Insulin-Serie: Auf den richtigen Umgang kommt es an

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Insulin-Serie: Auf den richtigen Umgang kommt es an

In der Insulin-Serie haben Sie die unterschiedlichen Insuline kennengelernt. Dies bietet die Möglichkeit, für jede Form der Insulintherapie auch ein passendes Insulin zu finden, mit dem man den Alltag gut bewältigen kann. Doch die richtige Auswahl des Insulins ist nur ein Teilaspekt einer guten Behandlung: Auch der richtige Umgang mit Insulin will gelernt sein – und manchmal steckt der Teufel im Detail, wie unser Beispiel zeigt.

Das Fallbeispiel

Peter K. ist junger und intelligenter Entwicklungsingenieur eines bekannten Autoherstellers. Seit 3 Jahren hat er Typ-1-Diabetes, den er nach einer guten Schulung gut managt. Durch seinen Diabetes wird er nicht beeinträchtigt: nicht privat oder in der Freizeit – und auch nicht im Beruf. So richtete er erst vor kurzem eine neue Produktionsstraße ein für das nächste Modell einer erfolgreichen Serie.

An einem heißen Sommertag bemerkte er schon nach dem Frühstück, dass sein Blutzucker offenbar stark stieg. Zwei Stunden nach der Mahlzeit lag der Blutzucker bereits bei 290 mg/dl (16,1 mmol/l). Korrekturen bis zum Mittagessen blieben ohne Erfolg. Was Peter noch auffiel, war, dass er stark schwitzte und sein Schweiß “so merkwürdig” roch. Sein Hemd klebte an der Brust.

Als der Blutzucker am frühen Nachmittag bei 425 mg/dl (23,6 mmol/l) lag, wechselte Peter den Insulin-Pen – und schon nach einer Stunde begann der Blutzucker wieder zu sinken und war bis zum Abendessen bei 160 mg/dl (8,9 mmol/l).

Entleerter Insulinpen

Als Entwicklungsingenieur wollte Peter K. natürlich wissen, wie es zu dieser Blutzuckerentgleisung kam und was die Ursache für den fehlenden Wirkverlust seines Insulins war. Aus diesem Grunde setzte er sich am Abend vor seine Schreibtischlampe und untersuchte den vermeintlich defekten Pen genauer. Was er dort sah, erschien ihm unglaublich, denn die Patrone war komplett leer, obwohl der Stempel noch eine halbvolle Patrone anzeigte.

Was war geschehen? Bei genauem Hinsehen erkannte er ein Loch in der Kappe seines Pens. Die Ursache hierfür war eine Insulinkanüle, die die Kappe vorne durchbohrt hatte. Ursache hierfür wiederum war, dass Peter K. versehentlich eine längere Kanüle auf seinen Pen geschraubt hatte als üblich – und diese hatte, weil Peter K. die Kanüle bis dahin nur alle 3 bis 4 Tage gewechselt hatte, die Schutzkappe des Pens durchbohrt. Durch den Kontakt mit seinem Hemd war das Insulin quasi aus der Patrone herausgesaugt worden.

Dies erklärte sein feuchtes Hemd und den merkwürdigen Geruch, der dem Eigengeruch des Insulins und seinen Konservierungsstoffen entsprach. So lernte Peter K., dass man auf die Kanülenlänge seines Pens achten sollte und nach jeder Injektion die Insulinkanüle wechseln muss.

Jedem Pen seine Kanüle

Für jeden Insulinpen gibt es passende Kanülen in unterschiedlicher Länge; meist reicht eine 6 mm lange Kanüle. Sehr schlanke Menschen und Kinder können auch kürzere Kanülen verwenden. Menschen, die höhere Insulindosierungen benötigen, kommen oft besser mit 8-mm-Kanülen zurecht, weil die Gefahr geringer ist, dass Insulin aus der Einstichstelle wieder herausläuft. Längere Kanülen bieten keinen Vorteil.

Vor jeder Injektion sollte die Kanüle frisch aufgesetzt werden: Dies stellt sicher, dass die Kanüle steril ist und keine Luft zwischen zwei Injektionen in den Insulinpen gelangen kann. Bei der ersten Inbetriebnahme eines neuen Pens oder einer frischen Insulinpatrone sollte der Pen durch Einstellen von 2 bis 4 Einheiten Insulin überprüft werden. Kommt nach Drücken des Auslösers Insulin aus der Kanüle, so ist der Pen bereit für die Insulingabe. Die gewünschten Einheiten werden dann eingestellt und Insulin in die richtige Stelle injiziert.

Für schnellwirksame Insuline eignen sich der Bauchraum und die Flanken.Von einer Injektion in die Oberarme ist eher abzuraten: Die Gefahr besteht, dass ein Muskel getroffen wird und Insulin so nicht mit der gewünschten Geschwindigkeit in den Blutkreislauf aufgenommen wird. Trübe NPH-Insuline werden in den Oberschenkel injiziert, alle analogen Basalinsuline können in den Bauch oder Oberschenkel gegeben werden.

So gelingt eine Injektion

Wichtig ist, dass der Auslöseknopf bei der Injektion bis ganz nach unten gedrückt und in der Position für 10 Sekunden gehalten wird: Nur so kann sich das Insulin gut im Gewebe verteilen. Danach sollte der Pen auch mit gedrücktem Auslöseknopf herausgezogen werden, bevor dieser losgelassen wird; andernfalls besteht die Gefahr, dass Gewebeflüssigkeit oder Gewebeteile in die Insulinpatrone hineingesaugt werden.

Nach jeder Injektion sollte die Insulinkanüle gewechselt werden. Eine frische Kanüle ist der Garant dafür, dass die Injektionen schmerzfrei oder zumindest -arm sind und eine Gewebeschädigung durch stumpfe Kanülen vermieden wird.

Keine “Probeschüsse” mit Insulin

In vielen Schulungen wird noch gelehrt, dass vor jeder Injektion 1 bis 2 Einheiten Insulin probeweise abgegeben werden sollten, weil nur so die Durchgängigkeit der Kanüle überprüft werden kann; auch waren die Kanülen früher viel länger und dicker und hatten damit ein größeres Volumen, das mit Insulin gefüllt werden musste. Heutzutage sind Insulinpens und Fertigpens hochpräzise Medizinprodukte, die Penkanülen haben ein kleines Volumen und sind produktionstechnisch mit großer Sicherheit durchgängig.

Daher wird heute ein standardmäßiges Probespritzen nicht mehr empfohlen. Wenn man davon ausgeht, dass in Deutschland 2 Mio. Menschen im Mittel 3-mal pro Tag zwei Einheiten zur Probe abgeben und dies künftig nicht mehr tun werden, würden den Krankenkassen 175 Mio. € gespart werden; der Betrag lässt sich sicher in der Therapie deutlich besser verwenden.


von Prof. Dr. Thomas Haak

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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (5) Seite 36-37

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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