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Hohe Blutzuckerwerte über lange Zeit können bei Menschen mit Diabetes dazu führen, dass sich Teile der Blutgefäßwände verdicken. Sind kleinste Blutgefäße betroffen, nennt man das „Mikroangiopathie“. Was sollten Sie wissen und beachten? Dr. med. Gerhard-W. Schmeisl weiß Rat.
Der – mittlerweile neue – Augenarzt konnte zunächst gar nicht glauben, was er sah: eine diabetische Netzhauterkrankung, mit der Peter H. niemals hätte Auto fahren dürfen. Nach einigen Injektionen eines Medikamentes direkt in das Auge und einer wohl nicht vermeidbaren Operation hat ihm der Augenarzt in Aussicht gestellt, bald wieder, zumindest tagsüber, Auto fahren zu dürfen. Wäre er doch nur regelmäßig zum Augenarzt gegangen!
Wenn bei einem Menschen die großen Blutgefäße verengt oder verstopft sind (Makroangiopathie), kommt bei den Organen kein Blut mehr an. In einer Vene spricht man von einer venösen Thrombose, in einer Arterie von einer Stenose (Einengung) bzw. einem Verschluss. Sind die kleinsten Blutgefäße, die sich in einem Organ befinden und es so mit Blut versorgen, betroffen, spricht man von einer Mikroangiopathie. Bei Menschen mit Diabetes ist es eine diabetische Mikroangiopathie.
Diese betrifft vor allem die feinsten Verzweigungen (Kapillaren) – dies kann zu Erkrankungen führen wie
Beteiligt ist die Mikroangiopathie auch am Entstehen
Die Mikroangiopathie bedeutet eine Verdickung eines Teils der Blutgefäßwand – entstanden durch meist lange bestehende erhöhte Blutzuckerwerte. Je länger man Diabetes hat und je schlechter die Stoffwechseleinstellung ist, desto größer ist die Gefahr eines Verdickens der Blutgefäßwand. Auch das Geschlecht spielt eine Rolle: Männer sind eher betroffen als Frauen.
Die Mikroangiopathie hängt direkt mit der Güte der Blutzuckereinstellung zusammen. Weitere Ursachen werden angenommen bzw. sind gesichert:
Zeichen einer beginnenden Nierenerkrankung sind Spuren von Eiweiß im Urin (Mikroalbuminurie). Die Schädigung der kleinsten Blutgefäße wird direkt verursacht durch den erhöhten Blutzucker, aber auch durch eine Anhäufung der schon genannten Glukose-Eiweiß-Produkte.
Die Prognose der Patienten ist schlechter, wenn schon Eltern, Großeltern, Geschwister betroffen waren oder sind – und je länger man schon Diabetes hat. Weiter schädigend sind das Rauchen, die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln, „Rheumamitteln“ und manchmal auch das Verabreichen von Kontrastmitteln z. B. bei Gefäßuntersuchungen.
Als Folge dieser Schädigung findet man Spuren von Eiweiß im Urin. In der Regel werden drei Urinproben im Abstand von 2 – 4 Wochen untersucht, und zwar nach 6 – 8 Stunden nächtlicher Ruhephase als erster Morgenurin. Sind zwei Urinproben in Folge positiv, besteht der dringende Verdacht auf eine diabetische Nephropathie. Zusätzliche Blutuntersuchungen (z. B. Kreatinin) dienen der Abschätzung der verbliebenen Nieren-Filterfunktion.
Test auf Mikroalbuminurie kann „falsch positiv“ ausfallen bei:
Erwachsene Typ-1-Diabetiker und Kinder mit Typ-1-Diabetes ab 5 Jahren Diabetesdauer bzw. ab dem 11. Lebensjahr sollten sich mindestens jährlich darauf untersuchen lassen. Menschen mit Typ-2-Diabetes sollten sich unmittelbar nach der Diagnosestellung untersuchen lassen hinsichtlich einer chronischen Nierenerkrankung – und dann mindestens jährlich.
Bei Typ-2-Diabetikern ist eine konsequente Behandlung von Begleiterkrankungen erforderlich wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Übergewicht, um ein Fortschreiten der Eiweißausscheidung zu verhindern. Wichtigste Therapie: Optimieren der Blutzuckereinstellung und des Blutdrucks!
Die diabetische Netzhauterkrankung gehört zu den häufigsten Komplikationen bezüglich der kleinen Blutgefäße bei Menschen mit Diabetes. Veränderungen werden anfänglich von den Betroffenen normalerweise nicht bemerkt. Frühformen der diabetischen Retinopathie verursachen keine Änderung der Sehstärke oder -schärfe. Nur aufwendige Tests, die in der Routine meist nicht durchgeführt werden, zeigen beginnende Veränderungen an den Nervenzellen, die am Sehen beteiligt sind.
Also: Nur durch regelmäßige Untersuchungen können Frühformen der diabetischen Retinopathie entdeckt werden. Achtung: 40 Prozent der Menschen mit Typ-2-Diabetes haben bereits bei Diagnosestellung ihrer Erkrankung eine milde Retinopathie – ein rechtzeitiges Erkennen ist unabdingbar!
Bei fortgeschrittener diabetischer Retinopathie behandelt man mit Laserkoagulation, aber auch mit Injektion von Wachstumsfaktor-Hemmern. Wenn Gefäße auf den Glaskörper gewachsen sind, kann eine Netzhautablösung drohen.
Typ-2-Diabetiker
Um diese zu verhindern, versucht man, operativ Blutungen bzw. Gefäßneubildungen im Glaskörper zu beseitigen. Gelingt dies nicht, kann der Glaskörper komplett entfernt werden. So wird versucht, die Netzhautablösung zu verhindern. Ist sie bereits aufgetreten, versucht man, sie wieder an die ernährende Aderhaut anzulegen.
Das Risiko für eine „Polyneuropathie“ ist schon während des Diabetes-Vorstadiums erhöht. 30 bis 40 Prozent aller Diabetiker entwickeln sie im Laufe ihrer Erkrankung, etwa 30 Prozent aller neu diagnostizierten Diabetiker sind bereits davon betroffen. Eine der möglichen Ursachen kann eine Mikroangiopathie der Nerven sein.
Durch die teils quälenden Beschwerden (besonders nachts) ist häufig die Lebensqualität der Patienten mit Neuropathie extrem eingeschränkt. Außerdem gelten die periphere und die autonome „Eingeweide-Neuropathie“ als wichtiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Insbesondere erhöht sich die Gefahr für eine Amputation: Für etwa 70 Prozent aller Amputationen ist die periphere Polyneuropathie verantwortlich.
Eine gute, möglichst gleichmäßige Blutzuckereinstellung ist ein wichtiges Ziel ab Beginn der Diabeteserkrankung, um Schäden an den kleinen Blutgefäßen zu verhindern. Wichtig sind auch eine gute Blutdruckeinstellung, Nichtrauchen, womöglich eine Ernährungsumstellung mit Gewichtsabnahme und viel Bewegung im Alltag.
Autor:
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2020; 69 (9) Seite 34-36
5 Minuten
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