„Wolfs Junge“: Jetzt-bürgerlich

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© Hans Lauber
„Wolfs Junge“: Jetzt-bürgerlich

Das Echt essen-Gasthaus im Juli: Sebastian Junge hat den Zeitgeist begriffen: In seinem Restaurant vereint er bestes Kochhandwerk mit einheimischen Zutaten – vieles selbst angebaut.

Viele trauern der gut bürgerlichen Küche nach. Doch es naht Hoffnung: Eine junge Generation von Köchen setzt die Tradition, modern interpretiert, in die Jetztzeit fort. So in Köln das „maiBeck“ oder in Hamburg nahe der berühmten Außenalster seit bald zwei Jahren „Wolfs Junge“. Wobei der Name auf den Vornamen vom Vater des Kochs anspielt.

© Wolfs Junge GmbH | Bei schönem Wetter auch Draußen: „Wolfs Junge“

Eine vorbildliche Ausbildung hat Sebastian Junge durchlaufen: Lehre im Hamburger Traditionshotel Vier Jahreszeiten, viele Kochstationen, etwa in Australien und auf dem Biogut Wulksfelde – sowie Küchenchef im „Kleinen Jacob“, der „Filiale“ des berühmten Louis C. Jacob. Genau so wichtig waren aber auch Praktika auf Biohöfen, in Käsereien, in Fleischereien sowie ein Lehrgang bei der ersten Slow Food Youth Akademie in Deutschland. Damit hat sich der sympathische Koch ein breites Netzwerk geschaffen, um auf beste Produkte aus dem Umland zugreifen zu können.

Solides Holz, dezente Eleganz: Gastraum

Gekrönt wird dieses Engagement von einem eigenen Gemüsefeld mit 20 Sorten bei der renommierten demeter-Gärtnerei Sannmann in Ochsenwerder vor den Toren der Hansestadt. So kann das elegant-moderne Restaurant mit seinen bequemen Stühlen frischestes Gemüse anbieten. Gleichzeitig weiß die Crew, die am Dienstag, Donnerstag und Samstag in der Gärtnerei ist, wie die anspruchsvollste ökologische Wirtschaftsweise, nämlich die biologisch-dynamische, funktioniert. Auf diese Weise führt „Wolfs Junge“ eine der besten Traditionen der gut bürgerlichen Küchen fort, nämlich die Herstellung eigener Lebensmittel.

Krönt ein Tomatenbett: Handgemachter Ziegenkäse

Gastfreundliche 62 Euro kostet das Fünfgang-Menü, wobei die angebotene Weinbegleitung ebenfalls günstige 40 Euro kostet. Selbstredend selbst gebacken ist das kräftige Brot, plus eine süchtig machende selbst aufgeschlagene Butter. Vom „herzhaften Einstieg“ ist mir eine Entenpâtée in bester Erinnerung geblieben. Erinnernswert auch im ersten Gang der handgemachte Ziegenkäse, der auf einem Bett von süßsauer eingelegten Tomaten ruht – und alles ist umgeben von einer Olivenöl-Emulsion, dezent angesüßt mit Ahornsirup.

Sanft gegart in Nußbutter: Steinbeißer

Als Höhepunkt des Menüs entpuppte sich der „Fang des Tages“, ein perfekt in Nußbutter gegartes Stück vom Steinbeißer, ein Süßwasserfisch, der kaltes Wasser liebt – und mit schön machendem Vitamin B und Knochen stärkendem Phosphor punktet. Süß-sauer eingelegte Gurke und eigener Joghurt geben dem feinen Fisch einen frischen Kick. Ein kongenialer Begleiter ist der ausdrucksstarke Sauvignon Blanc vom kleinen Loire-Familienweingut Paul Thoma. Ausgesucht hat den Wein der souveräne Serviceleiter Sascha Ureidat, der vorher in namhaften Häusern, etwa dem Louis C. Jacobs, Gastgeber war. Er verkörpert eine feine hanseatische Noblesse, die sich wohltuend unterscheidet von dem teilweise reißerischen Gehabe entsprechender Lokale in Berlin.

Adeln den Bauerngockel: Ingwer und Sesam

Ein „Bauerngockel“ war als nächster Gang annonciert – und es wurden auch Brust und Keule angekündigt von „einem ganzen Tier“, wie der Service zu recht stolz versprach. Tja, irgendwie dachte ich dabei an ein schönes, saftiges Stück, aber hier war es eine Zubereitung, die etwas kleinteilig daherkam und fein mit Sesam gewürzt war. Dazu passten gut die mit Ingwer gewürzten Fermente. Sicher, das war handwerklich perfekt, aber ich hatte halt eine andere Erwartungshaltung.

Voll erfüllt werden aber alle Erwartungen bei der beeindruckenden Liste mit den Lieferanten. Die meisten aus der Umgebung, die meisten sind kleine Betriebe, die meisten arbeiten ökologisch, was erfreulicherweise nicht weiter ideologisch thematisiert wird; es ist hier einfach selbstverständlich. Das ist alles schon äußerst zukunftsträchtig. Wobei mich ein Betrieb besonders interessiert: „Arne Bläsling Elbwild“, der „weidegeschossenes Rindfleisch“ anbietet – eine besonders stressfreie Schlachtmethode. Da möchte ich gerne einmal vorbei gehen.

Begeisternder Wein von der Rhone: Vacqueyras Perrin

Sehr interessant sind die von Sascha Ureidat ausgewählten Weine, die ausnahmslos gut mit den Gerichten harmonieren. Mir sind sie nur teilweise ein wenig zu stark auf den hanseatischen Geschmack abgestimmt, der es gerne auch einmal etwas süßer mag. Aber es gibt ja auch noch eine klug kompilierte Weinkarte mit sehr bezahlbaren Tropfen, etwa einen Grünen Veltliner für 32 Euro vom österreichischen Kultweingut Ott.

Voll begeistert hat mich der rote, Grenache-basierte Vacqueyras „Les Christins“ vom Weingut Perrin, den ich mir besorgen werde. Serviert wurde er zum Hauptgang, bestehend aus zwei dicken Scheiben von der Ente, aromastark begleitet von einem eingekochten Jus und der Keule als raffiniertem Confit, plus knackigen Bohnen und Zucchini. Ein wunderbares Gericht, das noch besser gemundet hätte, wäre das Fleisch etwas länger gereift gewesen.

Kein Spielverderber für einen schönen Abend: Rechnung

Wohl abgerundet wurde das Menü von einem feinen Dessert aus Erdbeere, weißer Schokolade und Rahm – begleitet von einer natürlich süßen, aber natürlich auch großartigen 2018er Beerenauslese vom Vorzeigeweingut Dreissigacker aus dem rheinhessischen Bechtheim. Gut gesättigt war ich mit meinen Freunden, sodass uns der Sinn nach einem kräftigen Kümmel stand, der seine helfenden Kräfte auf das Vortrefflichste entfaltete.

Freude macht der Abend in diesem angenehmen Restaurant – und die Freude hält auch beim Blick auf die Rechnung an. Sicher, es ist nicht billig, aber für das Gebotene sehr angemessen. Wir sind sicher, dass es nicht unser letzter Besuch in der sehenswerten Zimmerstraße im noblen Uhlenhorst war.

Fazit: Hanseatische Gediegenheit trifft auf ein zukunftsträchtiges Konzept mit besten heimischen Produkten. Sternverdächtig!

Tipp: Ein ähnliches Konzept mit vielen Produkten aus der Umgebung verfolgt das Hamburger Gasthaus „Hobenköök“ (www.hobenkoeoek.de). Es wird geführt von Thomas Sampl, den ich vor einigen Jahren schon einmal vorgestellt habe, damals im „Vlet“.

„Wolfs Junge“


Adresse: Zimmerstraße 30, 22085 Hamburg

Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag mittags von 12 bis 14 Uhr und Dienstag bis Samstag von 18 Uhr an geöffnet

Kontakt: 040 – 40 209 651 57. Es lohnt ein Blick auf die Lust machende und sehr informative Site www.wolfs-junge.de



ECHT ESSEN
heißt der Blog, in dem ich seit zehn Jahren jeden Monat mindestens ein Gasthaus vorstelle. Wichtiges Auswahlkriterium: Herkunft der Produkte.



von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de

Internet: www.lauber-methode.de

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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