Osteopathie: Voodoo oder Wohltat?

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Osteopathie: Voodoo oder Wohltat?

Als Wunderheiler gelten die Osteopathen. Hans Lauber hat nach eigenen Erfahrungen erst einmal den Glauben an Wunder verloren.

Das Knie. Es schmerzt. Es schmerzt seit vier Monaten. Seit ich beim Joggen am Bodensee auf feuchten Blättern ausgerutscht bin. Sofort war das rechte Knie dick geschwollen. Mühsam humpelnd kam ich gerade noch nach Hause. „Das wird“, sagten mir beschwichtigend Ärzte, die ich fragte. Es wurde auch. Die Schwellung ging nach einigen Wochen zurück, ich konnte praktisch wieder normal laufen. Nur: Über längere Zeit sitzen, wo ich das Bein nicht ausstrecken kann, bereitet höllische Schmerzen.

Also, vor einigen Wochen auf Empfehlung eines Freundes einen Orthopäden in Köln angerufen. „Mein Knie schmerzt“, sagte ich. „Wo sind sie versichert?“ war die Antwort. Auf meine ehrliche Auskunft bei einer gesetzlichen Kasse kam in spitzem Ton: „Da kann ich einen Termin in fünf Wochen anbieten“ – und der sofortige freundlichere Zusatz: „Wir haben aber auch die Möglichkeit einer privatärztlichen Abrechnung“, soll heißen: Gegen Bares gibt es einen schnellen Termin. Wollte ich aber nicht, stattdessen rief ich einen von einem anderen Freund empfohlenen Osteopathen im Kölner Umland an.

Können die Zähne Schmerzen auslösen?

Klare Verhältnisse hier, eine Privatpraxis, also selbst zahlen. Dafür war ich schon zwei Tage später bei dem knapp 50jährigen, der eine klassische medizinische Ausbildung hat (aber keinen Dr. med.), in vielen orthopädischen Praxen tätig war. Sportlicher Typ, Praxis modern, aber nicht üppig eingerichtet, mit Blick in einen Wald. Auffallend: Eine große medizinische Zeichnung, welche die Korrelation zwischen einzelnen Organen und Zähnen zeigt. Da erinnerte ich mich, dass mein Freund mit seiner gereizten Achillessehne hier schnelle Heilung erfahren hat, weil ihn der Osteopath auf einen entzündeten Zahn aufmerksam machte. Kaum war der Zahn saniert, schmerzte die Sehne auch nicht mehr. Ein Wunder. Darauf hoffte ich auch.

Bemerkenswert: Geschlagene knappe zwei Stunden dauerte die Untersuchung, meistens Übungen mit den Beinen. Ausführlich erläuterte der sympathische Mann die Zusammenhänge zwischen einzelnen Körperteilen, etwa dass Schmerzen nur Symptome für Ursachen an einer ganz anderen Stelle sein können; dass sie etwa von den Zähnen kommen. Die hatte der Mediziner auch bei mir stark im Verdacht. Immer wieder machte er Versuche, wo er das Knie mit einzelnen Zähnen in Verbindung brachte, wobei ich die fraglichen allerdings schon vor Jahrzehnten bei einem Unfall verloren hatte. Macht aber nichts, ich sollte einfach bei meiner Brücke auf die fraglichen Zähne drücken – schon jubelte der Doc, dass das Knie viel widerstandsfähiger sei.

Wenn ein Medikament „von außen“ über die Bioresonanz wirkt

Faszinierender noch eine andere Übung: Weil sich in meinem Bauch wohl Parasiten tummeln, was er durch das Abtasten der Bauchdecke herausgefunden hat, bekam ich ein Mittel dagegen in die Hand. Das musste ich fest drücken „und über die Bioresonanz“, so der Medizinmann, würde es wirken, was er mir damit demonstrierte, dass jetzt plötzlich wieder Kraft im Bein sei, dem allerdings wohl durch das wehe Knie die Muskeln im Unterschenkel ziemlich abhanden gekommen seien – was mich wunderte, kann ich doch immer noch eine runde Stunde joggen.

„Das kommt jetzt vielleicht wie Voodoo daher“, sagte der Doc plötzlich, als er mein wohl auch skeptisches Gesicht sah. Ja, ein wenig kam es mir so vor, aber prinzipiell bin ich derartigen vernetzten Ansätzen gegenüber sehr offen. Wobei, Wunder gibt es sicher immer wieder, aber selten auf Bestellung.

Eine Gebißschiene für den „Beißer“

Nun gut, was war die Empfehlung? Ein selbst bezahltes Mittel gegen die Parasiten, was ich einnahm, und was mich hoffentlich von den bösen Geistern befreit hat. Dann die dringende Empfehlung an meinen Zahnarzt, mir eine Aufbißschiene anzufertigen, damit ich endlich aufhöre, durch ewiges Knirschen meine wenigen Zähne ganz wegzubeißen. Da ist sicher was dran, denn die aufreibenden Jahre im Streit um meine Diabetes-Bücher haben wohl dazu geführt, dass ich den Ärger in mich hineinfresse – und dann „wegbeiße“. Die Schiene ist auf meine Kosten angefertigt, und ich hoffe, sie wirkt. Dass sie den Druck vom Gebiss auf meine Knochen mindert, irgendwann jedenfalls, irgendwie langfristig. Außerdem warnte mich der Doc vor „dem Leichengift abgestorbener Zähne“, empfahl dagegen eine teure Blutuntersuchung. Erst einmal ließ ich bei einem mir bekannten Arzt aber den allgemeinen Entzündungsparameter CRP messen, der wohl „keinerlei Auffälligkeiten“ zeigt. Also wird es, denke ich, mit dem Leichengift schon nicht so schlimm sein.

Was sonst? Erst einmal eine Rechnung über korrekte 150 Euro, die ich selbst bezahle. Außerdem konsultierte ich eine erfahrene Physiotherapeutin in der Nähe von München. Auch sie glaubt nicht, dass direkt im Knie was ist, vermutet einen „Stress“ von dem Joggingunfall im Oberschenkel, dessen Muskel „zumache“. Von Problemen mit der Muskulatur im Unterschenkel kann sie nichts erkennen, sie macht Lockerungsübungen im Oberschenkel.

Passt das Leiden zur Diagnose, wird alles gut

Mein Eindruck: Der Osteopath hat einen interessanten Ansatz. Aber mir scheint, dass diejenigen Patienten bei ihm am besten aufgehoben sind, deren Leiden zu seinem Ansatz passen, ansonsten ist es nur halb befriedigend. Gerne hätte ich meine Eindrücke durch weitere Besuche vertieft; hätte gerne gewusst, was bei der Osteopathie überwiegt: Voodoo oder Wohltat? Aber meine kleine Rente erlaubt mir solche Experimente leider nicht.

Und das Knie? Es schmerzt weiter. Nicht mehr so stark und nur in bestimmten Konstellationen. „Vielleicht ist doch was am Meniskus“, glaubt einer der Ärzte, mit denen ich im Diabetes-Bereich arbeite. Vielleicht, aber das würde die Konsultation bei einem missmutigen Orthopäden erfordern, der einen Hau auf Kassenpatienten hat. Also lieber Arnikasalbe auftragen, über die es in meinem Buch „TDM Traditionelle Deutsche Medizin“ heißt: „Wirkt vor allem bei stumpfen Verletzungen“.

Jetzt hoffe ich nur noch, dass mein Knie das Buch auch gelesen hat.


von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de

Website: www.lauber-methode.de

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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