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(Keine) Zeit für Diabetes
3 Minuten

Entweder der Diabetes steht an erster Stelle meiner Prioritätenliste oder an letzter – wenn überhaupt. Entweder behandele ich meinen Diabetes ganz öffentlich oder ich versuche, ihn unsichtbar zu machen. Entweder alle Zeit oder keine Zeit für den Diabetes.
Entweder, oder…
Dieses Phänomen ist mir in meinem Leben nicht fremd. Ich habe lange daran gearbeitet, aus dem Schwarz-Weiß-Denken herauszukommen, wenn es darum geht, Situationen einzuschätzen. Entweder ich mach(t)e etwas gut oder schlecht, mit voller Leidenschaft oder ohne jegliche Motivation. Ich habe mich gebessert. Ich erkenne die Graustufen zwischen Gewinnen und Versagen und kann das Leben dadurch viel besser auf mich zukommen lassen. Was dazu führt, dass es viel mehr „voll in Ordnung“ als „ganz furchtbar“ oder „spitzenklasse“ gibt, und das ist ziemlich entspannend.

Aber bei meinem Diabetes bekomme ich das nicht auf die Reihe. Entweder ich gucke halbstündlich auf meinen Blutzuckerverlauf oder nur dann, wenn es mir schon schlecht geht und ein Wert nicht mehr abzufangen ist. Entweder ich durchdenke 5 Minuten lang, wie viel Insulin ich für die Mahlzeit benötige, und gebe die Menge auf 0,1 Einheiten genau ab oder ich benutze nur den „Quick-Bolus“ an meiner Pumpe und verabreiche irgendwelche Pi-mal-Daumen-Dosen (die grundsätzlich nicht richtig sind).
Es ist, als müsste ich mich entscheiden: Typ-1-Diabetes oder der ganze Rest – ich kann nicht beides managen
Diese Extreme in meinem Diabetes-Management hängen sehr stark von meinem Alltag und meinem Tun ab. Mein erster Impuls war, zu sagen: „davon, wie wohl ich mich (an einem bestimmten Ort) fühle“. Aber diese Erklärung würde im Moment gar nicht passen, denn ich fühle mich gerade sehr wohl. Nur mein Blutzucker ist trotzdem nicht zufrieden. Es ist so: Wenn ich zu Hause und in meinem gewohnten Umfeld bin, gebe ich dem Diabetes viel mehr Raum als woanders. Und zurzeit besteht dieses „woanders“ aus einer fremden Stadt, mehr oder weniger fremden Menschen und einem fremden Tagesablauf. Da findet der Diabetes wenig Platz.
Wie seltsam eigentlich, da sich für mich als Praktikantin vor Ort bei der Blood Sugar Lounge doch ungefähr alles um Diabetes dreht. Es ist auch nicht so, dass ich meinen dabei vergesse oder weniger sensibel gegen Hyper- oder Hypoglykämiesymptome bin. Ich bin nur entweder nicht bereit, mich in dem Moment darum zu kümmern, oder meine Maßnahmen wirken einfach nicht. Denn: andere Lebensumstände, andere Therapiebedürfnisse. Und um diese erst einmal zu erkennen, müsste ich mich ja wiederum sehr genau mit meinem Diabetes beschäftigen. Ein Teufelskreis.
Diabetes-Einstellung: Die Brezel-Edition
Meine zuletzt hart erarbeitete Basalrate ist zumindest hinfällig und da ich die meisten Wege zum ersten Mal gehe und teilweise ganz andere Sachen esse als bei mir im Norden – es gibt hier an jeder Ecke echt gute Brezeln –, kann ich den bevorstehenden Ab- oder Anstieg meines Blutzuckers kaum einschätzen.
Als ich das letzte Mal in einem Büro arbeitete, entglitt mir mein Diabetes auch zusehends. Zu der Zeit habe ich meinen Blutzucker allerdings noch konventionell blutig getestet und für die Insulininjektion jedes Mal den Pen rausholen müssen. Außerdem wollte ich durch den Diabetes nicht auffallen. Diese Gründe sind jetzt alle nicht mehr gegeben: Ein kurzer Blick aufs Handy verrät mir sowohl den aktuellen Zuckerwert als auch die Tedenz, Insulin kann ich ganz leicht über meine Pumpen-Fernbedienung abgeben und das „durch den Diabetes nicht auffallen“-Thema entfällt sowieso.
Es passiert nicht zum ersten Mal
Doch ebenso wie beim letzten Mal beschränkt sich mein Diabetes-Management-Problem nicht nur auf die Arbeitszeit. Sobald ich zurück in der Wohnung bin, habe ich schlicht und ergreifend keine Lust, mich noch um meinen Diabetes zu kümmern. Also greife ich wieder zum undurchdachten „Quick-Bolus“ und bin im selben Moment schon genervt, weil ich weiß, dass das Ergebnis ein wenig später wieder eine Handlung erfordern wird.

Vielleicht brauche ich einfach ein zusätzliches „Diabetes-Gehirn“? So wie man im Sommer doch auch einen extra „Eiscreme-Magen“ hat, in den immer noch etwas hineinpasst, so würde ich gerne nach sämtlichen Aktivitäten noch Konzentration für meinen Diabetes über haben.
Apropos Aktivitäten: Das alles passiert mir nicht nur im Arbeits-Kontext, sondern auch bei Urlauben und bei wichtigen Terminen (selbst am Tag meines Quartalschecks).
Sheela hat mit ihrem Diabetes-Management eine ähnliche Erfahrung gemacht: Sheelas Tagebuch #16 – Verloren in der Arbeitswelt
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hexle postete ein Update vor 21 Stunden, 59 Minuten
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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nina33 postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes Typ 3c vor 4 Tagen, 10 Stunden
Hallo guten Abend ☺️
Ich heiße Nina, bin 33j jung und Mama von drei zauberhaften Mädels.
Und vor kurzem bekam ich die Diagnose Diabetes Typ 3c. Nach 5 Jahren – 11 Bauchspeicheldrüsen Entzündungen und schwangerschaftsdiabetes 2024, hat meine Drüse nun fast aufgegeben.. Ich bin irgendwie froh diese Schmerzen nicht mehr zu haben, aber merke wie schwer der Alltag wird. denn hinzukommt noch dass ich alleinerziehend bin.
Aktuell komme ich überhaupt nicht klar mit der ganzen Situation, täglich habe ich hunderte Fragen die niemand beantworten kann. Dass ist mehr als verrückt.
Wie habt ihr euch gefühlt in dem Moment als es diagnostiziert wurde?Ich freue mich sehr auf einen netten Austausch und eure Erfahrung.
Liebe Grüße, schönen Abend
Nina 🙂-
wolfgang65 antwortete vor 3 Tagen, 19 Stunden
Willkommen Nina, …
da hast du ja sich schon einiges hinter Dir. Wie schaut es bei Dir mit Mutterkindkur aus, auch in hinblick einer Diabetesschulung. Hast du guten Diabetologen, Teilnahme DMP, Spritzt du selber oder Pumpe, auch hier gibt es viele Fragen. Wie sieht es mit Selbsthilfegruppen bei Euch aus. …
Oder Forum? Gerade am Anfang, wo noch alles neu ist, – ist es schon eine tägliche Herausforderung, – da kann es hilfreich sein kleine Ziele sich zu setzen. Dabei finde ich die Aktzeptanz am wichtigsten, oder auch sich selber spritzen zu müssen, oder das Weg
lassen bzw. bändigen des Naschen … etc. Kleine Schritte …Viele Fragen bekommst du auch in eine Diabetes-Schulung beantwortet,
falls noch nicht gemacht, spreche das bei Deinem Diabetologen an!Über weiteren Austausch bin ich auch erfreut, schildere ruhig deine Bausstellen, … doch letztendlich sollte Dein Arzt das beurteilen.
LG
Wolfgang
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suzana antwortete vor 13 Stunden, 13 Minuten
Hallo Nina! Auch von mir herzlich willkommen. Der Antwort von Wolfgang kann ich mich nur anschließen.
Auf jeden Fall eine Mutter Kind Kur beantragen mit Diabetes-Abteilung, dann kannst du dich auf dich Louis’s die Kinder sind versorgt und mit dir. Ich hoffe dass es sowas gibt.
Viel Kraft und Durchhaltevermögen!
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