- Behandlung
Handeln ist angezeigt!
3 Minuten
Dr. Gerhard-W. Schmeisl über die gewichtigen Ausmaße der Deutschen und über das Ausmaß, welches das Thema Übergewicht in unserer Gesellschaft einnimmt. Er führt ein in die Behandlung der krankhaften Fettleibigkeit, der Adipositas, und umreißt das Titelthema.
Medizinische Leitlinien sollen die (Therapie-)Entscheidungen der Ärzte unterstützen. Seit 2014 gibt es eine neue S3-Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) in Kooperation mit der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM).
Die Adipositas, sprich krankhafte Fettleibigkeit, ist nun offiziell als Krankheit zumindest definiert. Dies hat Bedeutung dafür, dass in Zukunft die adäquate Behandlung der Adipositas – konservativ oder chirurgisch – eine Kassenleistung ist und bleibt; zuvor wurden häufig nur die Folgekrankheiten therapiert – und stark Übergewichtige stigmatisiert.
Lebensstil-Intervention: die Realität sieht anders aus
Die aktuelle Forschung zeigt, dass durch eine kalorienreduzierte Ernährung, oft kombiniert mit einer Verhaltenstherapie, eine Gewichtsreduktion möglich ist. Nur: Dies kann bei massiver Adipositas kaum längerfristig effektiv sein – vor allem dann nicht, wenn schon Schäden z. B. an den Gelenken oder am Herzenvorliegen. Übergewicht, Adipositas und Typ-2-Diabetes sind durch Lebensstil-Interventionen theoretisch gut behandelbar – die Realität sieht aber anders aus.
In der DEGS-Studie des Robert Koch-Instituts im Zeitraum von 2008 bis 2011 zeigte sich zum Körpergewicht der Deutschen folgendes Bild: 67,1 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen waren übergewichtig; gar adipös waren demnach schon 23,3 Prozent der Männer und 23,9 Prozent der Frauen.
Die Tendenz zu mehr Gewicht nahm in den letzten Jahren stetig zu! Bewegungsarmut im Alltag und Fernsehen, PC-Tätigkeit, Facebook-Freundschaften fördern den Trend – unterstützt durch Autos, Rolltreppen und ein allgegenwärtiges üppiges Verzehrangebot. Krankheitsrisiken steigen, die Menschen sterben früher, volkswirtschaftlich relevant sind dramatisch zunehmende Kosten. Handeln ist angezeigt.
Möglichkeiten der bariatrischen Chirurgie
In diese Situation hinein verspricht manch reißerischer Artikel eine rasche Heilung massiver Adipositas mit dem Skalpell: “Was weg ist, kann nicht mehr schaden!” Mit diesem Artikel (und auch den folgenden) werden die Möglichkeiten der bariatrischen Chirurgie vorgestellt – zum Beispiel aus einem zertifizierten Zentrum (Zentrum Operative Medizin Würzburg) unter Federführung von Privatdozent Dr. Christian Jurowich; er ist Leiter der bariatrischen Chirurgie und stellvertretender Klinikdirektor.
Zu diesem Team gehören auch ambulant tätige Psychologen, die in der Vorbereitung und auch nach der Operation begleitend einen wichtigen Part einnehmen (siehe Kasten “Psychologische Module”); dies auch deshalb, da 40 bis 50 Prozent der Patienten bereits an psychiatrischen Vorerkrankungen leiden wie:
- Essstörungen und Essverhaltensstörungen,
- Depression,
- Angststörungen.
- Information/Beratung
- Notwendige Verhaltensregeln
- Selbstmanagement, Selbstbeobachtung, Eigenverantwortung
- Analyse des Essverhaltens – emotionsreguliertes Essverhalten
- Motivation zur regelmäßigen Bewegung (3-mal 60 Min./Woche)
- Allgemeine Probleme und Bedürfnisse, Ängste, Konflikte
Das Ganze jeweils 2, 4 und 6 Monate nach der Operation. Dann nach 9 und 12 Monaten, nach dem 1. Jahr weiterhin alle 6 Monate, bei Bedarf auch alle 3 Monate.
Quelle: Adipositaszentrum Würzburg
In dem Zusammenhang müssen auch spezielle Erkrankungen ausgeschlossen (oder eben erkannt) werden wie Binge Eating Disorder, also wiederholte Essattacken, und ein Night Eating Syndrome, also nächtlicher Heißhunger. So kann man Betroffene nicht bariatrisch behandeln mit:
- akuten Psychosen,
- Suchterkrankungen (Alkohol, Medikamente, Drogen),
- starker kognitiver Beeinträchtigung,
- mangelnder Compliance,
- Essstörungen (Bulimie).
Nicht als Ausschlusskriterien werden angesehen:
- seit Jahren bestehende und behandelte Psychosen,
- Depressionen,
- Binge Eating oder Sweet Eating (überwiegender Verzehr süßer Nahrung und Getränke).
Lebenslange Nachsorge ist nötig
Eine entsprechende Vorbereitung, besonders auch eine lebenslange Nachbetreuung spielen eine entscheidende Rolle für den Erfolg einer solchen Operation (siehe Umfrage-Bewertung oben). Hierüber und über weitere notwendige Maßnahmen berichtet detailliert Dr. Jörg Simon aus der Sicht des ambulant in der Praxis tätigen Diabetologen.
Gefragt sind besonders ernährungstherapeutische Maßnahmen – andernfalls wären langfristig gefährliche Mangelerscheinungen die Folge. Nur dadurch kann die chirurgische Therapie der Adipositas – je nach angewandtem Verfahren – auch langfristig erfolgreich sein. Der Aufwand der Nachsorge hängt dabei natürlich auch direkt mit der Art des gewählten Operationsverfahrens zusammen.
Dr. Simon ist auch Vorsitzender verschiedener Netzwerke in der Region Fulda/Hessen, die eine Versorgung von Patienten sektorübergreifend verbessern helfen wollen.
von Dr. Gerhard-W. Schmeisl
Internist/Angiologe/Diabetologe, Chefarzt Deegenbergklinik sowie Chefarzt Diabetologie Klinik Saale (DRV-Bund)
Deegenbergklinik, Burgstraße 21, 97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71/8 21-0 sowie
Klinik Saale, Pfaffstraße 10, 97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71/8 5-01
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (5) Seite 18-19
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche, 1 Tag
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 2 Tagen
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike