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EASD-Jahrestagung 2025: Die Diabetes-Forschung der Welt in Wien
4 Minuten
Zur 61. Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Diabetes-Forschung (EASD) traf sich die Diabetologie im September 2025 in Wien. Live waren 13 855 Personen dabei, im Internet verfolgten 1354 den Kongress.
Teilnehmende aus 127 Ländern kamen zum weltweit größten Diabetes-Kongress. Die meisten Erstautoren der angenommenen Präsentationen kamen aus China (161), dem Vereinigten Königreich (140), gefolgt von den USA (104), Dänemark (104) und Deutschland (91).
Claude-Bernard-Preis für seltenen Diabetes
Die höchste Auszeichnung der EASD für ein wissenschaftliches Lebenswerk ist nach Claude Bernard benannt, dem Begründer der Stoffwechsel-Forschung. Dieses Jahr wurde Prof. Dr. Andrew Hattersley aus Exeter (England) ausgezeichnet. Er wurde berühmt durch die Entdeckung seltener erblicher Formen des Diabetes, die man als MODY (Maturity-Onset Diabetes of the Young) bezeichnet.
Es ist bei Auftreten eines vermuteten Typ-2-Diabetes im jüngeren Lebensalter durchaus sinnvoll, auf das Vorliegen solcher Formen des Diabetes zu untersuchen, besonders, wenn auch mehrere Verwandte Diabetes haben. Bei manchen Formen von MODY hat die genaue Gen-Diagnose erhebliche Konsequenzen für die Behandlung und die Prognose.
Der „Heilung“ des Typ-1-Diabetes näher
Spannend waren die Vorträge über die Behandlung des Typ-1-Diabetes mit Stammzellen. Jahrzehntelang hat man Inselzellen transplantiert, aber wegen des Mangels an gespendeten Organen war dies nur extrem selten möglich. Jetzt hat die Forschung rasante Fortschritte gemacht. Es gelingt, aus Stammzellen gezielt Insulin-produzierende Beta-Zellen herzustellen.
Prof. Dr. Eelco de Koning aus Leiden (Niederlande) und das Unternehmen Vertex aus Boston (USA) berichteten über die jüngsten Erfolge der Behandlung des Typ-1-Diabetes mit aus Stammzellen produzierten Beta-Zellen. Vertex züchtet aus Stammzellen Inselzellen, die in die Lebervene gespritzt werden und sich dort ansiedeln.
Weil diese Zellen „körperfremd“ sind, müssen wie bei Organ-Transplantationen Mittel gegen das Abstoßen der Zellen gegeben werden. Zehn von 12 mit diesen Zellen behandelten Menschen brauchten auch ein Jahr nach der Behandlung kein Insulin mehr zu spritzen. Wie lange die implantierten Inselzellen funktionieren, wird die Zukunft zeigen. Auch Nebenwirkungen müssen genau untersucht werden.
Stammzell-Forschung weltweit aktiv
In vielen Labors der Welt arbeitet man an der Stammzell-Behandlung des Diabetes. Zahlreiche Start-up-Unternehmen haben Geldgeber gefunden, die an einen Erfolg glauben. An der Technischen Universität (TU) München leitet Prof. Dr. Matthias Hebrok eine Forschungsgruppe zu diesem Thema. Er sprach über die Bemühungen, die aus den Stammzellen gezüchteten Inselzellen so zu verändern, dass sie nicht mehr vom Immunsystem als fremd erkannt werden. Noch sind viele Probleme zu lösen und mögliche Komplikationen zu erforschen.
Viel Neues über Fett
Prof. Dr. Mikael Rydén aus Stockholm (Schweden) erhielt den Camillo-Golgi-Preis für seine Forschungen am Fettgewebe. Baut man im Kindesalter viel Fettgewebe auf, hat man lebenslang mehr Fettzellen und Probleme mit Übergewicht. Nimmt man ab, verschwindet Fett aus den Fettzellen, aber ihre Zahl bleibt gleich. Nimmt man dann wieder zu, füllen sich die Fettzellen, die nach Gewichtsabnahme besonders „gierig“ nach Fett sind. Das erklärt den häufig beobachteten Jo-Jo-Effekt: Nach Gewichtsabnahme schnellt das Gewicht sehr leicht wieder hoch. Zusätzlich bilden sich neue Fettzellen.
Mit Typ-1-Diabetes länger leben
In einer belgischen Studie verglich man die Lebenserwartung von Menschen mit Typ-1-Diabetes, die zwischen 1985 und 1989 erkrankt waren, mit denen, die den Diabetes zwischen 1998 und 2009 bekommen hatten. Die Lebenserwartung hatte sich deutlich gebessert. Sie lag aber immer noch etwas niedriger als die der Gesamtbevölkerung.
Seltener Typ-1-Diabetes in der Stadt
In Schweden fand man, dass Typ-1-Diabetes seltener auftrat, wenn die Kinder in den ersten fünf Jahren in großen Städten gelebt hatten. Erstaunlich war auch, dass man in manchen ländlichen Gegenden regelrechte Hotspots für das Auftreten von Typ-1-Diabetes fand. Die Ursachen sind unklar.
Noch eine Pille zum Abnehmen
Sehr wirksam zur Gewichtsabnahme sind die GLP-1-Rezeptor-Agonisten, die gespritzt werden müssen. Das Unternehmen Novo Nordisk entwickelte bereits den ersten GLP-1-Rezeptor-Agonisten, der als Tablette wirkt. Nun stellte auch Eli Lilly ein solches Präparat vor. Orfoglipron führt zu deutlicher Gewichtsabnahme. Langzeit-Studien müssen noch untersuchen, ob dieses neue Mittel ähnlich gute Ergebnisse bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigt wie die gespritzten GLP-1-Rezeptor-Agonisten.
Exzellenz-Preis nach Yale
Prof. Dr. Gerald Shulman aus Yale (USA) erhielt den von der Novo Nordisk Foundation und der Stiftung der EASD vergebenen Exzellenz-Preis zur Förderung seiner Forschung. Er ist mit sechs Millionen dänischen Kronen dotiert, etwa 800 000 Euro. Shulmans Forschungen haben viel zum Verständnis der Insulinresistenz beigetragen, also der Unempfindlichkeit der Zellen gegenüber Insulin.

Jetzt berichtete er über seine aktuellen Forschungen zur Entwicklung einer neuen Tablette zur Gewichtsabnahme. Nachteil der GLP-1-Rezeptor-Agonisten ist, dass sie neben der Fettmasse auch das Muskelgewebe vermindern. Shulman untersucht ein Mittel, das den Energieverbrauch in den Mitochondrien, den „Kraftwerken der Zellen“, anregt. Ein interessanter Ansatz, allerdings wurden Vorläufer dieses Mittels weltweit wegen schwerer Nebenwirkungen verboten. Ob das neue Präparat auf Dauer ungefährlich ist, muss noch gezeigt werden.
Vorträge beim EASD
Es ist schwierig, aus den zahllosen Beiträgen des EASD-Meetings eine Auswahl zu treffen. Wer mehr erfahren möchte: Die Vorträge des EASD-Meetings sind unter www.easd.org kostenfrei verfügbar.
Nächstes Jahr in Mailand
2026 trifft sich die EASD in Mailand, dann unter der Leitung des neuen Präsidenten, Prof. Dr. Francesco Giorgino aus Bari (Italien).
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 74 (12) Seite 38-39
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Tag, 10 Stunden
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bloodychaos postete ein Update vor 5 Tagen, 16 Stunden
Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.
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ole-t1 antwortete vor 5 Tagen, 12 Stunden
Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.
So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷♂️Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
(Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.) -
bloodychaos antwortete vor 5 Tagen, 6 Stunden
@ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.
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rolli-xx antwortete vor 3 Tagen, 16 Stunden
@bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).
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loredana postete ein Update vor 1 Woche
Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.


