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Das Echt essen-Gasthaus im September: Ein beliebtes Ausflugsziel ist das idyllisch im Westerwald gelegene Kloster, wo aber gottseidank keine beliebige Ausflugsküche serviert wird.
Schon die Fahrt ist eine kleine Urlaubsreise: Mehrfach überquert der Zug die malerische und erfreulich naturbelassene Sieg, die gegenüber von Bonn in den Rhein mündet. In Au startet dann die „Hessische Landesbahn“ in den wild-romantischen Westerwald, wo nach rund zehn Minuten der Halt „Kloster Marienthal“ wartet. Von dort mäandert ein kurzer, hungrig machender Weg auf einen kleinen Hügel, wo im Tal das prächtige ehemalige Franziskanerkloster grüßt, das dem Erzbistum Köln gehört, und wo eine erfreuliche Gastronomie lockt.
Schlemmen, wo früher Franziskaner beteten: Marienthal
Wie ich auf diesen idyllischen Ort komme? Weil hier ein wunderbarer Koch wirtet, den ich seit Jahrzehnten kenne. Mit Uwe Steiniger habe ich für den Kirchheim-Verlag unzählige Kochevents ausgerichtet, bei denen er mein Konzept einer Küche, die genussvoll gesund macht, kongenial umgesetzt hat. Egal, wie ausgefallen meine Wünsche waren, er hat immer eine Lösung gefunden. Egal, wie hibbelig und nervös ich war, immer hat er mit seiner in sich ruhenden Persönlichkeit eine wohlige Atmosphäre geschaffen. Er findet genau den richtigen Ton zwischen dialektsicherer rheinischer Fröhlichkeit und fundierter Aufklärung über die Produkte. Wo er vorträgt, lauschen die Leute gespannt.
Vegan und trotzdem wohlschmeckend: Kürbissuppe
Eine grundsolide Ausbildung zum Küchenmeister und Diätkoch bildet die Basis für diese Vielseitigkeit. Wobei er sich immer ein feines Händchen für den letzten Pfiff eines Gerichtes bewahrt hat. Das beweisen zum Auftakt zwei Scheiben Roastbeef mit einer raffinierten Kumquat-Kugel. Das beweist die vegane Kürbissuppe, die elegant mit Kokos und Kernöl abgeschmeckt ist – und eine optische Augenweide ist, die ihre 5,50 Euro allemal wert ist.
Veredeln den frischen Salat: Zwei exzellente Dressings
Alles und alle kennt Uwe Steiniger hier im Westerwald, wo es die gute Küche schwer hat – aber er hat als unermüdlicher Kämpfer für das Gute seit 2016 im ehemaligen Franziskanerkloster ein kleines kulinarisches Wunder geschaffen, wie ich mich an einem herrlichen Sonntag Nachmittag überzeugen konnte. Locker draußen gestellte Tische und Bänke laden zum Essen, oder auch nur zum Trinken ein. Wenn’s wieder kühler wird, wartet Drinnen ein gemütlicher Gewölbekeller.
Skeptisch reagiere ich auf den Salat, wo sich topfrische Blätter, fein geschnittene Paprika, Karotten, Gurken, Pilze, aber auch schwarze Johannis- und Blaubeeren ein Stelldichein geben. Wer soll diese Melange amalgieren? Es sind zwei wirklich exzellente Saucen, die alles prächtig balancieren; zum einen ein Himbeer-Balsamico-Dressing, zum anderen ein Honig-Senf (ja, das passt!) Dressing. So wohl schmeckend ist das, dass ich begierig die Saucen zum herrlichen, selbst gebackenen Brot löffle. Ein Hochgenuss für 12,50 Euro.
Fitte Vitamine für das Kürbis-Ragout: Sprossen
Ein Händchen auch für Menschen hat Uwe Steiniger, der statt wie andere Gastronomen über den Fachkräftemangel zu jammern, lieber selbst ausbildet und bei seinen vier Azubis auch auf höfliche Umgangsformen achtet, denn wir werden von selbstbewussten, aber freundlichen jungen Leuten bedient.
Die bringen als nächstes ein Ragout mit dreierlei Kürbis, nämlich Butternut, Hokkaido, Muskat. Die Stücke sind bissfest, aber nicht zu weich gegart, werden begleitet von angerösteten Spätzle und Pilzen – und alles schwimmt in einer aromatischen, aber auch kräftigen Sauce. Dafür werden 14,40 Euro aufgerufen – und es empfiehlt sich, nach dem Essen in der wunderschönen Landschaft noch einen tüchtigen Spaziergang einzulegen.
Zwei Elemente, ein Genuss: Kartoffelgratin, Rumpsteak
Auf den perfekten Punkt gebraten ist das Rumpsteak vom Angus-Rind, das ein eleganter Kirsch-Pfeffer-Jus und ein feines Kartoffel-Gratin begleiten, und alles kostet korrekte 24,80 Euro. Das ist ein herausforderndes Stück Fleisch, das mir normalerweise zu viel ist, hier schmeckt es aber so gut, dass ich alles verputze.
Koch und Macher: Uwe Steiniger
Immer sehe ich Uwe Steiniger herumflitzen, und als er sich kurz zu uns setzt, weiß ich auch warum: Er bewirtet gleichzeitig noch zwei Gesellschaften mit insgesamt fast hundert Leuten. Ja, das ist schon aller Ehren wert, wie es ihm in dieser nicht einfachen Lage gelungen ist, eine wirtschaftlich erfolgreiche Mischung aus viertägigem Gastrobetrieb und Bankettgeschäft zu etablieren – wozu er auch noch die Kantine eines hochwertigen Getränkeherstellers führt. Die großzügigen Räume der weitverzweigten Anlage eignen sich hervorragend für Hochzeiten, weil es praktischerweise auch ein Standesamt und eine Kapelle gibt. Aber auch Tagungen gelingen hier glänzend – und höchst empfehlenswert sind die launigen Kochkurse des Meisters.
Schauplatz eines Open Air-Karnevals: Bühne
Wie er die Schließung des Gasthauses verkraftet hat, frage ich? Nun, Uwe ist ein Macher, er hat immer eine Idee: Schon bald hatte er einen Food-Wagen – und verkaufte höchst erfolgreich an die dankbaren Ausflügler Getränke und Würste. Bald hatte er eine noch bessere Idee: Mit Sponsoring-Hilfe der örtlichen Sparkasse organisierte er eine Bühne, stellte davor Bänke auf. Erst orgelten da begabte Laien, Jäger mit ihren Jagdhörnern. Bald aber kamen renommierte Kölner Karnevalsbands wie „Domstürmer“ und „Klüngelköpp“. Sogar ein berühmter Event-Manager aus der Domstadt wurde gesichtet, der staunend beobachtete, wie hier in der vermeintlichen Provinz mit Abstand anständig gefeiert wird.
Allen Grund zum Staunen hat der Mann, denn am 14. November gibt es hier einen zünftigen Open Air-Karneval. Er kann’s halt, der Uwe!
Fazit: Endlich einmal eine Ausflugsgastronomie mit Niveau, die den Weg ins lauschige Tal lohnt.
Achtung: Es gibt mehrfach Kloster Marienthal. Bestens gegessen wird in dem im Westerwald. Und die Bahn hält in „Kloster Marienthal“ nur bei Bedarf. Einfach schon in Au/Sieg dem Lokführer Bescheid geben.
Öffnungszeiten: Von Donnerstag bis Sonntag geöffnet. Die genauen Zeiten stehen auf der einladenden Homepage
Kontakt: 02682/966 0 966, www.klostergastronomie-marienthal.de
ECHT ESSEN
heißt der Blog, in dem ich seit zehn Jahren jeden Monat mindestens ein Gasthaus vorstelle. Wichtiges Auswahlkriterium: Herkunft der Produkte.
von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
Internet: www.lauber-methode.de
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