Dialyse inklusive: Eine Traum-Reise mit Vorplanung

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Dialyse inklusive: Eine Traum-Reise mit Vorplanung

Sandra Schneller erfüllte sich ihren langjährigen Traum und reiste nach Las Vegas. Wie das trotz Bauchfell-Dialyse möglich war und was es zu beachten galt, erzählt sie hier.

Mal eben nach Las Vegas? Na klar, dachte sich Sandra Schneller, die Vorsitzende des Deuschen Diabetiker Bunds (DDB), als sich eine passende Gelegenheit bot. Seit 23 Jahren ist sie Typ-1-Diabetikerin. „Meine Nieren waren von Anfang an mit betroffen“, sagt sie. Seit Oktober 2021 nutzt die 44-Jährige ein System zur Bauchfell-Dialyse, auch als Peritoneal-­Dialyse bezeichnet.

Die passende Flug-Route

„Las Vegas stand schon lange auf meiner Bucket-Liste“, erzählt Schneller, einmal im Leben wollte sie die legendäre Stadt des Glücks besuchen. Als die Idee aufkam, spontan an den Wunsch-Ort zu reisen, suchte sie zuerst nach geeigneten Flügen. „Die kürzeste Verbindung ging über Amsterdam. Die bot sich auch an, weil der Aufenthalt mir Gelegenheit gab, dort eine Dialyse durchzuführen.“ Dafür braucht sie einen geschlossenen Raum, denn die Versorgung des Zugangs durch die Bauchdecke muss stets unter möglichst sterilen Bedingungen erfolgen, sonst drohen gefährliche Entzündungen. Die Business-Lounge bietet so einen Raum: „Es gibt dort eine Art kleine Schlafkabinen, die sich dafür eignen“, wusste Schneller.

Lieferung an den Urlaubs-Ort

„Spontan“ ist relativ – für eine Reise mit Bauch­fell-Dialyse war viel zu organisieren. „Hier habe ich ja überall meine Kisten rumstehen“, schildert die Rechtsanwältin. Für die Dialyse braucht sie dreimal täglich einen Zwei-­Liter-­Beutel Flüssigkeit. Die Beutel werden kistenweise an ihre private Adresse oder ins Büro geliefert. Wie würde das im Urlaub gehen?

Schneller setzte sich mit dem amerikanischen Hersteller Baxter in Verbindung, der zusagte, ihren gesamten Bedarf an Dialyse-Flüssigkeit für eine Woche in ein Hotel in Las Vegas zu liefern. Dazu brauchte er acht bis zwölf Wochen Vorlaufzeit – „wir hatten genau acht Wochen von der Idee bis zur Abreise!“, erzählt Schneller lachend. Auch das ausgewählte Hotel stimmte zu, die Kisten mit rund 50 Litern Dialyse-Flüssigkeit für sie anzunehmen. „Die waren sofort sehr nett und nicht überrascht; in Amerika ist Bauchfell-Dialyse schon weiter verbreitet als bei uns.“

Bezahlen musste sie für die Lieferung übrigens nichts: Im Regelfall übernehmen Krankenkassen die Kosten für Urlaubs-Bestellungen. Sie übernehmen übrigens auch die Kosten für die Hämodialyse (Blutwäsche) im Ausland – aber Achtung: „Es gibt Länder, in denen die Dialyse-­Behandlung teurer ist als in Deutschland. Die Krankenkassen übernehmen in der Regel dann nur die Kosten für den deutschen Tarif“, sagt Schneller. Es ist daher wichtig, sich rechtzeitig mit der eigenen Krankenkasse in Verbindung zu setzen und sich zu informieren.

Medizinisches Gepäck

„Zur Sicherheit wollte ich aber Dialyse-Flüssigkeit für einige Tage mitnehmen“, erzählt Schneller weiter. Um das zu ermöglichen, telefonierte sie mit der Fluggesellschaft. Mit einer Bescheinigung vom Arzt konnte sie dort medizinisches Gepäck anmelden, die Menge ist unbegrenzt. Ihr Arzt übrigens hatte Schneller ausdrücklich geraten, die Reise zu unternehmen.

Dialyse-Flüssigkeit kann sowohl als Handgepäck mitgenommen als auch für den Lade­raum aufgegeben werden. „Ich habe sie aber lieber als Handgepäck mitgenommen, um sicher zu sein, dass sie auch mit mir ankommt“, sagt Schneller. Dazu die Wärmeplatte, Desinfektionsmittel, Klammern – da kommt einiges zusammen. Wegen des offenen Zugangs des Dialyse-Katheters darf die Reisende allerdings nicht mehr als fünf Kilogramm tragen. Also forderte sie von der Fluggesellschaft gleich noch Hilfe für den Ein- und Umstieg an. Das klappte auch prima, brachte ihr aber prompt die Bemerkung einer Stewardess ein: Sie solle doch nicht so viel einpacken … Schneller sparte sich eine Antwort.

Am Flughafen: Dialyse unbekannt

Auch die Beamten der Sicherheits-­Kontrolle am Flughafen waren etwas überrascht, als Schneller auf die Frage, ob sie mehr als 100 Milliliter Flüssigkeit dabeihabe, antwortete: „Ja, etwa 20 Liter.“ Zwei herbeigerufene Polizei­beamte fragten sie freundlich nach dem Verwendungszweck. „Statt ausführlich zu erklären, habe ich dann einfach mein T-Shirt angehoben“, erzählt sie. Nach dem diversen Mess- und Pumpen-Zubehör dagegen habe kaum jemand gefragt, so ihre Erfahrung. „Dia­betes kennen die Beamten wohl schon, mit der Dialyse sind sie nicht so vertraut.“

In Las Vegas angekommen, konnte der Urlaub dann richtig losgehen. Die bestellten Kisten standen schon auf dem Zimmer bereit. „Von da an war alles wie zu Hause“, erzählt die entspannte Urlauberin. Hersteller Baxter hatte ihr vorsichtshalber die Adresse eines nahegelegenen Dialyse-Zentrums gegeben, wo sie im Fall eines Falles kompetente Ansprechpartner für Bauchfell-Dialyse gefunden hätte – zum Glück wurde ein Besuch nicht nötig. „Nur in den Pool konnte ich nicht“, bedauert sie. Die Gefahr einer Infektion am offenen Zugang wäre zu groß.

© Sandra Schneller
Sandra Schneller in Las Vegas.

Ein Besuch am Grand Canyon dagegen gehörte für Schneller selbstverständlich zum Traum-Urlaub dazu, so, wie auch die Fahrt mit der gigantischen Achterbahn rund um das Hotel „New York, New York“. Von den Warnhinweisen zum Haftungs-Ausschluss ließ sich die Juristin nicht schrecken und machte die Erfahrung: „Auch diese Fahrt hält der Zugang aus.“

Organisation ist die halbe Reise

Natürlich gibt es vor einer internationalen Reise einiges zu bedenken. Der Nephrologe (Nierenarzt) muss die Reise-Fähigkeit des Patienten bestätigen. Zudem erinnert Schneller daran, unbedingt eine Reise-Rücktrittsversicherung abzuschließen sowie eine Auslands-Krankenversicherung. Auch können die Hersteller der Dialyse-Flüssigkeit nicht in alle Länder liefern, im Zweifelsfall muss man sie dann selbst mitnehmen, angemeldet als medizinisches Gepäck.

Sandra Schnellers Tipp:
Viele Formulare, die man braucht, finden sich als Vordruck im Internet, zum Beispiel unter www.patienten-­information.de. Auch die Ärzte haben manche Formulare vorrätig.
Bei Fragen zum Reisen mit Dialyse und/oder Diabetes hilft der DDB gern weiter. Schreiben Sie an kontakt@­diabetikerbund.de
.

Ihr Fazit ist – bei aller Organisation – ein durchweg positives: „Alles ist möglich, man muss es nur organisieren.“


Autorin:
Dr. Ulrike Schneeweiß
wibior. wissenschaft in bild und wort
Stresemannallee 12
30173 Hannover

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2022; 71 (6) Seite 40-42

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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