- Behandlung
Keine große Amputation ohne Zweitmeinung!
5 Minuten
Beim Diabetischen Fußsyndrom kann eine große Amputation oberhalb des Knöchels drohen. Aber wie kann es überhaupt so weit kommen – und wie lässt sich das verhindern? Das erfahren Sie im Diabetes-Kurs.
Der Arzt hat sie nun nach drei Wochen Therapie (ohne wesentlichen Erfolg) zur Weiterbehandlung in die Klinik überwiesen!
Bei einer “großen Amputation” (auch: Major-Amputation) wird oberhalb des Fußknöchels amputiert – es ist also der Ober- oder Unterschenkel betroffen. Von den etwa 40 000 jährlich in Deutschland bei Diabetikern durchgeführten Amputationen sind etwa 12.000 Major-Amputationen.
Die Zahlen sind in den letzten Jahren gleichgeblieben – aber weil immer mehr Menschen Diabetes haben, ist die Häufigkeit insgesamt rückläufig. Leider gibt es nicht überall multidisziplinäre Fußnetze (wie z. B. in Köln/Leverkusen), die die Zahl großer Amputationen in der Region teils deutlich senken!
Das A und O: die rechtzeitige Diagnose des Diabetischen Fußsyndroms
In etwa 80 Prozent der Fälle ging einer solchen großen Amputation ein vermeintlich harmloses Geschwür voraus, aus dem sich eine schwere Infektion (Entzündung) entwickelte, bis hin zum Absterben eines Teils des Beines. Wie kommt es so weit?
Beim Entstehen des Diabetischen Fußsyndroms (DFS; meist eine Kombination aus geschädigten Nerven und einer Durchblutungsstörung) spielt die Erkrankung der Nerven (die Polyneuropathie) meist die entscheidende Rolle: Durch die Nervenschäden empfinden viele Diabetiker kaum oder gar keine Schmerzen. Es kommt auch vor, dass Beschwerden nicht ernst genommen werden, denn: “Was nicht wehtut, kann auch nicht so schlimm sein!”
Besteht zudemeine Durchblutungsstörung der Beine(durch die “periphere arterielle Verschlusskrankheit”, pAVK) wird es noch gefährlicher. Es ist einleuchtend: An Stellen, an die kein Blut kommt, kann auch nichts heilen! Wird eine Wundinfektion nicht konsequent behandelt, steigt das Risiko für eine Amputation.
Ursachen des Diabetischen Fußsyndroms
Die Nervenschäden
Sehr häufig ist die Ursache für ein DFS eine Nervenstörung (periphere Polyneuropathie). Die periphere Polyneuropathie beginnt häufig mit einem gestörten Schmerz-, Berührungs- und Temperaturempfinden; auch eine verminderte Schweißsekretion am Fuß kommt vor. Dadurch bildet sich verstärkt Hornhaut, insbesondere an den besonders belasteten Stellen (z. B. Ferse oder Vorfuß-Ballen-Bereich). Bereits in diesem Stadium könnte z. B. durch Einsatz eines Bimssteins oder durch Einlagen in Schuhen Schlimmeres vermieden werden.
Ist der Nervenschaden die alleinige Ursache, kann ein Fußgeschwür innerhalb weniger Tage/Wochen komplett abheilen – durch konsequente Druckentlastung des Geschwürs, konsequente Wundbehandlung und evtl. eine antibiotische Therapie. Das Problem ist, dass Betroffene aufgrund der Nervenschäden keine Warnsymptome (Schmerzen) spüren. Deswegen können auch zusätzliche Durchblutungsstörungen der Beine (pAVK) leicht übersehen werden!
pAVK: Durchblutungsstörungen der Beine
Menschen mit Diabetes haben ein deutlich höheres Risiko für eine Amputation, wenn zu dem Nervenschaden eine Durchblutungsstörung kommt. Engstellen (Stenosen) oder Verschlüsse an den Blutgefäßen der Beine treten bei Diabetikern meistens 10 Jahre früher auf als bei Nichtdiabetikern und etwa fünfmal häufiger, speziell in der Kombination mit einem Nervenschaden.
- falsches und zu enges Schuhwerk
- falsche Druckbelastung
- Entzündungen, die nicht innerhalb weniger Tage oder Wochen abheilen
- evtl. zusätzliche Pilzinfektionen im Bereich der Zehenzwischenräume und der Fußnägel
Eine Infektion gepaart mit einer Durchblutungsstörung ist die Hauptursache für eine Amputation bei Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom. Bei jedem Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom muss deshalb ein ausführlicher Blutgefäß-Status erhoben werden. Das heißt, es muss überprüft werden, inwieweit die Blutgefäße an den Beinen noch ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Dafür genügt es nicht, die Füße nur zu betrachten! Die Füße müssen abgetastet werden – mittels eines Stethoskops können Engstellen an Blutgefäßen erkannt werden.
Mit einer genauen Messung der Blutdrücke an den Fußknöcheln, die verglichen werden mit dem Blutdruck am Oberarm (Knöchel-Arm-Index, engl. ankle-brachial-index, ABI) und ggf. einer zusätzlichen Untersuchung mittels Duplex- oder Farb-Duplex-Sonographie (beim Facharzt) kann eine Durchblutungsstörung der Füße sicher bestätigt oder ausgeschlossen werden.
Wichtig: Zweitmeinung einholen!
Bei Diabetikern fehlt durch die Nervenschäden oft der Schmerz als Warnsignal. Der Betroffene hat dann trotz eines Geschwürs am Fuß oder manchmal auch einer ausgeprägten Rötung mit Schwellung und Überwärmung des Beines keine Schmerzen. So verstreicht oft kostbare Zeit bis zu einer Diagnose und einer angemessenen Therapie.
Ist dann auch noch die Durchblutung gestört, besteht jederzeit die Gefahr für einen plötzlichen Gefäßverschluss – eine Amputation wird notwendig. Was nun? Bei jedem Diabetiker mit einem Fußgeschwür am Unterschenkel muss vor einer größeren (Major-)Amputation ein zweiter Arzt, der sich mit der Durchblutungsstörung (und ggf. auch mit der Operationstechnik) auskennt, eine Zweitmeinung abgeben.
Das sollte, wenn irgend möglich, in einem Gefäßzentrum geschehen. Dort kann in kurzer Zeit eine Durchblutungsstörung bestätigt oder ausgeschlossen und eine entsprechende Therapie (Katheter, Operation) in die Wege geleitet werden. Dabei müssen Begleiterkrankungen berücksichtigt werden: Häufig sind Patienten mit Diabetes und einer diabetischen Nierenschädigung auch von einem Diabetischen Fußsyndrom betroffen.
- herabgesetzte Hauttemperatur
- oft nicht tastbare Fußpulse
- Geschwür mit unregelmäßigen Wundrändern und unterschiedlicher Größe
- schmerzhaft
- umgebende Haut dünn und schlecht durchblutet (blass)
- besonders starke Infektionsgefährdung und Gefahr der Ausbildung einer feuchten Gangrän (Gewebeschaden)
Nervenschaden (Neuropathie)
- warme Haut mit tastbaren Fußpulsen
- vermehrte Hornhaut an der Fußsohle, Im Zehen- und Nagelbereich
- trocken, schmerzlos(!)
- Infektionsgefährdung
- große Geschwürhöhle, kleine Geschwüröffnung
- “Scheinheilung” durch Hornhautüberwucherung
- veränderte Fußform
- Neigung zu Wassereinlagerung, prall gefüllte Venen des Fußrückens im Liegen
Diagnose und Therapie des DFS
Die Diagnose erfolgt heute meist standardisiert (Dokumentationsbogen mit Wagner-Stadien oder Wagner/Armstrong-Stadien). In diesen Stadien ist berücksichtigt, ob es außer dem Geschwür noch eine Entzündung gibt, ob das Geschwür tief oder oberflächlich ist, ob der Knochen bereits betroffen ist und ob zusätzlich eine Durchblutungsstörung vorliegt.
Prinzipien der Therapie und Therapieziele
Allgemeinmaßnahmen
- lokale Wundsäuberung
- vollständige Entfernung des abgestorbenen Gewebes (Hornhaut)
- Entfernung von Eiter und Wundsekret
- antibiotische Therapie mittels Tabletten oder Infusionen
- konsequente Blutzuckereinstellung (so normnah wie möglich)
- Vorbeugung einer Thrombose (Blutgerinnsel in einem Blutgefäß), da Patienten mit ausgeprägtem Diabetischem Fußsyndrom häufig liegen müssen; diese Behandlung verbessert auch die Durchblutung
- konsequente Entlastung des betroffenen Fußes, entweder durch einen Rollstuhl, einen Vorfuß-Entlastungsschuh oder auch mit Orthesen nach operativen Eingriffen
Wie heißt das Zauberwort? Vorbeugung!
Vorbeugung heißt das Zauberwort! Und dazu gehört die tägliche Inspektion der Füße. Das können Sie selbst machen – oder Sie bitten jemanden darum. Wer raucht, sollte sofort aufhören: Durchblutungsstörungen, für die Raucher ein hohes Risiko haben, können das Abheilen von Wunden hinauszögern, verschlechtern oder manchmal unmöglich machen – gerade, wenn außerdem die Nerven geschädigt sind.
Auch ist es wichtig, Begleiterkrankungen rechtzeitig zu behandeln. Und: Die Unterscheidung zwischen einem Nervenschaden und einer Durchblutungsstörung ist unumgänglich. Dass verschiedene Fachdisziplinen und ambulante und stationäre Versorgung zusammenarbeiten, ist unbedingt sinnvoll: Jede Amputation, die vermieden werden kann, ist es wert!
Autor:
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (5) Seite 32-34
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 6 Tagen, 22 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 6 Tagen, 17 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig