Feuchte Augen und ein Kloß im Hals: Zu Besuch bei Novo Nordisk – Teil #1

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Feuchte Augen und ein Kloß im Hals: Zu Besuch bei Novo Nordisk – Teil #1

Das Allerbeste am Journalistendasein ist, dass man gelegentlich zu Pressereisen eingeladen wird. Manchmal sind das Veranstaltungen am Rande großer Kongresse, die ich ohnehin besuche, um darüber zu berichten. Manchmal aber auch Einladungen ganz losgelöst von derartigen Ereignissen. Vor Kurzem hatte ich auf diesem Wege die großartige Gelegenheit, als eine von insgesamt 27 Journalisten aus 11 europäischen Ländern direkt vor Ort in einem neuen Werk zur Insulinabfüllung im dänischen Hillerød einige wichtige Menschen aus der Führungsetage des Insulinherstellers Novo Nordisk kennen zu lernen, viel über seine Unternehmenshistorie und Philosophie zu erfahren und einen Blick in die heiligen Hallen zu werfen, in denen Insulinpens montiert und für den Transport in die verschiedenen Regionen dieser Erde vorbereitet werden.

Ein dänisches Paar auf Forschungsreise in den USA

Novo Nordisk
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Präsident und CEO Lars Rebien Sørensen nahm uns mit in die Geschichte der industriellen Insulinherstellung in Dänemark, die 1922 mit August und Marie Krogh begann. August Krogh war Professor an der Universität Kopenhagen und hatte 1920 den Nobelpreis für Physiologie erhalten. Das Paar war von Forschern der Universität Yale eingeladen worden und hörte auf seinen Reisen durch die USA täglich von Berichten über Menschen mit Diabetes, die mit Insulin behandelt wurden. (Wir erinnern uns: Das Hormon war erst 1921 von den beiden kanadischen Forschern Frederick Banting und Charles Best entdeckt worden.) Marie Krogh war als Ärztin besonders an dieser neuen Therapieoption interessiert, denn sie behandelte in ihrer eigenen Praxis mehrere Patienten mit Typ-1-Diabetes und litt selbst unter Typ-2-Diabetes. Mit einer Erlaubnis aus Toronto, das lebenswichtige Insulin in Skandinavien herzustellen und zu verkaufen, kehrten August und Marie Krogh Ende 1922 nach Kopenhagen zurück und gründeten zusammen mit dem dänischen Arzt Hans Christian Hagedorn das Unternehmen Nordisk Insulinlaboratorium.

Novo Nordisk
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Schweine, Milch und Hefe: Pharma-Knowhow aus der Landwirtschaft

CEO Lars Rebien Sørensen erklärte, dass die Insulinproduktion und kontinuierliche Forschung nur deshalb so erfolgreich gelingen konnte, weil Dänemark ein stark landwirtschaftlich geprägtes Land ist: „Hier leben 5 Millionen Menschen, aber 25 Millionen Schweine.“ Ausreichend Rohmaterial also für die Produktion des Stoffwechselhormons, das bis in die 1980er Jahre standardmäßig auf Basis von Schweineinsulin hergestellt wurde. Doch auch weitere landwirtschaftliche Zweige waren für die Weiterentwicklung der Insulinproduktion bedeutsam: „In den benachbarten Betrieben der Milchwirtschaft hatte man viel Erfahrung mit der hygienischen Aufbereitung von Rohstoffen. Und in den Brauereien kannte man sich mit Hefe aus, die später für die Produktion des künstlichen Insulins eingesetzt wurde“, erzählte der CEO. Bis heute fühle sich das Unternehmen daher der Landwirtschaft eng verbunden.

Gäbe es diese Maschinen nicht, wäre ich nicht mehr am Leben

An einen Schweine- oder Kuhstall erinnerte allerdings rein gar nichts, als wir die heiligen Hallen der Insulinabfüllung und -verpackung in Hillerød betraten. Hier ging es klinisch rein zu: Als Besucher mussten wir in einem Schleuseraum, der die schöne dänische Bezeichnung „gæstesluse“ trägt, Überschuhe und einen Kittel anziehen und die Hände waschen und desinfizieren, bevor wir die Produktionshallen betreten durften. Hier werden Einweg-Insulinpens montiert und mit Insulin befüllt. Von einer Galerie aus konnten wir aus der Ferne zusehen, wie sich in den hermetisch abgedichteten Glaskästen mit ihrem sterilen Innenleben die Einfüllstutzen immer wieder über eine Reihe kleiner Insulinampullen senkten und sie mit Insulin befüllten. Zack, und fertig, das Band bewegte sich weiter. Und wieder zack und fertig. Es mag vielleicht kitschig klingen, doch als ich diesen automatisierten Prozess beobachtete, hatte ich auf einmal Tränen in den Augen. Ich bin angewiesen auf Insulin. Gäbe es diese Maschinen nicht, dann wäre ich längst nicht mehr am Leben. Ich verwende zwar Lantus und Liprolog und damit kein Insulin aus dem Hause Novo Nordisk, aber das spielte in diesem für mich so besonderen Moment überhaupt keine Rolle. Ich war einfach ungeheuer dankbar, dass es auf der Welt so viele Menschen gab und weiterhin gibt, die an Arzneimitteln forschen und nach Wegen suchen, sie kostengünstig zu produzieren und Menschen wie mir zur Verfügung zu stellen. Man kann sicher oft mit gutem Grund über die Pharmaindustrie schimpfen. Doch ich werde nie zu denen gehören, die blindwütig auf die „ach so böse Pharmaindustrie“ einprügeln. Dazu brauche ich diesen Industriezweig viel zu sehr – mit ein paar hundertfach potenzierten Homöopathie-Kügelchen ist es bei Typ-1-Diabetes schließlich nicht getan.

Die Kartons werden mit Barcodes auf ihre Reise geschickt

Novo Nordisk
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In den Fertigungsstraßen, die wir besichtigten, werden die fertig befüllten Ampullen in Einwegpens (FlexTouch) montiert und anschließend verpackt. Die Apothekerin Eva Bak Skov, die normalerweise in der Qualitätssicherung arbeitet, wenn sie nicht gerade Journalisten durch das Werk führt, erklärte uns: „Je nachdem, für welches Land die Lieferung vorgesehen ist und wie die Gegebenheiten oder Verordnungsvorgaben dort sind, werden die Insulinpens einzeln oder bis zu 5 Stück zusammen verpackt.“ Die fertigen Verpackungen werden gewogen, bei kleinsten Abweichungen wird das Produkt aussortiert – es könnte ja sein, dass der Beipackzettel fehlt oder die Insulinampulle einen Riss hat und nicht mehr ganz voll ist. Auf den Kartons sind Barcodes aufgedruckt, die an verschiedenen Kontrollpunkten automatisch eingelesen werden, damit der Karton auf genau das Rollband weitergeleitet wird, das ihn an die vorgesehene Stelle im Lager bringt, von wo aus er nach Mexiko, China oder irgendwo anders in der Welt transportiert wird.

Novo Nordisk
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Lest im Teil #2 mehr über die Produktionsstätten für Rohinsulin, den Brexit und Tresiba.

 

 

 

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • moira antwortete vor 1 Woche

      Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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