwechsel, deren Interpretation und die daraus abgeleitete Diabetes-Therapie verlangen aber auch nach einem anderen Verständnis der Zusammenhänge. Die Frage stellt sich beim FreeStyle Libre umso mehr, als Abbott im Vertrieb neue Wege geht und direkt an seine „Kunden“ verkauft – ohne Einbindung von Arzt und Apotheke. Hier sollen Webinare (Online-Trainings) helfen, die zurzeit allerdings nicht angeboten werden.
Dass gesetzliche Krankenkassen freiwillig die Kosten für das FreeStyle Libre übernehmen, ist zunächst eine tolle Nachricht, macht sie doch Hoffnung, dass auch die Diskussion um „echte“ CGM-Systeme wieder Fahrt aufnimmt – schließlich ist die Messtechnik dieselbe. CGM-Systeme punkten aufgrund ihrer Fähigkeit zur Datenübertragung über größere Distanzen und an mehrere Empfänger zusätzlich mit Hypo-Alarmen, Notabschaltung von Insulinpumpen, der Zulassung für Kinder und der Möglichkeit der Fernüberwachung, z.B. durch deren Eltern. Trotz eindeutiger Studienergebnisse und einem positiven Vorbericht des IQWiG ist eine reguläre Kostenübernahme für CGM-Systeme – wohl auch aufgrund der deutlich höheren Kosten – leider noch immer nicht absehbar.
Die Entscheidung von TK und DAK pro Kostenübernahme für das FreeStyle-Libre-System könnte sich als Wegbereiter für die Kostenübernahme auch bei der kontinuierlichen Glukosemessung erweisen – aber auch als trojanisches Pferd: So Krankenkassen ihre Entscheidung für das FreeStyle Libre, welches in Foren und Online-Diskussionen auch schon als „CGM für Arme“ bezeichnet wird, als Argument benutzen sollten, um eine Kostenübernahme für „echte“ CGM-Systeme weiter hinauszuzögern, wird es für diejenigen von uns, die seit Jahren auf diese Systeme hoffen, eher schwieriger.
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