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Mein vierwöchiges Praktikum ist zu Ende. Ich möchte Lehrerin werden, also wieder vier Wochen in einer Schule. Ich habe direkt meinem Team und meinen Schülerinnen und Schülern von meinem Diabetes erzählt und die Insulinpumpe gezeigt. Die Reaktion: „Das kennen wir schon, hatte die Referendarin vor dir auch!“ Schön, hier sitzen also Profis. 😉
Die Insulinpumpe war dann doch neu. Das Verständnis von allen war wieder sehr groß, dass ich ab und an mal messe und mich dazu auch nicht verstecken werde. Das hat mich wieder bestätigt, offen mit meinem Diabetes umzugehen. Außerdem haben mich die Lehrkräfte gebeten, die leeren Teststreifendöschen zum Basteln dazulassen. Toll, dass mein Abfall noch kreativ aufgewertet werden kann.
Was bedeuten vier Wochen Praktikum außer Unterricht vorbereiten, nachbereiten und halten noch? Frühes Aufstehen, anderer Essensrhythmus – zum Glück immer recht regelmäßig, so dass ich meine Einstellung schnell anpassen konnte.
Vier Wochen, die so ganz anders als mein Alltag waren. Das hat sich auch beim Blutzucker bemerkbar gemacht. Doch an manchen Tagen bemerkte ich sehr hohe Werte über mehrere Stunden. Katheter in Ordnung, Insulin frisch gewechselt, mehrfach gegengemessen – was war los?
An diesen Tagen standen jeweils Unterrichtsbesuche an. D.h. jemand, der beurteilt, wie ich Unterricht gebe, wie ich vorbereitet bin. Quasi ein Test für Lehrer. An diesen Tagen und an den Tagen davor stand ich extrem unter Stress: Habe ich alles vorbereitet, kopiert, verschriftlicht, an passende Stelle gelegt? Habe ich genug Teststreifen, Traubenzucker und Saft für Notfälle dabei?
Die Gegenspieler des Insulins sind unter anderem Glukagon, Adrenalin und Cortisol. Adrenalin und Cortisol zählen zu den Stresshormonen. Der Körper schüttet sie aus, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen und Energie in Form von Glukose (Zucker) bereitzustellen. Für den stoffwechselgesunden Körper bedeutet dies, dass mehr Insulin ausgeschüttet wird.
Ha! Der Fehler für uns Diabetiker: Geht ja nicht! Müssen wir selbst tun. Das Problem ist aber: Wir wissen nicht, wie viel Cortisol und Adrenalin und damit Glukose unser Körper bereitgestellt hat und wie sich das auswirkt. Wir sehen nur irgendwann erhöhte Werte und müssen reagieren.
Wenn die Stresssituation vorbei ist, fährt der Körper die Menge von Adrenalin und Cortisol wieder runter. Korrigiere ich jetzt zu viel, habe ich rucki-zucki eine Hypoglykämie. Von wegen, Diabetes ist einfach. Nach langem Ausprobieren habe ich für mich herausgefunden: Wenn ich nur eine kurze Stresssituation wie eine Prüfung habe, korrigiere ich weniger als üblich.
Auch in Stresssituationen einen kühlen Kopf zu bewahren, erfordert Übung und jedes Mal aufs Neue Mut für Entscheidungen. Gilt nicht nur, doch auch für uns Diabetiker.
Meine Tipps für PraktikantInnen, BerufseinsteigerInnen und so weiter: Nehmt euch Zeit, euch an neue Situationen zu gewöhnen. Auszeit und freie Zeit sind nicht nur für den Blutzucker wichtig. Ungewöhnliche Blutzuckerwerte gehören dazu, erfordern Ursachenforschung und den Versuch, den Diabetes beim nächsten Mal besser zu verstehen. Ein offener Umgang sowie eine gute Notfallausrüstung schaden nicht.
Ich hatte vier anstrengende, bereichernde und lustige Wochen im Praktikum und bin stolz auf ganz leicht erhöhte, sonst aber stabile Blutzuckerwerte. 🙂 Bevor das Semester losgeht, gönne ich meinem Körper noch freie Tage, um die Stresshormone wieder zu reduzieren, gute Blutzuckerwerte zu erzielen und ganz einfach den Kopf frei zu bekommen.
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