Reform der Klinikversorgung: Haben Kinder und Ältere mit Diabetes das Nachsehen?

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Reform der Krankenhausversorgung – Haben Kinder und Ältere mit Diabetes das Nachsehen?
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Reform der Klinikversorgung: Haben Kinder und Ältere mit Diabetes das Nachsehen?

Qualität vor Wirtschaftlichkeit: Die Deutsche Diabetes Gesellschaft begrüßt die Vorschläge zur Reform der Krankenhausversorgung, die der bisherigen Kommerzialisierung in der Medizin einen Riegel vorschieben will. Allerdings müsse die Versorgung besonders vulnerabler Gruppen wie Kinder und multimorbider, älterer Patienten besser berücksichtigt werden.

Jeder fünfte Patient im Krankenhaus hat Diabetes. Die Stoffwechselkrankheit ist eine der häufigsten Diagnosen bei stationär behandelten Patienten und muss professionell behandelt werden. Das geht laut Deutscher Diabetes Gesellschaft (DDG) nur, wenn sich das auch auf allen drei Versorgungsstufen widerspiegelt, die das Reformpapier des Bundesgesundheitsministers und der Regierungskommission jetzt vorsieht: Krankenhäuser der Grund- bzw. Basisversorgung, der Regel- und Schwerpunktversorgung sowie Maximalversorger wie Universitätskliniken. „Alle Krankenhäuser in Deutschland müssen eine versorgungsstufenadaptierte qualifizierte Diabetesexpertise vorhalten“, fordert Professor Dr. Andreas Fritsche, Vizepräsident der DDG.

Im Rahmen eines parlamentarischen Abends mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik führte der Experte die Vorschläge weiter aus. In Kliniken der Basisversorgung sollte mindestens ein stationär beschäftigter oder ein kooperierender niedergelassener Diabetologe verfügbar sein. In der Regelversorgung muss die Klinik mit einem angestellten Diabetologen in Führungsverantwortung sowie entsprechendem Diabetesfachpersonal ausgestattet sein. Und in der Maximalversorgung sind eigenständige diabetologische Fachabteilungen rund um die Uhr vorzuhalten.

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„Einrichtungen mit diabetologischen Strukturen sollten finanzielle Zuschläge, Einrichtungen ohne diese Strukturen finanzielle Abschläge erhalten“, fordert Prof. Fritsche. Allerdings müssen für die Umsetzung dieses Vorhabens auch personelle Kapazitäten aufgebaut werden. Das werde jedoch schwierig, weil nach den bisherigen Plänen kein zusätzliches Geld ins System fließen wird. Außerdem fehlt gerade in der Diabetologie der Nachwuchs. „Wir befürchten, dass mit den bisherigen Vorschlägen die stationäre Diabetologie weiterhin ausblutet und damit die ohnehin bedrohte Versorgung der vielen Menschen mit Diabetes prekär wird“, warnt Fritsche.

Junge und ältere Patienten mit Diabetes benötigen besondere Versorgung

Als Leidtragende sieht die DDG insbesondere vulnerable Gruppen. Nämlich Kinder und Jugendliche mit Diabetes sowie ältere Patienten, die häufig an mehreren chronischen Krankheiten leiden. „Diese beiden Patientengruppen benötigen im Krankenhaus eine besondere medizinische Versorgung, die auch genug Raum für das Gespräch lässt – mit den Patienten, aber auch mit den Angehörigen“, betont Professor Dr. Monika Kellerer, Past-Präsidentin der DDG. Die Sprechende Medizin werde jedoch auch in dem jetzigen Reform-Vorhaben weder erwähnt noch gestärkt. „Wir müssen aufpassen, dass nicht wieder neue finanzielle Anreize entstehen, die zum wiederholten Male nicht das Patientenwohl in den Mittelpunkt rücken“, so Prof. Kellerer.

Ein weiteres Anliegen der Reform ist es, die Sektorengrenzen zwischen ambulant und stationär zu überwinden. „Ein Vorhaben, das wir schon lange fordern und grundsätzlich begrüßen“, betont die Past-Präsidentin. Doch schon heute findet ein Großteil der diabetologischen Versorgung im ambulanten Sektor statt. Wenn nach dem Reformvorhaben künftig noch mehr Patienten in der hausärztlichen bzw. fachärztlich-ambulanten Versorgung betreut werden sollen, würde das den bereits heute spürbaren Fachkräfte-Mangel verschärfen. Denn während die Zahl der Menschen mit Diabetes kontinuierlich steigt, sinkt die Zahl der Diabetologen. Die Expertin warnt: „Der ambulante Sektor wird den großen Versorgungsbedarf nicht auffangen können – noch dazu, wenn aus den Kliniken noch mehr Fälle dort zu behandeln sind. Die Versorgung in der Diabetologie kann nur sichergestellt werden, wenn die stationäre Diabetologie gestärkt wird.“

Reform der Krankenhausversorgung – dringend notwendig, aber noch viel zu tun

Eine Reformierung der Krankenhausversorgung ist laut DDG dringend notwendig. Es müsse jedoch noch viel Detailarbeit umgesetzt werden. Die Vorhaben des Reformpapiers können daher nur erfolgreich sein, wenn systematisch in Strukturen und Personal, vor allem in eine breite Präsenz der Diabetologie in den Kliniken investiert wird. „Wir wollen seitens der Diabetologie die Konvergenzphase nutzen, um unsere Empfehlungen einzubringen, so dass die Reform wirklich zu einer Revolution im Sinne der Patient:innen wird – und zwar aller“, so Prof. Kellerer.

Qualität vor Wirtschaftlichkeit! DDG-Vorschläge zur Reform des Systems der Diagnosebezogene Fallgruppen (DRG-System)

▶ Alle Krankenhäuser in Deutschland brauchen eine versorgungs­stufen­adaptierte qualifizierte Diabetes-Expertise!

Versorgungsqualität muss sich lohnen! Krankenhäuser mit Diabetes­behandlungs­strukturen sollten finanzielle Zuschläge erhalten. Einrichtungen ohne diabetologische Expertise finanzielle Abschläge.

Vulnerable Gruppen schützen! Kinder oder multimorbide ältere Patienten mit einem Diabetes brauchen besondere Pflege und zeitintensive ärztliche Betreuung. Das muss im DRG-System kostendeckend abgebildet sein.

Pflegeuntergrenzen auf den Prüfstand! Die Leistungen von Diabetesberatern und Diabetesassistenten müssen bei der Berechnung der Pflegeuntergrenzen in die Kalkulation mit einfließen.



von Redaktion Diabetes-Anker

mit Materialien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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