Leben mit Insulin – mit Typ-1-Diabetes möglich seit 100 Jahren

3 Minuten

Leben mit Insulin – mit Typ-1-Diabetes möglich seit 100 Jahren

Im Januar 1922 wurde das erste Kind mit Typ-1-Diabetes mit Insulin behandelt – so konnte es überleben. Das war der Startschuss für die Insulintherapie, die sich in den vergangenen 100 Jahren entwickelt hat bis zu den Therapieformen, die heute bekannt sind. In einer Pressekonferenz von Deutscher Diabetes Gesellschaft (DDG) und diabetesDE – Deutsche Diabetes-­Hilfe, moderiert von Anne-Katrin Döbler, blickten Ärzte und eine ­Patientin mit langjährigem Typ-1-Diabetes zurück.

Neun Monate sind keine lange Zeit – aber das war bis vor 100 Jahren die durchschnittliche Lebenserwartung, wenn ein Typ-1-Diabetes auftrat. „Wenn wir bedenken, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Diagnose eines Typ-1-Diabetes gleichbedeutend mit dem sicheren Tod war, dann kann man ermessen, welche Zäsur die Entdeckung und Etablierung der Insulintherapie in der Medizingeschichte darstellt!“ So beschrieb Prof. Dr. Andreas Neu (im obigen Bild rechts), Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in einer virtuellen Pressekonferenz im Januar die Bedeutung, die die erste Behandlung mit Insulin hatte. Diese erfolgte am 23. Januar 1922 in Toronto, sechs weitere Patienten folgten schnell.

Weltweit größte Insulin-Hersteller von damals sind die von heute

Sehr schnell begann dann auch die industrielle Produktion von Insulin in den USA und in Europa, berichtete Neu. „Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die ersten Unternehmen, die nach der Entdeckung des Insulins die industrielle Herstellung übernommen haben, auch heute noch die weltweit größten Insulin-Hersteller sind.“

Altersgerecht aufwachsen ist heute möglich

Die Entwicklungen der Insulin- und der Diabetestherapie ermöglichen es heute, „eine auf jeden Patienten abgestimmte Behandlungs-Strategie umzusetzen und den Alltag der Heranwachsenden mit Diabetes so zu gestalten, dass er altersgerecht ist und ein Leben erlaubt, wie es Gleichaltrige ohne Diabetes führen“, betonte der Tübinger Kinder- und Jugendmediziner.

Große Zufriedenheit mit Insulintherapie

Fragt man Menschen mit Diabetes, wie zufrieden sie mit ihrer Insulintherapie sind, zeigt sich ein hoher Grad an Zufriedenheit. Die Organisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe hatte zusammen mit dem Forschungsinstitut Diabetes-Akademie Mergentheim (FIDAM) zum 100. Jubiläum der Insulin-Entdeckung Ende 2021 eine Online-Befragung durchgeführt, an der 1.338 Menschen teilnahmen. Je flexibler die Therapie war, desto zufriedener zeigten sich die Befragten, wie Dr. Jens Kröger (im obigen Bild in der Mitte), Vorstandsvorsitzender von diabetesDE, berichtete. Allerdings waren die Unterschiede zwischen den Therapieformen gering. „Das Wohlbefinden, das ist ein ganz wichtiger Punkt!“, sagte Kröger.

Es gibt auch Wünsche

Was sich Menschen mit Diabetes in Zukunft von einem Insulin wünschen, wurde ebenfalls erfragt. An erster Stelle stand mit fast 90 Prozent der Wunsch nach globaler Verfügbarkeit von Insulin, denn noch immer gibt es viele Menschen, die einen begrenzten oder keinen Zugang zu diesem Hormon als Medikament haben. Dicht gefolgt war dieser Wunsch von einem Insulin, das nicht zu Unterzuckerungen führen kann oder das abhängig vom aktuellen Glukosewert wirkt. Interessant fand Kröger, dass den Wunsch, Insulin in Tablettenform zu bekommen, nur etwa 50 Prozent der Umfrage-Teilnehmenden äußerten.

Unterschiedliche Insulintherapien haben sich entwickelt

Prof. Dr. Andreas Fritsche (2. v. r. im obigen Bild), der in Tübingen Erwachsene mit Diabetes betreut, betonte in der Pressekonferenz: „Man kann nicht von einer Insulintherapie sprechen“, weil es unterschiedliche Therapieformen gibt. Ein ganz entscheidender Unterschied ist, wie er sagte, dass Menschen mit Typ-1-Diabetes insulinpflichtig sind, Menschen mit Typ-2-Diabetes hingegen nicht. Menschen mit Typ-2-Diabetes gab es nach dem Zweiten Weltkrieg selten, das Krankheitsbild war eher unbekannt.

So kam es, dass in dieser ersten Zeit Ärztinnen und Ärzte der Meinung waren, dass die Insulintherapie für Menschen mit Typ-1-Diabetes genauso passen würde für Menschen mit Typ-2-Diabetes – wenn bei ihnen eine Insulintherapie nötig wurde. Erst später entwickelten sich die heute bei Typ-2-Diabetes eher üblichen Therapien, z. B. die reine Basalinsulin-Gabe. Für ganz wichtig hält Fritsche: „Wir brauchen weiter informierte Patienten und auch Ärzte und Pflegekräfte!“

Im Kreis der Familie aufwachsen?

Wie es war, wenn man vor mehr als 60 Jahren die Diagnose Typ-1-Diabetes erhielt, berichtete Michaela Berger (im obigen Bild links). Sie war damals, im Jahr 1959, 6 Jahre alt. Kurz nach der Diagnose wurde in ihrem Fall überprüft, ob ein „von Insulin abhängiges Kind überhaupt im Kreis der Familie aufwachsen durfte …“ Sie durfte – musste aber jedes Jahr ins Kinderheim in Garz auf Rügen, wo Kinder mit Typ-1-Diabetes betreut und „streng reglementiert“ wurden. „Ich lernte, sehr diszipliniert zu sein und auf Regeln zu achten.“


Autorin:

Dr. Katrin Kraatz
Chefredaktion Diabetes-Journal, Kirchheim-Verlag
Wilhelm-Theodor-Römheld-Straße 14, 55130 Mainz
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2022; 71 (3) Seite 12-13

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Veranstaltungen der Diabetes-Selbsthilfe zum Weltdiabetestag: Aktiv vom Nordseestrand zum Alpenrand

Jedes Jahr am 14. November ist Weltdiabetestag. Das ist Anlass für viele in der Diabetes-Szene, rund um dieses Datum die Öffentlichkeit mit großen Veranstaltungen und Aktionen über Diabetes zu informieren. Auch die organisierte Selbsthilfe ist dabei aktiv „vom Nordseestrand zum Alpenrand“ – neben ihren Veranstaltungen, die das ganze Jahr über stattfinden.
Veranstaltungen der Diabetes-Selbsthilfe zum Weltdiabetestag: Aktiv vom Nordseestrand zum Alpenrand | Foto: LAYHONG - stock.adobe.com

3 Minuten

DDG fordert verbindliche Maßnahmen zur Prävention von Typ-2-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen

Angesichts steigender Fallzahlen und begrenzter Therapieoptionen für Kinder und Jugendliche mit Typ-2-Diabetes, forderte die Deutsche Diabetes Gesellschaft auf der Vorab-Pressekonferenz zur Diabetes Herbsttagung 2025 konsequente verhältnispräventive Maßnahmen, die von Werberegulierungen bis zu verbindlichen Qualitätsstandards in der Schulverpflegung reichen.
Forderungen der DDG: Verbindliche Präventionsmaßnahmen gegen Typ-2-Diabetes im Kindesalter | Foto: DDG/Screenshot MedTriX

2 Minuten

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • darktear antwortete vor 1 Woche

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 1 Woche, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

Verbände