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Arzneimittel sollen nützen, nicht schaden. Genau das kann aber passieren, wenn sie falsch angewendet werden oder es zu Wechselwirkungen kommt. Deshalb bieten Apotheken einen Arzneimittel-Check an.
Wir wünschen uns in allen Lebensbereichen das größtmögliche Maß an Sicherheit – im Verkehr, in der Luftfahrt, bei Lebensmitteln und natürlich auch bei der Therapie von Erkrankungen. Durch qualitätssichernde Maßnahmen werden immer wieder mögliche Fehlerquellen entdeckt und vorbeugende Prozesse eingeführt, um mehr Sicherheit zu erzielen.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat 2007 einen Aktionsplan zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) in Deutschland veröffentlicht. Mit diesem Plan sollen die Sicherheit der Arzneimitteltherapie optimiert und bessere Behandlungsergebnisse erreicht werden.
Der Aktionsplan war eine wichtige Entscheidung hin zu mehr Sicherheit in der Arzneimitteltherapie in Deutschland. Seither unterscheiden Experten zwischen Arzneimittelsicherheit im Sinne von Produktsicherheit eines einzelnen Arzneimittels und Arzneimitteltherapiesicherheit im Sinne der Sicherheit des Patienten mit seiner angewandten medikamentösen Therapie.
Um die Sicherheit in der Arzneimitteltherapie zu erhöhen, arbeiten die Fachleute im Gesundheitssystem interdisziplinär zusammen. Ziel ist es, dass der Patient vom Stellen der Diagnose, der Verordnung der Therapie, der Erläuterung der Arzneimittel bis hin zur konkreten Umsetzung von Ärzten, Pflegekräften und Apothekern professionell begleitet wird. So sollen mögliche Probleme rund um das Arzneimittel frühzeitig erkannt und gelöst werden, bevor unerwünschte Arzneimittelereignisse auftreten, die die Gesundheit beeinträchtigen oder den Behandlungserfolg gefährden können.
Es können viele Probleme rund um das Arzneimittel auftreten; Mediziner und Pharmazeuten sprechen dann von arzneimittelbezogenen Problemen. In Zeiten des demographischen Wandels sind mehr und mehr Menschen von einer umfangreichen Arzneimitteltherapie betroffen, und umso wichtiger ist es, die Risiken für eine fehlerhafte Anwendung zu reduzieren. Denn: Etwa fünf Prozent der Krankenhauseinweisungen gehen zurück auf unerwünschte Arzneimittelereignisse.
Nicht jeder Fehler führt zu einem Schaden beim Patienten. Dennoch sollen die Arzneimitteltherapie und ihre Effektivität bestmöglich verbessert werden. Die bekannten Folgen der Polymedikation, also der Einnahme mehrerer Medikamente, sind mit Zunahme der Anzahl der eingenommenen Medikamente:
Apothekerinnen und Apotheker leisten einen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit der Arzneimitteltherapie mit der Medikationsanalyse bzw. dem Medikationsmanagement. In den Apotheken wird diese Leistung häufig unter dem Namen Arzneimittel-Checkangeboten. Damit ist die Analyse der gesamten Medikation eines Patienten gemeint. Eingeschlossen sind also vom Arzt verordnete Medikamente, Arzneimittel zur Selbstmedikation und auch Nahrungsergänzungsmittel. Mit dem Arzneimittel-Check sollen Probleme rund um die Arzneimitteleinnahme erkannt und gelöst werden.
Besonders Diabetiker profitieren von einer optimalen Anwendung der Arzneimittel und dem Wissen darüber, welche Risiken zu Unter- oder Überzuckerungen führen können. Ein Arzneimittel-Check durch Personal, das von den Apothekerkammern ausführlich geschult wurde, wird bereits in den Bundesländern Sachsen und Thüringen (Modellprojekt ARMIN) und auch in den ATHINA-Apotheken in Nordrhein, Hessen, Baden-Württemberg und Niedersachsen angeboten.
ATHINA steht für Arzneimitteltherapiesicherheit in Apotheken. Mit diesem Schulungskonzept wurden bereits mehrere hundert Apotheker und Apothekerinnen für die strukturierte Medikationsanalyse ausgebildet.
Was dürfen Sie als Patientin oder Patient erwarten, wenn Sie das kostenpflichtige Angeboteines Arzneimittel-Checks nutzen wollen? Die Dienstleistung umfasst ein Aufnahmegespräch, eine Gesamtanalyse der Medikation durch den Apotheker allein und ein Abschlussgespräch. Sie erhalten zudem einen Medikationsplan und einen Bericht zum Mitnehmen.
Zum ersten vereinbarten Termin bringen Sie alle Medikamente mit, die Sie regelmäßig oder bei Bedarf einnehmen. Falls ein Medikationsplan des Arztes vorliegt, sollte auch dieser vorgelegt werden. Kühlpflichtige Arzneimittel (z. B. Insulin) können Sie zu Hause lassen – notieren Sie aber die genaue Bezeichnung.
Für das Aufnahmegespräch nimmt sich der Apotheker ausreichend Zeit und geht mit Ihnen Medikament für Medikament durch. Er überprüft, ob es Arzneimittel mit demselben Wirkstoff, aber unterschiedlichen Namen gibt oder ob verfallene Arzneimittel unter den mitgebrachten Packungen sind.
Außerdem wird er Ihnen Fragen wie diese stellen:
Die Informationen, die so zusammengetragen und in der Apothekensoftware dokumentiert werden, wertet der Apotheker anschließend in Ruhe aus und bezieht dabei auch Fachliteratur und Datenbanken mit ein, um einen Bericht zu erstellen. Darin schreibt er auf, welche Aspekte rund um die Arzneimittel möglicherweise noch verbessert werden können.
Es kann nötig sein, den Arzt zu kontaktieren, wenn Unklarheiten auftreten oder Medikamente betroffen sind, die der Arzt verordnet hat. Der Arzt ist immer der erste Ansprechpartner, wenn Probleme entdeckt werden, die die erfolgreiche Therapie oder die Gesundheit des Patienten gefährden. Dafür geben Sie dem Apotheker schon zu Beginn der Analyse Ihr Einverständnis. Falls Sie zuvor über Unstimmigkeiten informiert werden möchten, ist das kein Problem – Sie vereinbaren dann einfach mit dem Apotheker, dass er Sie vor dem Arztkontakt anruft.
Da in der Apotheke Ihre Gesamtmedikation von verschiedenen Ärzten und Ihre Selbstmedikation zusammenlaufen, ist hier eine gute Schnittstelle, um eine erste Gesamtauswertung vorzunehmen, die natürlich an die behandelnden Ärzte in Form des aktualisierten vorläufigen Medikationsplansweitergegeben wird.
Ziel ist es, partnerschaftlich in dem Dreieck Arzt, Apotheker und Patient zusammen die beste und sicherste Lösung zu finden; das wird der Apotheker mit Ihnen auch im Abschlussgespräch besprechen. Der Apotheker erklärt Ihnen das Ergebnis der Analyse und bespricht mit Ihnen den vorläufigen Medikationsplan. Gemeinsam werden – wenn nötig – Maßnahmen zur Verbesserung oder zur Lösung von entdeckten arzneimittelbezogenen Problemen vereinbart. Abschließend bittet der Apotheker Sie, diesen vorläufigen Medikationsplan beim nächsten Arztbesuch kontrollieren zu lassen.
“Bisher habe ich immer Tabletten gegen den Zucker eingenommen. Spritzen wollte ich auf keinen Fall. Seitdem ich wegen des Rheumas Kortisontabletten vom Rheumatologen verordnet bekomme, ist der Zucker immer viel zu hoch. Beim Arzneimittel-Check in der Apotheke wurden mir alle meine Medikamente erklärt, sogar ein verfallenes aussortiert. Mir wurde erläutert, dass auch eine Insulintherapie – falls nötig – nicht schlimm ist und meinen Zucker möglicherweise besser kontrolliert als die Tabletten.
Außerdem vermerkte der Apotheker die Kortisontabletten auf einer tollen Übersichtsliste all meiner Medikamente. Diese habe ich meinem Hausarzt vorgelegt – der wusste von meinem Rheuma noch nichts. Nun entschied der Hausarzt – wie vom Apotheker vorgeschlagen –, mir zeitnah einen Termin beim Diabetologen zu machen. Sollte ich nun tatsächlich Insulin spritzen müssen, hat mir der Apotheker seine Unterstützung angeboten. Es ist schon ein gutes Gefühl von Sicherheit, wenn Arzt und Apotheker zusammenarbeiten und man mehrere kompetente Ansprechpartner hat.”
von Dr. Katja Renner
Apothekerin
Patersgraben 9, 41849 Wassenberg
Tel.: 0 24 32/93 44 32, E-Mail: k.k.renner@t-online.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (11) Seite 26-29
5 Minuten
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