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Stand Sommer 2020 können wir wieder reisen, über die deutschen Landesgrenzen hinaus. Wer nun noch folgende Urlaubs-Tipps und Hinweise berücksichtigt, der steht vor einem erholsamen und unbeschwerten Urlaub.
Johanna M. ist zum ersten Mal so weit weg von zu Hause – die Reise nach Südspanien war ihr von ihrer Tochter zum 70. Geburtstag geschenkt worden. Seit einigen Tagen klagt sie über Brennen beim Wasserlassen – und therapiert dies mit „Blasen- und Nierentee“, da sie den Hausarzt nicht belästigen will.
Jetzt aber, als sie literweise Wasser lassen muss und gleichzeitig ca. 5 Liter Tee am Tag trinkt, ist sie mit ihrer Tochter am Urlaubsort doch in die Klinik gefahren. Dort testet man bei einer Untersuchung auch den Blutzucker (sie hat seit 10 Jahren Typ-2-Diabetes) und stellt einen Wert von 600 mg/dl (33,3 mmol/l) fest, ein „hyperosmolares Koma“ droht. Sie hatte ihren Blutzucker selten getestet – auch gar nicht an einen so hohen Wert gedacht. Jetzt muss sie leider einige Tage in der Klinik bleiben – schöner Urlaub …!
Stand Juli reisen wir wieder über die bundesdeutschen Grenzen hinaus. Für Menschen mit Diabetes gibt es über das Corona-Virus hinaus einiges zu beachten, was im Einzelfall sogar gefährlich werden könnte. Nicht mehr zu beachten braucht man bei Flugreisen in der Regel die Temperaturen im Frachtraum, da sie heute meist im positiven Bereich liegen. Aber: Wenn das gesamte Insulin für 3 Wochen im Koffer und dieser bei der Ankunft in der Ferne nicht mehr aufzufinden ist, dann spielt dies schon eine Rolle!
Wer Diabetes hat, der campt, surft und treckt, geht Bergwandern, Fallschirmfliegen oder Tauchen wie jeder andere auch. Aber sie alle müssen auch dazu geschult sein, bei −30 °C ihren Blutzucker zu testen, eine Hypoglykämie auch im Gebirge oder in der Wüste bei +40 °C zu erkennen und richtig zu behandeln.
Vor allem lang anhaltende Hitze kann Menschen und Insulinpens, Messgeräten, Teststreifen, Insulin so zusetzen, dass sie mehr damit beschäftigt sind, als Ihren Urlaub zu genießen. Deshalb bedenken Sie bei der Urlaubsplanung grob einige wichtige Dinge, die Ihren Urlaub auch in extremen Situationen zu einem positiven Erlebnis machen, wenn sie beherrscht werden.
Vor jedem geplanten Urlaub sollte man sich fragen:
So kann es bei nicht stabiler Stoffwechseleinstellung und unbekannten Nahrungsmitteln, deren Kohlenhydratgehalt oder Blutzuckerwirksamkeit man nicht abschätzen kann, zu extremen Blutzuckerentgleisungen kommen. Soll z. B. ein Kletterer (mit Diabetes) seinen Mit-Kletterer am Berg sichern, so muss sich jeder darauf verlassen können, dass dieser seinen Diabetes sicher im Griff hat!
Nach aktuellen sportmedizinischen Empfehlungen und Einschätzungen verbessern Ausdauer- sowie mäßiger Schnell-Kraft-Sport die Insulinempfindlichkeit des Betroffenen. Gut also, wer sich auch im Urlaub solchermaßen betätigt: Sport als Teil der Diabetes-Therapie!
Grundsätzlich ist jeder Mensch mit Diabetes so aktiv wie andere auch, was bei relativ stabilen Werten natürlich einfacher ist. Außerdem sollten keine Risiken wie Folge- und Begleiterkrankungen vorliegen, die sich durch die Aktivitäten verschlechtern können. Bestehen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Netzhautschäden oder Durchblutungsstörungen des Herzens, müssen diese natürlich beachtet werden!
Medikamente
Unterzuckerungs-Notfall-Set
weitere Ausrüstung
Mineralwasser, Thermosflasche, Thermo-Tasche für Insulin, Pen, Mundschutz, Handdesinfektionsmittel etc.
Wenn doch einmal eine Reise abgebrochen, man gar aus medizinischem Grund heimtransportiert werden muss, ist es besser, je besser der Erkrankungsverlauf dokumentiert ist! Angaben zu HbA1c, Augenhintergrund und Blutdruck im „Gesundheits-Pass Diabetes“ wären für diesen Fall grundlegend, ebenso dokumentierte Blutzucker-/Gewebezuckerwerte in modernen Messgeräten.
Hilfreich sind auch ärztliche Unterlagen wie Krankenhaus-Entlassbriefe, am besten sogar übersetzt ins Englische. Und neben den Namen Ihrer Medikamente sollten Sie sich auch deren Inhaltsstoffe notieren.
Die Medikamente sollten mindestens in doppelter Menge als benötigt mitgenommen und am besten auf mehrere Gepäckstücke verteilt werden. Ausweise/Bescheinigungen über den Diabetes (Insulintherapie, Insulinpumpentherapie etc.) sollten in mehreren Sprachen vorhanden sein:
Sollte ich blutzuckersenkende Tabletten weiternehmen oder absetzen? Die Insulindosis steigern oder verringern? Jeder Infekt, jede Erkältung mit Fieber oder auch eine Durchfallerkrankung sind Stress für den Körper. Unser Immunsystem arbeitet auf Hochtouren. Fieber treibt die Zuckerwerte im Blut hoch – bei Durchfall und Erbrechen kann es zu einem Blutzuckerabfall kommen. Bei einem schweren Infekt muss das Insulin angepasst werden, in der Regel erhöht, bei Erbrechen und Durchfall möglicherweise reduziert.
Typ-2-Diabetiker mit Tablettentherapie brauchen bei einem Infekt oft auch Insulin – manchmal nur vorübergehend. Aber bei Erbrechen und Durchfall kann es nötig sein, Tabletten abzusetzen oder die Menge zu reduzieren, denn wenn keine Kohlenhydrate (Brot, Nudeln, Obst etc.) aufgenommen werden, droht eine Unterzuckerung (Hypoglykämie).
Um möglichst Magen-Darm-Infekte zu verhindern, gelten für die Lebensmittelhygiene besondere Vorsichtsmaßnahmen:
Bei Übelkeit, Erbrechen oder auch Durchfall können entsprechende Elektrolytlösungen oder auch Medikamente wie Imodium oder Kohlekompretten nützlich sein. Eine medikamentöse Prophylaxe kann manchmal bei Kurzreisen (z. B. beruflich) sinnvoll sein. Ein risikoreicher Verlauf ist möglich besonders bei immungeschwächten Menschen (z. B. HIV), aber auch bei Menschen mit schweren Begleiterkrankungen (wie chronisch-entzündlicher Darmerkrankung), bei Senioren und Kindern.
Autor:
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2020; 69 (8) Seite 34-36
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