Ein genauer Blick auf Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse

3 Minuten

© Crystal light - stock.adobe.com
Ein genauer Blick auf Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse

Diabetes ist die häufigste, aber längst nicht die einzige Erkrankung der Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Auch eine Entzündung des Pankreas, ein Tumor oder auch eine Mukoviszidose können ihre Funktion beeinträchtigen. Vor allem beim Pankreaskarzinom ist die Früherkennung überlebenswichtig. Für seine Forschung zum Bauchspeicheldrüsenkrebs wurde Prof. Dr. Alexander Kleger vom Universitätsklinikum Ulm unlängst mit dem Deutschen Krebspreis 2023 ausgezeichnet.

Die Bauchspeicheldrüse zählt zu den kleinsten und leichtesten Organen im menschlichen Körper. Bei einem Erwachsenen wiegt sie maximal 120 Gramm. Die Folgen einer Erkrankung können gleichwohl verheerend sein. Am Universitätsklinikum Ulm (UKU) hat man sich auf das Pankreas spezialisiert. Die Sektion für Interdisziplinäre Pankreatologie (Klinik für Innere Medizin I) und das Institut für Molekulare Onkologie und Stammzellbiologie (IMOS) arbeiten dort unter der Leitung von Prof. Dr. Alexander Kleger eng zusammen. Sie bilden die Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und angewandter Medizin.

Mini-Organe gezüchtet

Den Ulmer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist es inzwischen unter anderem gelungen, aus multipotenten Stammzellen die verschiedenen Arten an Pankreaszellen zu entwickeln. Dabei handelt es sich um Organoide – kleine Nachbildungen und Modelle echter Organe also, an denen sich zum Beispiel das Entstehen von Krebs erforschen lässt. Bislang ist relativ wenig über das Entstehen und die frühen Stadien eines Pankreaskarzinoms bekannt, erklärt Prof. Dr. Kleger. Die Erkrankung verursacht anfangs kaum Beschwerden. Wenn sie diagnostiziert wird, ist sie oft schon so weit vorangeschritten, dass sich meist schon Metastasen in benachbarten Organen gebildet haben, was die Chancen auf Heilung deutlich verringert und auch die Suche nach den Ursachen erschwert.

Dass es nun gelungen ist, exokrine Zellen (produzieren Verdauungs-Enzyme) und endokrine Zellen (produzieren unter anderem Insulin) der menschlichen Bauchspeicheldrüse zu “züchten”, macht Hoffnung auf eine bessere Früherkennung des Pankreaskarzinoms: Die Forschenden können im Labor an den Organoiden von Anfang an beobachten, wie und wo genau Bauchspeicheldrüsenkrebs entsteht, und zudem mögliche Ursachen untersuchen. Unter Umständen lassen sich Tumormarker identifizieren, die künftig eine frühere Diagnose des Pankreaskarzinoms per Blutuntersuchung ermöglichen.

Therapien individueller abstimmen

Das Universitätsklinikum arbeitet überdies daran, die Therapie stärker auf den jeweiligen Patienten abzustimmen. Helfen sollen auch hierbei Organoide, die in diesem Fall aus den Tumoren der Betroffenen gewonnen werden. Im Labor soll dann getestet werden, wie diese Mini-Organe auf unterschiedliche Therapien ansprechen, um im Anschluss die beste Variante speziell für den Patienten auszuwählen. “Fast jedes Pankreaskarzinom ist eine eigenständige Erkrankung”, erklärt Prof. Dr. Kleger. Klinische Studien sind daher schwieriger in der Planung und Interpretation, da die Gruppe der Betroffenen jeweils sehr klein ist und die Krankheit meist schon zu weit fortgeschritten ist. Es brauche bessere Modelle, um kleinere Gruppen von Patienten möglichst schnell identifizieren zu können, die auf die jeweilige Behandlung gut ansprechen, so der Wissenschaftler. Die praktische Anwendung sei in diesem Fall aber noch Zukunftsmusik, schränkt er ein.

Auch bestimmte Diabetes-Formen im Blick

Von einer besser auf den Einzelfall abgestimmten Therapie könnten überdies auch Patienten mit anderen Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse profitieren. Beim eher seltenen Diabetes des Typs MODY (Maturity Onset Diabetes of the Young), der durch einen Defekt eines einzelnen Gens entsteht, habe sich bei der Behandlung eines der MODY-Typen etwa ein sehr gutes Ansprechen auf Sulfonylharnstoff gezeigt, nennt der Wissenschaftler ein Beispiel. Der Wirkstoff wurde früher oft zur Behandlung von Typ-2-Diabetes genutzt. Inzwischen kommt er bei dieser Diabetes-Form allerdings eher nicht mehr zum Einsatz. Seltene Diabetes-Formen, die meist dem Typ 3 zugeordnet werden, sind bislang kaum Gegenstand der Forschung. In der Praxis werden sie dann meist wie ein Typ-2- oder wie ein Typ-1-Diabetes behandelt, obwohl eine individuelle Therapie unter Umständen erfolgversprechender wäre.

Ähnlich verhält es sich bei einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis): Etwa 60 bis 70 Prozent der Fälle seien durch hohen Alkoholkonsum zu erklären, so Prof. Dr. Kleger. Bei rund 10 bis 20 Prozent der Betroffenen sei jedoch unklar, was die Erkrankung ausgelöst hat. Bei den Patienten können sowohl das exokrine als auch das endokrine Pankreasgewebe Schaden nehmen. In der Folge drohen dann eine Pankreasschwäche, die mit Verdauungs-Enzymen behandelt werden muss, und womöglich auch ein Diabetes.

Präventivmaßnahmen in Aussicht

Falls es durch die Forschung mit Organoiden gelingt, die genetischen Ursachen dieser Erkrankung zu identifizieren, lässt sich das Entstehen in Zukunft möglicherweise durch Präventivmaßnahmen mindern, hofft der Forscher. Es könnte zum Beispiel sein, dass bei einer bestimmten erblichen Vorbelastung schon relativ geringe Mengen Alkohol eine Pankreatitis auslösen, erläutert Prof. Dr. Kleger. Bisher wissen Betroffene jedoch nicht, dass sie ein erhöhtes Risiko für eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse tragen. “Die verschiedenen Erkrankungen des Pankreas bedingen sich teilweise gegenseitig, ohne dass es im ersten Moment logisch erscheint”, fasst der Experte zusammen. “Es gibt also weiterhin einen hohen Forschungsbedarf.”


von Thorsten Ferdinand

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (7) Seite 36-37

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Diabetes Charity-Gala 2025: Kuchen für alle, Ausgrenzung für niemanden

Gehören Menschen mit Diabetes ohne Wenn und Aber dazu? Wie und bei welchen Gelegenheiten werden sie immer noch stigmatisiert? Gegen das latente Gefühl der Ausgrenzung setzte die Diabetes-Charity-Gala ein starkes Plädoyer für Inklusion und Zusammengehörigkeit. Und: An die beiden Spendenprojekte können 75.000 Euro weitergegeben werden!
Diabetes Charity-Gala 2025: Kuchen für alle, Ausgrenzung für niemanden | Foto: diabetesDE / Deckbar

7 Minuten

Herzrhythmus-Störungen: Wenn das Herz aus dem Takt gerät

Ein „komisches“ Gefühl in der Brust hat manch einer vielleicht schon bemerkt, ihm aber keine Bedeutung beigemessen. Das könnte Vorhofflimmern gewesen sein, das spontan wieder aufgehört hat. Bleibt das das Herz dauerhaft aus dem Takt, kann das schwerwiegende Folgen haben. Daher sind genaue Diagnostik und zielgerichtete Therapie sind unumgänglich.
Herzrhythmus-Störungen: Wenn das Herz aus dem Takt gerät | Foto: AdobeStock – stock.adobe.com

6 Minuten

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • Hallo guten Abend ☺️

    Ich heiße Nina, bin 33j jung und Mama von drei zauberhaften Mädels.
    Und vor kurzem bekam ich die Diagnose Diabetes Typ 3c. Nach 5 Jahren – 11 Bauchspeicheldrüsen Entzündungen und schwangerschaftsdiabetes 2024, hat meine Drüse nun fast aufgegeben.. Ich bin irgendwie froh diese Schmerzen nicht mehr zu haben, aber merke wie schwer der Alltag wird. denn hinzukommt noch dass ich alleinerziehend bin.
    Aktuell komme ich überhaupt nicht klar mit der ganzen Situation, täglich habe ich hunderte Fragen die niemand beantworten kann. Dass ist mehr als verrückt.
    Wie habt ihr euch gefühlt in dem Moment als es diagnostiziert wurde?

    Ich freue mich sehr auf einen netten Austausch und eure Erfahrung.

    Liebe Grüße, schönen Abend
    Nina 🙂

  • swalt postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 1 Tag, 6 Stunden

    Hallo zusammen. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich bin “noch” 59 Jahre, und habe wahrscheinlich seit 2019 Diabetes. Ich würde mir wünschen, endlich angekommen zu sein. Wahrscheinlich seit 2019, weil ich in einem Arztbrief an meinen damaligen Hausarzt zufällig auf den Satz: “Diabetes bereits diagnostiziert” gestoßen bin. Ich habe meinen Hausarzt dann darauf angesprochen und wurde mit “ist nicht schlimm” beschwichtigt.
    Lange Rede. Ich habe einen neuen Hausarzt und einen sehr netten Diabetologen, bei dem ich jetzt seit 4 Jahren in Behandlung bin. Ich vertrage die orale Therapie nicht und spritze ICT. Dennoch bin ich in diesem Thema immer noch absoluter Neuling. Natürlich habe ich viermal im Jahr ein Gespräch mit meinem Diabetologen. Das hilft aber im täglichen Umgang nicht wirklich. Auch die anfangs verordnete Schulung war doch sehr oberflächlich und das war es. Ich kenne nicht die Möglichkeiten, die mir zustehen. Ich habe mir alles, was ich zu wissen glaube aus Büchern angelesen. Irgendwie fühle ich mich allein gelassen, irgendwie durchgerutscht. Ich kenne niemanden in meinem Bekanntenkreis, der Diabetes hat und die nächste Selbsthilfegruppe ist über 50 km entfernt.
    Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.

  • shangwari postete ein Update vor 5 Tagen, 10 Stunden

    Ich habe mir ein neues Mobiltelefon von Samsung (A56) zugelegt. An manchen Tagen saugt die Freestyle Libre App den Akku in nicht mal 12 Stunden leer. In einigen Foren habe ich von dem gleichen Problem gelesen. Da ich auf dem Telefon nachlesen kann, wer denn den ganzen Strom verbraucht hat, konnte ich die App genau identifizieren. Gehe ich in den Einstellungen auf Gerätewartung und lasse diese dann optimieren, ist das Problem für einige Zeit behoben. Heute habe ich bei Abbott angerufen und mein Problem geschildert. Ich habe erfahren, dass einige Telefone noch nicht mit Freestyle getestet wurden. (So auch meins) Der Ratschlag ist, die App zu deinstallieren und neu aus dem Store herunterladen. Bei der automatischen Übernahme der Telefone (beim einrichten eines neuen Mobil) kann sein das die App nicht aus dem Store geladen wurde – sondern vom “alten” Telefon. Ich werden noch warten bis mein Sensor eh erneuert werden muss und dann wage ich mich daran. Bis es soweit ist werde ich mich mit der “Optimieren – Taste” behelfen.

    • Hallo,
      Ich hatte das Problem auch mit meinem iPhone SE20 und dachte, es liegt daran, dass mein Handy zu alt war und hab mir so eine Powerbank-Hülle gekauft. Viel erfolg!

Verbände