Feuchte Augen und ein Kloß im Hals: Zu Besuch bei Novo Nordisk – Teil #1

4 Minuten

Community-Beitrag
Feuchte Augen und ein Kloß im Hals: Zu Besuch bei Novo Nordisk – Teil #1

Das Allerbeste am Journalistendasein ist, dass man gelegentlich zu Pressereisen eingeladen wird. Manchmal sind das Veranstaltungen am Rande großer Kongresse, die ich ohnehin besuche, um darüber zu berichten. Manchmal aber auch Einladungen ganz losgelöst von derartigen Ereignissen. Vor Kurzem hatte ich auf diesem Wege die großartige Gelegenheit, als eine von insgesamt 27 Journalisten aus 11 europäischen Ländern direkt vor Ort in einem neuen Werk zur Insulinabfüllung im dänischen Hillerød einige wichtige Menschen aus der Führungsetage des Insulinherstellers Novo Nordisk kennen zu lernen, viel über seine Unternehmenshistorie und Philosophie zu erfahren und einen Blick in die heiligen Hallen zu werfen, in denen Insulinpens montiert und für den Transport in die verschiedenen Regionen dieser Erde vorbereitet werden.

Ein dänisches Paar auf Forschungsreise in den USA

Novo Nordisk
Novo Nordisk

Präsident und CEO Lars Rebien Sørensen nahm uns mit in die Geschichte der industriellen Insulinherstellung in Dänemark, die 1922 mit August und Marie Krogh begann. August Krogh war Professor an der Universität Kopenhagen und hatte 1920 den Nobelpreis für Physiologie erhalten. Das Paar war von Forschern der Universität Yale eingeladen worden und hörte auf seinen Reisen durch die USA täglich von Berichten über Menschen mit Diabetes, die mit Insulin behandelt wurden. (Wir erinnern uns: Das Hormon war erst 1921 von den beiden kanadischen Forschern Frederick Banting und Charles Best entdeckt worden.) Marie Krogh war als Ärztin besonders an dieser neuen Therapieoption interessiert, denn sie behandelte in ihrer eigenen Praxis mehrere Patienten mit Typ-1-Diabetes und litt selbst unter Typ-2-Diabetes. Mit einer Erlaubnis aus Toronto, das lebenswichtige Insulin in Skandinavien herzustellen und zu verkaufen, kehrten August und Marie Krogh Ende 1922 nach Kopenhagen zurück und gründeten zusammen mit dem dänischen Arzt Hans Christian Hagedorn das Unternehmen Nordisk Insulinlaboratorium.

Novo Nordisk
Novo Nordisk
Novo Nordisk
Novo Nordisk

Schweine, Milch und Hefe: Pharma-Knowhow aus der Landwirtschaft

CEO Lars Rebien Sørensen erklärte, dass die Insulinproduktion und kontinuierliche Forschung nur deshalb so erfolgreich gelingen konnte, weil Dänemark ein stark landwirtschaftlich geprägtes Land ist: „Hier leben 5 Millionen Menschen, aber 25 Millionen Schweine.“ Ausreichend Rohmaterial also für die Produktion des Stoffwechselhormons, das bis in die 1980er Jahre standardmäßig auf Basis von Schweineinsulin hergestellt wurde. Doch auch weitere landwirtschaftliche Zweige waren für die Weiterentwicklung der Insulinproduktion bedeutsam: „In den benachbarten Betrieben der Milchwirtschaft hatte man viel Erfahrung mit der hygienischen Aufbereitung von Rohstoffen. Und in den Brauereien kannte man sich mit Hefe aus, die später für die Produktion des künstlichen Insulins eingesetzt wurde“, erzählte der CEO. Bis heute fühle sich das Unternehmen daher der Landwirtschaft eng verbunden.

Gäbe es diese Maschinen nicht, wäre ich nicht mehr am Leben

An einen Schweine- oder Kuhstall erinnerte allerdings rein gar nichts, als wir die heiligen Hallen der Insulinabfüllung und -verpackung in Hillerød betraten. Hier ging es klinisch rein zu: Als Besucher mussten wir in einem Schleuseraum, der die schöne dänische Bezeichnung „gæstesluse“ trägt, Überschuhe und einen Kittel anziehen und die Hände waschen und desinfizieren, bevor wir die Produktionshallen betreten durften. Hier werden Einweg-Insulinpens montiert und mit Insulin befüllt. Von einer Galerie aus konnten wir aus der Ferne zusehen, wie sich in den hermetisch abgedichteten Glaskästen mit ihrem sterilen Innenleben die Einfüllstutzen immer wieder über eine Reihe kleiner Insulinampullen senkten und sie mit Insulin befüllten. Zack, und fertig, das Band bewegte sich weiter. Und wieder zack und fertig. Es mag vielleicht kitschig klingen, doch als ich diesen automatisierten Prozess beobachtete, hatte ich auf einmal Tränen in den Augen. Ich bin angewiesen auf Insulin. Gäbe es diese Maschinen nicht, dann wäre ich längst nicht mehr am Leben. Ich verwende zwar Lantus und Liprolog und damit kein Insulin aus dem Hause Novo Nordisk, aber das spielte in diesem für mich so besonderen Moment überhaupt keine Rolle. Ich war einfach ungeheuer dankbar, dass es auf der Welt so viele Menschen gab und weiterhin gibt, die an Arzneimitteln forschen und nach Wegen suchen, sie kostengünstig zu produzieren und Menschen wie mir zur Verfügung zu stellen. Man kann sicher oft mit gutem Grund über die Pharmaindustrie schimpfen. Doch ich werde nie zu denen gehören, die blindwütig auf die „ach so böse Pharmaindustrie“ einprügeln. Dazu brauche ich diesen Industriezweig viel zu sehr – mit ein paar hundertfach potenzierten Homöopathie-Kügelchen ist es bei Typ-1-Diabetes schließlich nicht getan.

Die Kartons werden mit Barcodes auf ihre Reise geschickt

Novo Nordisk
Novo Nordisk

In den Fertigungsstraßen, die wir besichtigten, werden die fertig befüllten Ampullen in Einwegpens (FlexTouch) montiert und anschließend verpackt. Die Apothekerin Eva Bak Skov, die normalerweise in der Qualitätssicherung arbeitet, wenn sie nicht gerade Journalisten durch das Werk führt, erklärte uns: „Je nachdem, für welches Land die Lieferung vorgesehen ist und wie die Gegebenheiten oder Verordnungsvorgaben dort sind, werden die Insulinpens einzeln oder bis zu 5 Stück zusammen verpackt.“ Die fertigen Verpackungen werden gewogen, bei kleinsten Abweichungen wird das Produkt aussortiert – es könnte ja sein, dass der Beipackzettel fehlt oder die Insulinampulle einen Riss hat und nicht mehr ganz voll ist. Auf den Kartons sind Barcodes aufgedruckt, die an verschiedenen Kontrollpunkten automatisch eingelesen werden, damit der Karton auf genau das Rollband weitergeleitet wird, das ihn an die vorgesehene Stelle im Lager bringt, von wo aus er nach Mexiko, China oder irgendwo anders in der Welt transportiert wird.

Novo Nordisk
Novo Nordisk

Lest im Teil #2 mehr über die Produktionsstätten für Rohinsulin, den Brexit und Tresiba.

 

 

 

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Diabetes-Anker-Podcast – Höhen & Tiefen: Was die Diagnose Doppel-Diabetes bedeutet – im Gespräch mit Katharina und Daniel

In dieser Folge unseres Podcast-Community-Formats „Höhen & Tiefen“ sprechen wir über das Thema Doppel-Diabetes – einer Kombination aus Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Unsere Gäste, Katharina und Daniel, teilen ihre persönlichen Geschichten über ihre Erfahrungen mit dieser Diagnose und wie sie sich auf ihr Diabetes-Management auswirkt.
Diabetes-Anker-Podcast – Höhen & Tiefen: Was die Diagnose Doppel-Diabetes bedeutet – im Gespräch mit Katharina und Daniel | Foto: privat/MedTriX

2 Minuten

Diabetes-Anker-Podcast: Welche Adipositas-Therapie eignet sich für wen, Herr Prof. Blüher?

Der Diabetologe und Forscher Prof. Dr. Matthias Blüher ist ein renommierter Experten für die Erforschung und Behandlung von Adipositas (starkes Übergewicht). Im Diabetes-Anker-Podcast haben wir mit ihm über das Krankheitsbild und die Therapie-Möglichkeiten gesprochen.
Diabetes-Anker-Podcast mit Prof. Dr. Matthias Blüher – Adipositas | Foto: Dirk Michael Deckbar

2 Minuten

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • Wir freuen uns auf das letzte virtuelle Community-MeetUp des Jahres! 🎄Morgen, Donnerstag, um 18 Uhr. Alle Infos findet ihr hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-dezember-2/

  • bloodychaos postete ein Update vor 6 Tagen, 3 Stunden

    Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.

    • Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.

      So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
      Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.

      Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
      Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.

      Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
      https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
      Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷‍♂️

      Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
      Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
      (Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)

    • @ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.

    • @bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
      Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
      Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).

  • loredana postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag

    Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.

Verbände