Diabetes und die Phasen des Menstruationszyklus

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Diabetes und die Phasen des Menstruationszyklus

Wenn ich auf den sozialen Netzwerken darüber spreche, wie mein Menstruationszyklus meinen Blutzucker bzw. meine Insulinsensitivität beeinflusst, schreiben mir immer wieder Menschen, dass sie darüber noch nie nachgedacht haben und sich gar nicht im Klaren darüber waren, dass der Zyklus ihre Werte beeinflusst. Ich denke, das sollte mich nicht wundern, wenn ich darüber nachdenke, dass auch keine Person aus meinem Ärzt*innenteam das je groß erwähnt hat. Überhaupt habe ich schon im jungen Alter gelernt, dass ich (als Mädchen) nicht groß darüber nachdenken sollte, was eigentlich innerhalb meines Körpers passiert. Gegen meine furchtbaren Menstruationsschmerzen und irregulären Zyklen bekam ich die Pille. Ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern, ob wir im Sexualkundeunterricht in voller Länge über den menstruellen Zyklus und all seine Hormone gesprochen haben und welche Auswirkungen diese auf den Körper haben.

Wie ich meinen eigenen Körper besser kennenlernte

Erst als ich die Pille abgesetzt habe und mich mit den Abläufen in meinem Körper mehr auseinandersetzen musste, ist mir aufgefallen, dass ich mir all die Jahre verwehrt habe, meinen Körper wirklich kennenlernen zu können. Natürlich wusste ich so ungefähr, welche Hormone es gibt und was in den einzelnen Zyklusschritten passiert. Aber ich wurde auch um viel Wissen beraubt: zum Beispiel, dass ich meinen Muttermund selbst ertasten kann oder dass die Klitoris eigentlich viel größer ist als das, was von außen sichtbar liegt. Tatsächlich wurde uns schon der Aufbau des Organs in der Schule nicht korrekt beigebracht. Ich habe gelernt, mich nicht für meinen Körper und die Vorgänge meiner Geschlechtsorgane zu interessieren. Das Interesse an inneren Vorgängen hat sich natürlich mit der Diagnose Diabetes schon geändert, aber nun hatte ich das Gefühl, eine ganz neue Welt zu entdecken!

Photo by Vulvani – www.vulvani.com

Ein Zyklus wie aus den Lehrbüchern

Nachdem ich die Pille vor drei Jahren abgesetzt hatte, hat es nicht lang gedauert, bis ich meine Periode wieder regelmäßig bekommen habe. Ich habe einen Zyklus wie aus den Bilderbüchern. Es ist faszinierend für mich, die körperlichen Vorgänge und unterschiedlichen Zyklusstadien ganz exakt nachverfolgen zu können. Ich kann ganz genau sagen, inwiefern die unterschiedlichen Stadien meinen Blutzucker beeinflussen.

Der menstruelle Zyklus und die Insulinsensitivität

Wie wir alle wissen, fungiert das Insulin als Schlüssel für die Zellen. Nicht nur das Insulin aber ist ein Hormon und steht natürlicherweise in Wechselwirkung mit anderen Hormonen. Ich möchte das gern anhand meiner Erfahrungen ausführen:

Quelle: Pexels

Der Zyklus startet am ersten Tag der Monatsblutung. Die drei relevantesten Hormone (Östrogen, Testosteron und Progesteron) sind an Tag eins alle recht niedrig. Testosteron und Östrogen fangen ab Tag 3 an, langsam und kontinuierlich zu steigen, und erfahren ihren Höhepunkt um den Eisprung herum, ungefähr an Tag +/- 14. Diese ersten zwei Wochen des Zyklus sind meist die Zeit, in denen menstruierende Menschen im Vergleich besonders viel Energie haben. Das ansteigende Östrogen lässt meine Insulinsensitivität mit ansteigen und ich habe in dieser Zeit kaum Probleme mit meinem Diabetes-Management.

Nach dem Eisprung kommt Progesteron auf den Plan und versucht die nun vermutete „Schwangerschaft“ zu sichern. Das Ergebnis sind oftmals ein niedrigeres Energielevel und bestimmte Food-Cravings. Aber auch eine verminderte Insulinsensitivität! Ich kann meinen monatlichen Eisprung nicht nur ganz genau aufgrund von Bauchschmerzen fühlen, nein, ich kann es auch an meinen Blutzuckerwerten ablesen. Am Tag des Eisprungs habe ich von jetzt auf gleich einen viel höheren Insulinverbrauch und muss für die letzten zwei Wochen des Zyklus meine Basalrate hoch setzen. Manchmal sogar um 50%!
Es gab eine Zeit, in der ich mir immer sehr unsicher war, dies zu tun – noch mehr Insulin? Aber mit der Zeit habe ich auch gemerkt, wie gut ich so meine Blutzuckerwerte im Zielbereich halten kann und daher natürlich auch mehr Energie habe!

Stimmungsschwankungen vor der Periode

Die Tage vor meiner Periode sind oft sehr emotional. Alle drei wichtigen Hormone, Östrogen, Testosteron und Progesteron, sinken rapide ab und nehmen Serotonin, Dopamin und Endorphine gleich mit — kein Wunder also, dass es zu Stimmungsschwankungen und schlechter Laune kommt. Schließlich werden die drei letztgenannten Hormone doch auch als Glücksbotenstoffe bekannt.
Ich bin in diesen Tagen sehr leicht gereizt und ärgere mich über die irrelevantesten Dinge. Da hilft es natürlich auch nicht, wenn die Blutzuckerwerte nicht so im Zielbereich bleiben, wie ich sie gerne hätte. 

Jeder Zyklus ist anders

Leider gibt es aber auch hier keine Formel, um sich optimal auf alle Phasen des Zyklus vorzubereiten. Manchmal agieren meine Blutzuckerwerte durch andere äußere Einflüsse auch ganz anders als oben beschrieben. In den letzten Jahren hatte ich vor der Periode oft mit Unterzuckerungen zu kämpfen. In letzter Zeit eher mit Werten, die sich partout nicht im Zielbereich halten wollen. Plötzlich ist mein Insulin so wirksam wie Wasser. Wenn wirklich gar nichts mehr hilft, versuche ich, an diesen Tagen weniger Kohlenhydrate zu essen, und fahre damit gut. Das ist natürlich alles sehr individuell.

Quelle: Pexels

Ich denke, dass es für das Diabetes-Management sehr wichtig ist, sich mit den unterschiedlichen Zyklusphasen auszukennen. Ich persönlich bin sehr dankbar dafür, dass ich meinen Körper in den letzten drei Jahren noch besser kennenlernen konnte.


Raus aus der Tabuzone: Wir reden jetzt über Diabetes und den weiblichen Zyklus! – Mehr Infos zum Thema Zyklus gibt es auch von Antje

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