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Magersucht und Diabetes
3 Minuten

Ich war 13 Jahre alt, als die schlimmste Zeit meines Lebens begann. Ehrlich gesagt kann ich nicht genau sagen, was der Auslöser für die Magersucht war. Ich denke, es waren viele Faktoren, die mich in diese Situation gebracht haben.
In der heutigen Gesellschaft leiden immer mehr Menschen an Essstörungen und an einem hartnäckigen Perfektionismus (besonders Mädchen). Nur wenn man perfekt ist, wird man geliebt. Man muss die perfekte Schülerin sein, die perfekte beste Freundin, die perfekte Tochter oder Schwester. Und wie schafft man das? Durch perfekte Noten, den perfekten Körper, den perfekten Charakter… Ganz schön viele Aufgaben und ein großer Druck für ein so kurzes Leben.
Erst war es nur eine Diät, nichts weiter. Doch aus dieser Diät wurde mehr, immer und immer mehr. Ich habe dieses Gefühl geliebt, auf der Waage zu stehen und eine fallende Veränderung zu erkennen. Ich wollte mehr davon. Ich habe gemerkt, wie die Menschen mich ansahen. Ich war nicht mehr einfach das sensible und schüchterne Mädchen, für das mich alle hielten. Ich war ganz plötzlich was Besonderes, und ich bekam mehr Aufmerksamkeit.
In einer eigenen Welt
Ich sage immer wieder: Die Magersucht war die beste Freundin, aber zugleich auch der größte Feind. Neben diesen Glücksgefühlen auf der Waage hatte ich schließlich noch ein Leben, was ich nie gelebt habe. Ich selbst nahm dies eher nicht wahr. Ich war in meiner eigenen Welt, wo es nur mich und die Magersucht gab, mich und meinen Körper. Auch wenn ich es vielleicht nicht wahrnahm, meine Familie und Freunde taten es.
Mein Bruder sagte mir, dass er mein Lachen vermissen würde. Ich hatte es verloren und vergessen, wie schön das Gefühl ist, wenn man vor Lachen Bauchschmerzen bekommt. In den Jahren habe ich viel verloren und ganz besonders die Zeit. Zwei Jahre weggeworfen, zwei Jahre nicht gelebt.
Das Lachen kam zurück
Ihr könnt nicht glauben, wie froh ich war, als ich mein Lachen zurückhatte, als ich mein Leben wieder leben konnte, als ich einen großen Teil meiner Magersucht hinter mir gelassen habe. Ein etwas kleinerer Teil ist noch in mir. Keine Ahnung, ob ich diesen Teil je loswerden kann, aber eines ist sicher, ich kann mit ihm leben.
Diagnose Diabetes – die Welt bricht zusammen
Dann kam im Jahr 2016 die Diagnose Diabetes Typ 1 und die Worte des Arztes „für immer“. Ich habe mich auf einmal in einem dunklen Zimmer befunden ohne Licht und Tür. Für mich brach erstmal eine Welt zusammen. Ich hatte meine eine Krankheit doch erst vor kurzem überwunden und dann kommt direkt die zweite.
Es brauchte etwas Zeit, bis ich mich mit der Krankheit abfinden konnte, bis ich gemerkt habe, dass es gar nicht so schlimm ist. Man kann mit ihr leben und man verliert nichts. Anfangs lief alles gut, meine Werte waren sehr zufriedenstellend und mein Arzt bewertet sie mit einer 1-. Ein halbes Jahr später geschah genau das Gegenteil. Wahrscheinlich hätte ich nun eine 5 oder noch schlechter verdient. Meine Werte waren nicht einfach schlecht, sie waren lebensbedrohlich und das machte mir mein Arzt in einem Gespräch sehr klar.
Die Magersucht bekam wieder mehr Macht
Wie es zu so einem Umsturz kam? Ich habe nicht mehr gespritzt. Erst waren es nur so Phasen, ein oder zwei Tage, dann aber ließ ich das Insulin mehrere Wochen lang weg, sowohl Basal als auch Bolus. Klar, ich habe es natürlich gemerkt. Der Durst kam wieder, mein Harndrang, die Wadenkrämpfe des Nachts, ich war oft müde und in der Schule konnte ich mich auch nicht wirklich konzentrieren. Aber diese Dinge waren mir egal, denn ich habe noch etwas anderes gesehen. Ich nahm ab. Ich wusste, dass ich essen konnte, was ich wollte.
Solange ich kein Insulin spritzte, setzte sich auch nichts an. Man kann sagen, ich habe die Krankheit ausgenutzt und habe meiner Magersucht im Kopf wieder etwas Macht über mich und mein Leben gegeben. Durch das lange Weglassen des Insulins heilten meine Wunden auch nicht. Ich hatte eine Entzündung am Fuß, die aber nicht wegging. Erst als ich meine Werte wieder etwas in den Griff bekam, heilte sie.
Das Leben ist schön!
Eine Frage, die mir immer wieder in den Kopf kommt und die mein Arzt mir am Anfang des Gesprächs gestellt hat, war: „Angenommen du hättest eine Entzündung am Arm und diese wäre so ausgeprägt, dass du nur zwei Optionen hast. Entweder der Arm wird abgenommen oder du musst sterben. Was würdest du tun?“ Und ich kannte meine Antwort. Ich wollte leben. Egal ob mit zwei oder mit nur einem Arm, das Leben ist doch das Schönste und das darf man sich nicht wegnehmen lassen. Ich habe durch meine Magersucht schon so viel Zeit verloren und ich will mir nicht noch mehr nehmen lassen.
Genauso ist es mit dem Diabetes Typ 1 auch. Entweder wir akzeptieren unser Leben mit der Krankheit oder wir werden sterben. Meine Entscheidung habe ich getroffen. Ich will ein Leben mit Diabetes Typ 1. Denkt immer daran. Das Leben ist schön!
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nina33 postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes Typ 3c vor 2 Tagen, 3 Stunden
Hallo guten Abend ☺️
Ich heiße Nina, bin 33j jung und Mama von drei zauberhaften Mädels.
Und vor kurzem bekam ich die Diagnose Diabetes Typ 3c. Nach 5 Jahren – 11 Bauchspeicheldrüsen Entzündungen und schwangerschaftsdiabetes 2024, hat meine Drüse nun fast aufgegeben.. Ich bin irgendwie froh diese Schmerzen nicht mehr zu haben, aber merke wie schwer der Alltag wird. denn hinzukommt noch dass ich alleinerziehend bin.
Aktuell komme ich überhaupt nicht klar mit der ganzen Situation, täglich habe ich hunderte Fragen die niemand beantworten kann. Dass ist mehr als verrückt.
Wie habt ihr euch gefühlt in dem Moment als es diagnostiziert wurde?Ich freue mich sehr auf einen netten Austausch und eure Erfahrung.
Liebe Grüße, schönen Abend
Nina 🙂-
wolfgang65 antwortete vor 1 Tag, 13 Stunden
Willkommen Nina, …
da hast du ja sich schon einiges hinter Dir. Wie schaut es bei Dir mit Mutterkindkur aus, auch in hinblick einer Diabetesschulung. Hast du guten Diabetologen, Teilnahme DMP, Spritzt du selber oder Pumpe, auch hier gibt es viele Fragen. Wie sieht es mit Selbsthilfegruppen bei Euch aus. …
Oder Forum? Gerade am Anfang, wo noch alles neu ist, – ist es schon eine tägliche Herausforderung, – da kann es hilfreich sein kleine Ziele sich zu setzen. Dabei finde ich die Aktzeptanz am wichtigsten, oder auch sich selber spritzen zu müssen, oder das Weg
lassen bzw. bändigen des Naschen … etc. Kleine Schritte …Viele Fragen bekommst du auch in eine Diabetes-Schulung beantwortet,
falls noch nicht gemacht, spreche das bei Deinem Diabetologen an!Über weiteren Austausch bin ich auch erfreut, schildere ruhig deine Bausstellen, … doch letztendlich sollte Dein Arzt das beurteilen.
LG
Wolfgang
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swalt postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 3 Tagen, 8 Stunden
Hallo zusammen. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich bin “noch” 59 Jahre, und habe wahrscheinlich seit 2019 Diabetes. Ich würde mir wünschen, endlich angekommen zu sein. Wahrscheinlich seit 2019, weil ich in einem Arztbrief an meinen damaligen Hausarzt zufällig auf den Satz: “Diabetes bereits diagnostiziert” gestoßen bin. Ich habe meinen Hausarzt dann darauf angesprochen und wurde mit “ist nicht schlimm” beschwichtigt.
Lange Rede. Ich habe einen neuen Hausarzt und einen sehr netten Diabetologen, bei dem ich jetzt seit 4 Jahren in Behandlung bin. Ich vertrage die orale Therapie nicht und spritze ICT. Dennoch bin ich in diesem Thema immer noch absoluter Neuling. Natürlich habe ich viermal im Jahr ein Gespräch mit meinem Diabetologen. Das hilft aber im täglichen Umgang nicht wirklich. Auch die anfangs verordnete Schulung war doch sehr oberflächlich und das war es. Ich kenne nicht die Möglichkeiten, die mir zustehen. Ich habe mir alles, was ich zu wissen glaube aus Büchern angelesen. Irgendwie fühle ich mich allein gelassen, irgendwie durchgerutscht. Ich kenne niemanden in meinem Bekanntenkreis, der Diabetes hat und die nächste Selbsthilfegruppe ist über 50 km entfernt.
Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.-
lena-schmidt antwortete vor 2 Tagen, 11 Stunden
Hallo Dia-Newbie 🙂 Schön, dass du den Weg zum Diabetes Anker gefunden hast. Ich bin Lena, die Community-Managerin hier und bis sich ein paar Community-Mitglieder bei dir melden, kannst du die Zeit vielleicht mit diesem Artikel überbrücken (https://diabetes-anker.de/behandlung/behandlung-des-diabetes-diese-buecher-und-materialien-helfen-weiter/). Vielleicht findest du noch wichtige Infos für dich, um deinen Alltag zu vereinfachen. 🙂 Ansonsten findest du beim Diabetes-Anker auch fundiertes Wissen zum Thema ICT von Expert:innen aber auch von Menschen mit Diabetes…Viele Grüße Lena
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