Kommentar | „Blickwinkel“: Diabetologie – am Rande der Existenz?

2 Minuten

© bluedesign – AdobeStock
Kommentar | „Blickwinkel“: Diabetologie – am Rande der Existenz?

Der Deutsche Gesundheitsbericht Diabetes ist ein Nachschlagewerk, in dem jährlich aktuelle Fakten und Zahlen zum Diabetes veröffentlicht werden. Darin werden auch Missstände aufgezeigt – etwa, dass die Diabetologie aufgrund finanzieller Fehlanreize an den Rand ihrer Existenz als eigenständiges Fach gedrängt wird. Diabetes-Journal-Chefredakteur Günter Nuber mit einer Einordnung.

Seit dem Jahr 2003 erscheint jährlich zum 14. November der „Deutsche Gesundheitsbericht Diabetes“: damit eben an jenem Weltdiabetestag die Öffentlichkeit hingewiesen wird auf die Facetten des Typ-1- und des Typ-2-Diabetes, auf Zahlen und Fakten, auf moderne Behandlungsmöglichkeiten und auf Missstände.

Gesundheitsbericht Diabetes hat vieles zu bieten

Ist es nicht ein Unding, dass in Deutschland zwei Drittel aller Amputationen an Menschen mit Diabetes durchgeführt werden? Wir sprechen über 40.000 bis 50.000 Amputationen pro Jahr, schreibt Prof. Ralf Lobmann im Gesundheitsbericht. Und Dr. Alexander Risse antwortete am Weltdiabetestag im Interview: „Wenn Sie mich fragen, welche Amputationen vermeidbar sind, dann muss ich sagen: jede beim Diabetischen Fußsyndrom!“

Man müsse einfach als Arzt gemeinsam mit den Patienten nach den richtigen Stadien vorgehen, so Risse: Ich habe also Diabetes, ich schreibe mich ins Behandlungsprogramm/DMP ein, ich werde ordentlich untersucht, sprich nach den Leitlinien der Ärzte, eine Neuropathie/Nervenerkrankung wird erkannt, die entsprechenden Schutzmaßnahmen werden ergriffen – „dann muss nicht amputiert werden“, sagte der Dortmunder Experte.

Der 2021er-Gesundheitsbericht Diabetes hat vieles mehr zu bieten – Frau Professor Monika Kellerer hat als Präsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) eine beeindruckende Schar an Autor/innen motiviert, die in 37 topaktuellen Artikeln alle Facetten des Diabetes beschreiben. Eine völlig neue Betrachtungsweise der Ernährungswissenschaft in der Diabetes-Prävention wird beschrieben. Dann: Die Diabeteszahlen müssen wohl nach oben korrigiert werden, wir können heute ausgehen von 8 Mio. Menschen mit Typ-2-Diabetes plus fast 400.000 mit Typ-1-Diabetes.

Und: Die neuen digitalen Formen der Glukosemessung wirken sich deutlich aus auf Therapie und Schulung – natürlich positiv! Apropos: Wie zu vermuten hat die „Online-Schulung“ nach dem Pandemie-Jahr ein eigenes Kapitel.

Diabetologie als eigenständiges Fach in Gefahr!

Der Deutsche Gesundheitsbericht Diabetes 2021 spart keine Folgeerkrankung aus, keine Lebensphase der Betroffenen, keine gesundheitspolitische oder wissenschaftliche Dimension. Oftmals kommen leider sehr kritische Aspekte zum Vorschein – DDG-Präsidentin Kellerer:

„Die DDG und andere Organisationen haben wiederholt darauf verwiesen, dass die Diabetologie aufgrund finanzieller Fehlanreize in Kliniken und Universitäten an den Rand ihrer Existenz als eigenständiges Fach gedrängt wird. Das führt voraussichtlich zu einer erheblichen Unterversorgung der Betroffenen. Die DDG und diabetesDE intervenieren hier politisch und setzen sich mit Nachdruck für eine Verbesserung der Versorgung der Menschen mit Diabetes ein.“

Dies ist aus meinem Blickwinkel umso wichtiger, als dass Missstände und unnötig hohe Fallzahlen bei den Amputationen übertragbar sind auf weitere Folge- und Begleiterkrankungen des Diabetes mellitus: auf Herzinfarkt, Schlaganfall, Nieren- wie auch Augenerkrankungen und vieles mehr. Wenn die Diabetologie an den Rand ihrer Existenz gedrängt wird, dann werden es viele Menschen mit Diabetes auch.


von Günter Nuber

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2021; 70 (1) Seite 36

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Diabetes und Auge: Retinopathie und Makulopathie vorbeugen

Diabetes und Auge: Retinopathie und Makulopathie vorbeugen | Foto: puhhha – stock.adobe.com

6 Minuten

Wintersport für Kinder mit Diabetes: Schnee, Sport und Insulintherapie – das geht!

Der Winter steht kurz bevor und die Vorfreude auf Aktivitäten im Schnee steigt. Wintersport bringt viel Spaß, aber auch Herausforderungen im Diabetes-Management für Kinder mit Diabetes. Bezüglich der Insulintherapie gibt ein paar Dinge zu beachten.
Wintersport für Kinder mit Diabetes: Schnee, Sport und Insulintherapie – das geht! | Foto: MP Studio – stock.adobe.com

3 Minuten

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.

    • Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.

      So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
      Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.

      Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
      Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.

      Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
      https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
      Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷‍♂️

      Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
      Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
      (Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)

    • @ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.

    • @bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
      Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
      Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).

  • loredana postete ein Update vor 5 Tagen, 10 Stunden

    Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.

  • ambrosia postete ein Update vor 6 Tagen, 8 Stunden

    Ich wünsche allen einen schönen Mittwoch.

Verbände