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Insbesondere Menschen mit Typ-2-Diabetes sind immer wieder auf der Suche nach der für sie passenden und auf Dauer praktikablen Ernährungstherapie. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass es nicht die einzig allein gültige Empfehlung gibt, sondern dass diese nach Möglichkeit individualisiert sein sollte. Dr. Astrid Tombek (Diabetes Zentrum Mergentheim) hat dazu die Berliner Ernährungsmedizinerin Professor Dr. Diana Rubin befragt.
Professor Dr. Diana Rubin ist Leiterin des Zentrums für Ernährungsmedizin der Vivantes Kliniken Berlin. Sie behandelt Menschen mit ernährungsabhängigen Erkrankungen wie Diabetes, Mangelernährung und chronischen Magen-Darm-Erkrankungen. Außerdem ist Professor Rubin wissenschaftlich tätig im Bereich Nutrigenetik (Forschung über Zusammenhänge zwischen Ernährung und Genen) und Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin. |
Dr. Astrid Tombek: Frau Professor Rubin, verstoffwechseln Menschen Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett unterschiedlich?
Prof. Dr. Diana Rubin: Wir wissen, dass die Verwertbarkeit von Nährstoffen individuell sehr unterschiedlich sein kann. Jedoch kann man dieses Phänomen bisher wissenschaftlich nicht so eingrenzen, dass man Personen verschiedenen Ernährungstypen zuordnen kann. Hinweise aus der Praxis gibt es zudem im Bereich der Sättigung. Hinzu kommt, dass kulinarische Vorlieben der Menschen individuell sind.
Tombek: Welche Rolle spielen die Gene bei der Verwertung der Nährstoffe?
Rubin: Die genetische Ausstattung spielt eine erhebliche Rolle. Dazu gab es in der Vergangenheit verschiedene Zwillingsstudien. Auch die sogenannte Epigenetik – also die erworbene Genetik, beispielsweise die Vererbung des Kindes durch Essgewohnheiten der Mutter in der Schwangerschaft, spielt eine Rolle. Das Fachgebiet Ernährung und Gene heißt Nutrigenetik. Jedoch sind die Wissenschaftler noch nicht so weit, dass sie unterschiedliche genetische Ernährungstypen benennen können. Deshalb gibt es derzeit noch keine individualisierten Ernährungsempfehlungen, wie es sich Betroffene und Laien vorstellen.
Tombek: Welche Rolle spielen die Gene bei der Entwicklung von Übergewicht?
Rubin: Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass Übergewicht und Diabetes Typ 2 vererbt werden. Dazu wurden verschiedene Genmutationen identifiziert. Allerdings ist die Vererbung komplexer als nur die Mutation eines Genes. Wir wissen von Hunderten möglichen Risikokombinationen. Des Weiteren spielt das erlernte Verhalten ebenso eine große Rolle.
Tombek: Wie stehen Sie zu den Angeboten von bestimmten Unternehmen, bei denen man sein Erbgut sequenzieren lassen kann?
Rubin: Da es aktuell keine wissenschaftlich begründeten maßgeschneiderten Ernährungsempfehlungen gibt, sind diese Angebote kritisch zu sehen.
Tombek: Welche Ernährung ist günstig bei Diabetes? Was meint dann individualisierte Ernährungsempfehlung?
Rubin: Da Ernährung ein wichtiger Therapiebaustein bei Typ-2-Diabetes ist und lebenslang durchgeführt werden muss, sollte die Empfehlung zu einem persönlich passen. Es ist wichtig, nur so viele Kalorien zu essen, wie man benötigt, und möglichst viele Ballaststoffe zu essen. Um dies dauerhaft durchführen zu können und dabei satt zu werden, muss das Essen schmecken. D. h. einer kann nicht auf Kohlenhydrate verzichten, dem anderen fällt dies leicht. Die Ernährungsberatung im Rahmen der Diabetesschulung kann helfen, das gut herauszuarbeiten.
Tombek: Frau Professor Rubin, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Interview: Dr. oec. troph. Astrid Tombek |
Leiterin Diabetes- und Ernährungsberatung, Diabetes Zentrum Mergentheim, Theodor-Klotzbücher-Straße 12, 97980 Bad Mergentheim, E-Mail: tombek@diabetes-zentrum.de |
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2020; 69 (4) Seite 18-19
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