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Solo-Backpacking – einen Monat unterwegs in Mittelamerika mit Typ-1-Diabetes
4 Minuten
Ich habe lange überlegt, ob ich diese Zeilen schreiben soll, da ich zu dem Typ Mensch gehöre, der seine Diabetes-Erkrankung lieber versteckt und am liebsten gar nicht thematisiert, und es kostet mich immer wieder Überwindung, darüber zu sprechen. Vielleicht aus der Befürchtung heraus, bemitleidet, als krank angesehen oder anders behandelt zu werden.
Aber ich glaube, dass diese Zeilen der ein oder anderen Person Mut machen können. Genauso wie einer meiner Arbeitskolleginnen und mittlerweile sehr guten Freundin vor einigen Jahren, die mit Anfang 30 die Diagnose Diabetes mellitus Typ 1 bekommen hat.

Diabetes ist kein Hindernis!
Das war ein totaler Schock für sie, denn leider stellte einer der behandelnden Ärzte die Diagnose mit einem extrem eingeschränkten Leben gleich und wies sie darauf hin, dass z.B. Reisen und Fliegen so nicht mehr möglich seien – was für ein Quatsch! Solche demotivierenden und angstmachenden Aussagen von einigen medizinischen Fachpersonen kenne ich leider nur zu gut, denn ich habe mit dem 9. Lebensjahr die Diagnose bekommen.
Natürlich bedarf es ein bisschen mehr Vorbereitung und Vorsicht als vorher, aber das sollte doch niemanden daran hindern, zu reisen und neue tolle Erfahrungen zu sammeln! Als ich sie im Krankenhaus besuchte und ihr mitteilte, dass ich ebenfalls Typ-1-Diabetikerin bin, konnte sie das gar nicht glauben. Ich, die schon so viel gereist ist und eigentlich alles macht, was sie will! Sie sagt bis heute, dass ihr mein Besuch im Krankenhaus damals extremen Mut gemacht hat.
Deshalb möchte ich gerne meine Erfahrungen meiner einmonatigen Solo-Backpacking-Reise durch Mittelamerika mit euch teilen.
Backpacking mit Diabetes? Alleine?
Backpacking? Alleine? Mit Diabetes? Durch Mittelamerika? Als Frau? JAAAAAAAAAAA, absolut! Natürlich kostet es ein bisschen Mut und Überwindung, aber das ist ja auch völlig in Ordnung, immerhin verlässt man die eigene Komfortzone und das ist gleichzeitig eine sehr wertvolle Erfahrung, um zu wachsen. Und Diabetes sollte dabei kein Hindernis sein, denn mit einiger Vorbereitung ist eine solche Reise auch problemlos möglich.
Ich spritze das Insulin mit Pens (Humalog und Tresiba) und benutze FreeStyle-Libre-Sensoren.
Da ich mit Letzteren auf einer früheren Reise in Ghana schlechte Erfahrungen gemacht habe, da sie aufgrund der Hitze und hohen Luftfeuchtigkeit nicht gehalten haben, habe ich noch ein Kinesio-Tape zur Fixierung eingepackt. Zudem ein Ersatz-Blutzuckermessgerät, Teststreifen, Pennadeln, Traubenzucker, Ersatzpens und natürlich Insulin. Für mein Insulin kann ich die Kühlbeutel von Frio sehr empfehlen, denn so ist man unabhängig von Kühlschränken und gerät nicht in Panik, wenn es unterwegs mal richtig heiß wird. Damit habe ich bereits auf anderen Reisen sehr gute Erfahrungen gemacht.
Schritt 1: Vorbereitung ist alles
Da ich alleine unterwegs war, habe ich alle Sensoren, Pennadeln, Ersatzgeräte und natürlich das Insulin, das ja immer im Handgepäck transportiert werden muss, in meinen kleinen Tagesrucksack gepackt, den ich die ganze Zeit bei mir im Flugzeug hatte, denn der große Backpack im Aufgabegepäck kann ja immer wegkommen oder später am Zielflughafen ankommen.
Ich benutze auf Reisen oft eine schmale Bauchtasche, die ich unter der Kleidung tragen kann, um hier ein bisschen Geld und jeweils eine Insulin Ampulle zu verstauen, damit ich noch versorgt bin, sollte es wirklich mal hart auf hart kommen.
Für mich war es außerdem auch sinnvoll, vorab mit meiner Diabetologin zu sprechen, um z.B. eine aktuelle Flugbescheinigung, die man auf jeden Fall dabeihaben sollte, zu bekommen und auch über Themen wie Insulinanpassung in Bezug auf die Zeitverschiebung zu sprechen.
Mitten in der Nacht startete ich also Ende Februar meine Reise ins Abenteuer, mit jeder Menge Gepäck und darunter auch einer großen Portion Aufregung.
Die Aufregung legte sich aber schon bald, nachdem ich bereits den ersten netten Kontakt im Flugzeug hatte. Es wurde eine Reise voller toller Erlebnisse, Begegnungen und einmaliger Natur. Von einzigartigen Stränden bis Dschungel war alles dabei und ich hatte das Gefühl von kompletter Freiheit.

Nach 2 Wochen Panama wurden meine Vorräte allmählich weniger, wodurch ich mehr und mehr Platz für schöne Souvenirs im Rucksack hatte und mit leichterem Gepäck nach Costa Rica reisen konnte.
Schaffen die Dia-Gadgets das?
Erstaunlicherweise haben auch die Sensoren trotz extremer Hitze gut gehalten und sind nicht vorher abgefallen! Ich bin wirklich sehr dankbar für diese tolle Technik!
Das Einzige, was ich zu wenig dabeihatte, waren Traubenzucker, denn die gab es vor Ort nicht zu kaufen und es war ein bisschen nervig, die ganze Zeit eine Cola-Flasche mitzutragen, die sich ja nicht so gut verstauen lässt wie kleine Traubenzucker – aber man lernt ja auf jeder Reise dazu. 😉
Meine Learnings beim Reisen mit Typ-1-Diabetes
Was ich vor allem gelernt habe und täglich übe, ist, achtsam mit meinem Körper zu sein und gleichzeitig den Moment zu genießen, ohne dabei mit Ängsten vor der Zukunft umgeben zu sein.
Ich möchte anderen Menschen mit Diabetes Mut machen, sich zu trauen, ins Unbekannte aufzubrechen und neue Erfahrungen zu sammeln, denn es lohnt sich! 😊

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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 5 Tagen, 11 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 6 Tagen, 8 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 6 Tagen, 7 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike