Insulin für viele und weitere Entwicklungen

3 Minuten

Insulin für viele und weitere Entwicklungen

Das hundertjährige Jubiläum der Produktion von Insulin, um viele Menschen mit dem lebensrettenden Hormon zu versorgen, war Anlass für das Unternehmen Sanofi, Journalisten in einer Presse-Konferenz über die Historie sowie aktuelle und zukünftige Entwicklungen zu informieren.

Hundert Jahre Insulin-Produktion bei Sanofi bzw. Hoechst: “Wir wollen mit Ihnen nach hinten schauen – wir wollen mit Ihnen nach vorne schauen”, begrüßte Martina Wolters vom Unternehmen Sanofi die Anwesenden Mitte Mai im Peter-Behrens-Bau im Industriepark Hoechst in Frankfurt. Das Gebäude entstand zwischen 1920 und 1924 und Turm und Brücke waren früher das Symbol der ehemaligen Hoechst AG und bildeten das Tor zu Fabrik und Stadtteil.

Insulin für viele ab 1923

Damit sind wir genau in der Zeit, als dort im Unternehmen erstmals Insulin in großer Menge produziert wurde: im Oktober 1923 eine Tonne, wie Prof. Dr. W. Dieter Paar, Direktor der Medizinischen Abteilung bei Sanofi, berichtete. Heute sind es knapp 150 Milliarden Einheiten Insulin in 440 Millionen Insulinpens, die das Werk jedes Jahr verlassen.

Die Geschichte des Insulins ist natürlich älter als 100 Jahre. Paul Langerhans entdeckte bereits 1869 die Inselzellen in der Bauchspeicheldrüse, 1921 wurde die Bedeutung des Insulins erkannt. So fingen die Farbwerke Hoechst an, in einem Labor – das keine Ähnlichkeit hatte mit den hochtechnisierten Anlagen von heute – mit der Produktion von Insulin, das im Jahr 1923 als “Insulin Hoechst” auf den Markt kam. Seitdem hat sich im Unternehmen, das heute Sanofi heißt, viel bei den Insulinen getan, wie die Darstellung der Meilensteine zeigt. Über tierische Insuline, die aus Bauchspeicheldrüsen von Tieren aus Schlachthöfen gewonnen wurden, über Humaninsuline, die gentechnisch hergestellt wurden und werden, bis zu Insulin-Analoga, bei denen das Insulin-Molekül für eine kürzere oder längere Wirkzeit gegenüber dem Humaninsulin verändert wurde, ging die Entwicklung. Heute werden deutlich mehr Insulin-Analoga verordnet als Humaninsuline, wie der Arzneiverordnungsreport 2022 zeigt.

Etwa 25 Prozent benötigen ab Diagnose Insulin als Medikament

Es sind nicht nur Menschen mit Typ-1-Diabetes, die Insulin als Medikament benötigen. Paar wies auf die Klassifikation der Diabetes-Typen von Ahlqvist und Kollegen hin: Die Menschen mit den Subtypen “schwerer autoimmuner Diabetes (SAID)” und “schwerer Insulin-defizitärer Diabetes (SIDD)” benötigen von Diagnose an eine Behandlung mit Insulin – das sind etwa 25 Prozent der Menschen mit Diabetes.

Mit der Insulin-Therapie hängen weitere Elemente zusammen. So hilft die App “myDose Coach” beim Titrieren, also Anpassen der Dosis des langwirkenden Insulins. Und wiederverwendbare Kappen speichern, wann und wie viel Insulin gespritzt wurde.

Entwicklungen verändern die Therapie

Der Diabetologe Prof. Dr. Thomas Danne aus Hannover meint, dass sich aufgrund der aktuellen Entwicklungen die Therapie des Typ-1-Diabetes stark ändert. Einer der Aspekte ist der anzustrebende Zielwert. Hier steht nicht mehr nur das HbA1c als Langzeit-Blutzucker-Wert im Mittelpunkt, sondern nun auch die Zeit im Zielbereich, als TIR (Time in Range) bezeichnet. Auch wichtig sind die eingesetzten Insuline. So ließ sich in der Studie ULTRAFLEXI-1 mit Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes zeigen, dass zum Beispiel Sport mit dem Insulin-Analogon Insulin glargin 300 Einheiten pro Milliliter (Handelsname: Toujeo) auch spontan möglich ist, ohne dass die Zahl der Unterzuckerungen steigt.

Typ-1-Diabetes aufhalten

Ein Medikament, das den Ausbruch der Diabetes-Symptome um mehr als zwei Jahre hinauszögernkann, ist Teplizumab. Es wird Menschen, bei denen durch ein Screening auf Diabetes-spezifische Antikörper ein sehr hohes Risiko für das Auftreten eines Typ-1-Diabetes festgestellt wurde, 14 Tage lang als Infusion verabreicht. Zugelassen ist es bisher in den USA. Für Eltern von Kindern gilt dann, dass sie entscheiden können, ob ihr Kind 14 Tage lang Teplizumab bekommt und die Symtome voraussichtlich später auftreten oder ob das Kind zeitnah mit einem Behandlungs-bedürftigen Diabetes lebt. Danne stellte die Frage: “Wie kriegen wir denn jetzt die ganzen Leute raus, die keine Symptome haben?” Seine Antwort: “Wir brauchen dringend ein Populations-Screening.”

© Kirchheim-Verlag
Meilensteine der letzten 100 Jahre


Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (7) Seite 14-15

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Diabetes-Anker-Podcast: Was leisten Apotheken für Menschen mit Diabetes, Herr Manfred Krüger?

Diabetes-Anker-Podcast: Was leisten Apotheken für Menschen mit Diabetes, Herr Manfred Krüger? | Foto: Dirk Deckbar / MedTriX

2 Minuten

Kinder mit Diabetes in der Infekt-Zeit: Krankheiten meistern ohne Stoffwechsel-Entgleisungen

Herbstzeit ist Infekt-Zeit: Wenn Kinder mit Diabetes Krankheiten bekommen, können Stoffwechsel-Entgleisungen drohen. Denn Fieber und Erkältungen erhöhen die Glukosewerte und lassen den Insulin-Bedarf steigen. Worauf Eltern achten sollten, erklärt Diabetesberater André Kluge.
Kinder mit Diabetes in der Infekt-Zeit: Krankheiten meistern ohne Stoffwechsel-Entgleisungen | Foto: Syda Productions – stock.adobe.com

3 Minuten

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

Verbände