Wie der digitale Wandel Menschen mit Diabetes hilft

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Wie der digitale Wandel Menschen mit Diabetes hilft

Die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen schreitet rasch voran. Laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft bieten moderne Technologien und die digitale Datenerfassung gerade für Menschen mit chronischen Erkrankungen eine große Chance.

Immer mehr Gesundheits-Apps kommen auf den Markt, digitale Therapieverfahren etablieren sich, die Einführung der elektronischen Patientenakte ist beschlossene Sache: Die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen schreitet rasch voran. Moderne Technologien und die digitale Datenerfassung bieten gerade für Menschen mit chronischen Erkrankungen – wie mit Diabetes – eine große Chance.

„Die oft unüberbrückbaren Grenzen zwischen medizinischen Berufsgruppen, Kliniken und Praxen oder zwischen Stadt und Land können durch intelligente Vernetzung überwunden werden“, sagte Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) bei der Jahrespressekonferenz der DDG in Berlin. „Das verbessert die Versorgungssituation der Patienten enorm.“

Mithilfe der Digitalisierung die Lebensqualität und -erwartung verbessern

„Unser Ziel ist es, die Lebensqualität und -erwartung von Menschen mit Diabetes stetig zu verbessern“, so der DDG-Präsident. Für die Diabetologie sieht die DDG in der Digitalisierung eine große Chance, medizinische Versorgung auf höchstem Niveau endlich flächendeckend zu gewährleisten. „Um dies zu realisieren, müssen strategisch relevante Daten der Patienten digital erhoben werden, aus denen dann Maßnahmen zur Verbesserung der Prävention, des Krankheitsverlaufs und der Versorgung entwickelt werden“, führt Müller-Wieland aus.

DDG-Präsident Prof. Dirk Müller-Wieland sieht in der Digitalisierung u.a. die Chance, die Lebensqualität und -erwartung von Menschen mit Diabetes stetig zu verbessern.

Eine zentrale Rolle spiele dabei die Einführung eines Nationalen Diabetesregisters, in dem die Daten von Menschen mit Diabetes zentral und flächendeckend erfasst sind. Mithilfe eines solchen Registers könne beispielsweise ausgewertet werden, wie effektiv Therapien mit bestimmten Medikamenten sind – und welche Wirkungen nicht medikamentöse Maßnahmen wie Patientenschulungen und die Stoffwechselselbstkontrolle haben.

„Durch Analysen von Daten-Mustern werden wir mehr über die individuellen Krankheitsverläufe der Patienten erfahren und können so neue Subgruppen – und für sie wirksame Therapieansätze erkennen und weiterentwickeln“, so Müller-Wieland. „Patienten, die besonders stark davon profitieren und welche eher nicht, können so deutlich besser identifiziert werden.“

Verbesserte Versorgungssituation durch elektronische Patientenakte

Auch die elektronische Patientenakte – die spätestens ab Anfang 2021 für alle gesetzlich Versicherten in Deutschland verfügbar sein soll – kann die Versorgungssituation von Menschen mit chronischen Erkrankungen entscheidend verbessern. Gerade für Diabetes-Patienten ist das entscheidend.

„Die positiven Rückmeldungen der Nutzer unserer Gesundheitsakte TK-Safe zeigen, dass es für Patienten mit chronischen Krankheiten besonders wertvoll ist, jederzeit und überall auf die eigenen Gesundheitsdaten zugreifen zu können. Eine Gesundheitsakte macht es für Diabetiker deutlich komfortabler, ihre Werte im Blick zu behalten”, sagt Klaus Rupp, Leiter des Versorgungsmanagements bei der Techniker Krankenkasse.

Eine Diabetespatientin berichtet über ihre Erfahrungen

Stephanie Haack, Typ-1-Diabetikerin, Bloggerin und Autorin zu Diabetes-Themen hat in Berlin ebenfalls über ihre Erfahrungen berichtet. Meine Diabetes-Geschichte beginnt im Internet. Vor knapp zehn Jahren bemerkte sie die klassischen Symptome: Über Monate hinweg war sie immer wieder krank und wurde immer weniger leistungsfähig. Als der unstillbare Durst hinzukam, tippte sie ihre Symptome in Google ein und die Suchergebnisse waren eindeutig.

Am nächsten Tag machte ihre Ärztin es offiziell: Sie haben Diabetes Typ-1. „Doch obwohl ich meine Diagnose damals digital selbst in die Hand genommen hatte, kam ich leider nicht auf die Idee, weiter im Internet zu forschen. Hätte ich das getan, wären die ersten Jahre vielleicht anders gelaufen. Stattdessen tat ich mich sehr schwer: Ich fühlte mich isoliert, von meinem Diabetologen nicht unterstützt und hatte Schwierigkeiten, mich zu motivieren.“

Was bringen mir neue Technologien, welche Anwendungen wünsche ich mir? – Stephanie Haack berichtet über ihre Erfahrungen

Nach einigen Jahren fand sie endlich wieder Antrieb und einen Diabetologen, der sie bestärkte. Bei der Vereinbarung eines Folgetermins fiel ihm auf, dass sie diesen in ihrem Smartphone notierte. Er reichte ihr einen Flyer der Diabetes Online Community: „Sie sind ja so modern und digital unterwegs – vielleicht ist das hier etwas für Sie!“

Das war der Anstoß, den sie gebraucht hatte, denn bei meinen darauffolgenden Internet-Recherchen eröffnete sich ihr eine ganz neue Welt. Eine Welt, in der sie nicht mehr allein war, sondern in der sie sich mit Tausenden anderen Menschen mit Typ-1-Diabetes verbinden und austauschen konnte. Für Stephanie Haack stand schnell fest: „Ich wollte Teil dieser Community sein. Vor vier Jahren begann ich deshalb meinen Blog, auf dem ich meine Erfahrungen aus dem Alltag mit Diabetes teile.“

Der Diabetes-Alltag hat sich in den letzten Jahren komplett gewandelt

„In den letzten Jahren hat sich dieser Alltag komplett gewandelt: Statt schmerzhaften Fingerpiksens trage ich nun einen Sensor, der kontinuierlich meinen Gewebezucker misst und diese Information an mein Smartphone, sogar an meine Smartwatch, sendet. Statt mühsamen Tagebuchführens bekomme ich automatisch Analysen und kann meine Aufzeichnungen einfach mit meinem Diabetes-Team oder meinen Angehörigen teilen. Tatsächlich habe ich im letzten Jahr den Schritt zu einem DIY-Closed-Loop-System gewagt. Hier wird meine Insulinpumpe über eine Smartphone-App teilweise automatisch gesteuert, was bei mir zu fantastischen Ergebnissen geführt hat.“

Ein Punkt, der Stephanie Haack besonders wichtig ist: In vielen Debatten um digitale Angebote für Menschen mit Diabetes geht es darum, diese mehr zu motivieren, sich intensiver um ihren Diabetes zu kümmern, sich mehr in ihrer Therapie zu engagieren.

„Als Mensch, der selbst lange Zeit mit Motivationsproblemen zu kämpfen hatte, halte ich das grundsätzlich nicht für falsch. Doch die eigentliche Zielsetzung sollte in meinen Augen eine andere sein – und zwar das Gegenteil! Das Ziel der Digitalisierung im Diabetes-Management muss sein, dass ich nicht mehr, sondern weniger Zeit und Energie auf den Diabetes verwenden muss“, betonte Stephanie Haack in Berlin.


von Matthias Heinz | DDG
Kirchheim-Verlag, Wilhelm-Theodor-Römheld-Straße 14, 55130 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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