Lückenlos versorgt mit Sensoren und Insulinpumpen

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© Anton Sokolov - Fotolia
Lückenlos versorgt mit Sensoren und Insulinpumpen

Oft heißt es: Wer einmal eine Insulinpumpe hat, möchte sie nicht mehr hergeben. Das Gleiche gilt für Systeme zum kontinuierlichen Messen der Glukose. Warum ist das so? Welche Eigenschaften stecken in den modernen Methoden?

Immer eine Kanüle in der Bauchhaut oder ein Sensorpflaster auf der Haut kleben haben? Für manch einen Diabetiker ist diese Vorstellung schrecklich. Andere wiederum zucken mit den Schultern und sehen darin überhaupt kein Problem. Warum aber gibt es Menschen, die es akzeptieren, immer einen oder mehrere Fremdkörper im und am Körper zu tragen?

Den Diabetes kontinuierlich im Blick haben

Den Unterschied macht die Möglichkeit, den Diabetes kontinuierlich im Blick zu haben und ebenso kontinuierlich mit Insulin zu versorgen. Sie sehen: Es geht um Insulinpumpen und um Systeme zum kontinuierlichen Glukosemessen – und deren mögliche Verbindung.

Bereits im Jahr 1993 schrieb der, inzwischen verstorbene, Urvater der kontinuierlichen Glukosemessung Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Ernst Friedrich Pfeiffer aus Ulm an seine Kollegen: “Alle Anstrengungen zur Entwicklung eines Glukose-gesteuerten Insulin-Infusionssystems sind berechtigt, weil bei jedem Diabetiker die positive Feedback-Regulation zwischen Blutzuckerkonzentration und Insulinsekretion fehlt.”

Damals war man zwar mit Laborgeräten in der Lage, ein System herzustellen, das die Funktion der Bauchspeicheldrüse nachahmen konnte, an ein Leben außerhalb des Labors war damit nicht zu denken – aber der Grundstein war gelegt.

Modernste Geräte nutzen

So sind wir heute in der Lage, modernste Geräte zu nutzen, die zwar noch nicht genau das können, was Prof. Pfeiffer beschreibt, aber doch schon einiges. Genau darum geht es in diesem Artikel. Welche Geräte gibt es und was können sie? Um die Funktionen der Geräte zu verstehen und ihre Bedeutung einordnen zu können, ist es wichtig, zu verstehen, was den Unterschied zwischen punktueller und kontinuierlicher Glukosemessung und Insulinversorgung ausmacht.

Zucker mit Löchern oder ohne

Zuerst zur Messung: Wer seine Stoffwechselsituation mit dem Messen des Blutzuckers im Blick behält, sticht sich dafür mehrfach am Tag in die Fingerbeere – standardmäßig morgens nüchtern, vor den Hauptmahlzeiten und vor dem Schlafengehen – und misst den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Blutzuckerwert. Zusätzlich wird in besonderen Situationen gemessen, zum Beispiel beim Sport, beim Autofahren oder bei Anzeichen einer Unterzuckerung. 4 bis 10 Werte sind das am Tag. Alles, was dazwischen mit dem Blutzucker passiert, ist unbekannt.

Bei der kontinuierlichen Glukosemessung wird zwar nicht der Blutzucker gemessen, sondern die Zuckerkonzentration im Unterhautfettgewebe. Diese Werte hinken bei schnellen Blutzuckeränderungen den Blutzuckerwerten um Minuten hinterher – ungeklärt ist aber bislang, ob die Werte im Blut oder die im Gewebe die entscheidenden im menschlichen Körper sind.

Diese Gewebezuckerwerte werden mit kontinuierlich messenden Systemen in Minutenabständen gemessen – und zeigen so alle Veränderungen an. Mit Blutzuckermessung sonst unerkannte Anstiege oder Abfälle zwischen den einzelnen Messungen bleiben so nicht mehr verborgen.

Insulin vorgegeben oder spontan

Bei der Insulingabe ist der Unterschied ein anderer: Wer eine Insulintherapie mit Spritze oder Insulinpen durchführt, gibt sich das Insulin zu bestimmten Zeitpunkten – einmal gespritzt, lässt sich daran nichts mehr ändern. Gerade bezüglich eines langwirkenden Insulins bedeutet das zum Beispiel: Möchte man unerwartet Sport treiben, lässt sich dieser zusätzliche Bedarf an Energie nur durch kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel ausgleichen – denn das Insulin ist im Körper und wirkt.

Ein anderes Beispiel: Wer mit starken Zuckeranstiegen in den frühen Morgenstunden (einem Morgendämmerungs- oder Dawn-Phänomen) zu kämpfen hat, muss ein langwirksames Insulin finden, das genau zu dieser Zeit ausreichend wirkt.

Bei einer kontinuierlichen Insulinversorgung mit einer Insulinpumpe fließt in kurzen Zeitabständen kurzwirkendes Insulin ins Unterhautfettgewebe. Diese Basalrate, die das langwirksame Insulin bei einer intensivierten Insulintherapie (ICT) ersetzt, wird individuell eingestellt. So lässt sich zum Beispiel das Dawn-Phänomen ausgleichen, indem in den frühen Morgenstunden einfach eine höhere Dosis eingestellt wird als davor und danach.

Oder beim Sport: Da das Insulin gleichmäßig einfließt, lässt sich die Dosis rechtzeitig vor Sportbeginn reduzieren, so dass Sport oft auch ohne zusätzliche Kohlenhydrataufnahme möglich ist. Vorteile bietet die kontinuierliche Insulinzufuhr auch für die Insulingabe zu den Mahlzeiten, weil nicht nur die sofortige Bolusgabe möglich ist, sondern auch eine verzögerte Abgabe, zum Beispiel für fetthaltige Mahlzeiten wie Pizza.

Was können Insulinpumpen?

Nun aber: Was können die einzelnen Geräte? Zunächst die Insulinpumpen, die in Deutschland verfügbar sind: Neben ihrer Möglichkeit, kontinuierlich Insulin als Basalrate abzugeben, kann man mit allen Geräten Boli sofort, verzögert oder kombiniert abgeben. Die Basalrate kann befristet erhöht (zum Beispiel bei akuten Erkrankungen) oder reduziert werden (zum Beispiel bei Sport).

Die Pumpen haben selbst oder im mit der Pumpe gekoppelten Messgerät eine Tagebuchfunktion. Und alle Pumpendaten lassen sich in eine Software auslesen. Außerdem sind sie alle bis zu einem gewissen Grad wasserdicht. Wichtige Unterschiede finden Sie in der nebenstehenden Tabelle.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Gleich ist allen Systemen, die kontinuierlich die Glukosekonzentration messen: Sie messen im Unterhautfettgewebe, nicht im Blut. Sie eignen sich aber gut zum Diabetesmanagement, wie Studien und der Alltag vieler Patienten zeigen.

Bei den Systemen gibt es Unterschiede. Es gibt derzeit ein System zum Flash-Glukose-Monitoring (FGM): das FreeStyle Libre. Dieses misst zwar kontinuierlich die Glukosekonzentration, der Anwender muss aber den Sensor mit einem Lesegerät scannen, um den aktuellen Wert und den Verlauf der letzten Stunden zu sehen. Dadurch kann dieses System keine Alarme geben, wenn der Wert zu niedrig oder zu hoch ist, weil die Werte nicht automatisch an ein Empfängersystem gesendet werden.

Alle anderen Systeme senden die Werte kontinuierlich an ein Empfängersystem. Dieses kann, wenn der Anwender es programmiert hat, Alarme geben bei zu niedrigen bzw. hohen oder stark sinkenden bzw. steigenden Werten. Weil die Werte immer direkt an einen Empfänger gesendet werden und damit unmittelbar zur Verfügung stehen, werden sie auch Real-Time-CGM-Systeme genannt, also Echtzeit-CGM-Systeme.

Zwei der Sensoren sind mit Insulinpumpen koppelbar: der Dexcom G4 Platinum und der Enlite. Während beim Dexcom G4 die Insulinpumpe nur als Empfänger dient, führt die Kopplung des Enlite mit der MiniMed Veo und der MiniMed 640G zu einer Interaktion zwischen CGM-System und Insulinpumpe: Bei beginnender oder drohender Unterzuckerung schaltet die Insulinpumpe die Insulinzufuhr ab und bei abgewendeter Gefahr automatisch wieder zu.

Konventionell abgleichen

Wichtige Unterschiede gibt es bei den kontinuierlich messenden Systemen bei der Laufzeit und der Notwendigkeit, sie mit konventioneller Blutzuckermessung zu kalibrieren, also einen Abgleich mit den Werten im Blut herzustellen. Ein FGM-Sensor läuft jeweils 14 Tage und muss dann durch einen neuen Sensor ersetzt werden; Kalibrieren ist nicht erforderlich.

Die anderen Systeme müssen alle, in unterschiedlichen zeitlichen Abständen, kalibriert werden; ihre offizielle Laufzeit variiert zwischen 5 und 7 Tagen. Eine Ausnahme gibt es: Der Sensor des Systems Eversense wird durch einen kleinen Hautschnitt ins Unterhautfettgewebe des Oberarms eingesetzt und bleibt dort für 90 Tage zum Messen.

Mehr Informationen zu den kontinuierlich messenden Systemen gibt es auf den Internetseiten der Hersteller:

Das Fazit

Sie sehen: Wer über eine Umstellung seiner Diabetestherapie nachdenkt, muss erst einmal grundsätzlich zusammen mit seinem Diabetologen die Wahl treffen, ob er eine Insulinpumpe oder/und ein CGM-System möchte – vorausgesetzt, die Krankenkasse stimmt der Kostenübernahme zu. Bereits vor dem Antrag auf Kostenübernahme heißt es: Welches System ist das richtige?

Stöbern Sie am besten auf den Internetseiten der Hersteller, lesen Sie Berichte von anderen Betroffenen in Blogs und den sozialen Netzwerken und informieren Sie sich umfassend – damit Ihre Entscheidung Hand und Fuß hat.

Schwerpunkt Pumpe, CGM, FGM: Experten-Tipps

von Dr. med. Katrin Kraatz

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (8) Seite 14-17

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