Mein Ich: ein Mann im Spiegel?

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Mein Ich: ein Mann im Spiegel?

Irgendwann bekommt jede Frau Haarausfall – mehr oder minder stark ausgebildet, sagt Prof. Reinhard Zick. Neben den Wechseljahren sorgen Hormonstörungen für lichtes Haar. Zick klärt auf und nennt Lösungen.

Sehr häufig kommen in unsere Sprechstunde Diabetikerinnen mit unerfülltem Kinderwunsch. Und dann fällt im Gespräch in der einen oder anderen Weise folgende Bemerkung: „… und außerdem gleiche ich im Spiegel immer mehr meinem Mann. Mir wächst ein Bart, und außerdem fallen mir die Haare vorwiegend im mittleren Kopfbereich aus. Der Kinderwunsch ist für mich zwar das Wichtigste, aber vielleicht können Sie mir auch mit meinen doppelten Haarproblemen weiterhelfen.“

Beides hängt zusammen

Die meisten Diabetikerinnen sind dann überrascht, wenn ich ihnen erläutere, dass ihr unerfüllter Kinderwunsch und ihr doppeltes Haarproblem eng miteinander verknüpft sind, weil bei ihnen womöglich ein polyzystisches Ovarial­syndrom (PCOS) vorliegt: Das PCOS ist die häufigste Hormonstörung der Frauen im gebärfähigen Alter und führt durch eine vermehrte Produktion von Testosteron in den Eierstöcken (Ovarien) zu Zyklusstörungen bis hin zum kompletten Ausbleiben der Regel.

Die erhöhten Testosteron­spiegel bewirken bei diesen Frauen auch die typische Ausdünnung der Haare im Mittelscheitelbereich und den Bartwuchs. Dieser androgenetische Haarausfall bei Frauen wird in 3 Schweregrade (siehe Abb. 1) eingeteilt. Zu einer vollständigen Glatzenbildung wie bei Männern kommt es in der Regel nicht, und auch der Schläfenbereich (Geheimratsecken) wird bei den betroffenen Frauen meist ausgespart.

Beim androgenetischen Haarausfall der Frau gibt es verschiedene Schweregrade.

Zugrunde liegt der sichtbaren Lichtung der Kopfhaare beim androgenetischen Haarausfall der Frauen eine Verkleinerung der Haarfollikel (Umgebung der Haarwurzel); diese Verkleinerung wird der direkten Wirkung des Testosterons zugeschrieben.

Jede Frau bekommt Haarausfall

In den Wechseljahren und dem sich anschließenden Klimakterium kommt es bei allen Frauen (auch ohne PCOS) zu einem mehr oder minder stark ausgebildeten androgenetischen Haarausfall auf dem Kopf, da die Produktion des weiblichen Hormons Östrogen in den Eierstöcken beendet wird, aber die Synthese von Testosteron unverändert weiter besteht und bei einzelnen Frauen auch gesteigert wird.

Bei einer weiteren Gruppe von Frauen kommt es auch ohne Erhöhung des Testosteronspiegels im Blut zu einem androgenetischen Haarausfall, da genetisch bedingt die Wirkung von Testosteron am Haarfollikel gesteigert ist. Man schätzt, dass diese Anlage bei etwa 30 Prozent der Frauen vorhanden ist und bei 10 Prozent von ihnen bereits im Alter von 20 bis 30 Jahren eine deutlich sichtbare Haarlichtung nachweisbar ist.

Androgenetischen Haarausfall behandeln

Bei Patientinnen mit einem PCOS richtet sich die Therapie des androgenetischen Haarausfalls nach dem Primärwunsch der Patientin: Steht im Vordergrund der unerfüllte Kinderwunsch, übernimmt nach Diagnose­stellung in der Regel ein Kinderwunschzentrum die weitere Behandlung.

Liegt der Kinderwunsch noch in der Ferne, empfehlen wir zur Behandlung der Zyklusstörungen, des androgenetischen Haarausfalls und der vermehrten Behaarung im Gesicht die systemische Einnahme von Hormonkombinationspräparaten mit „antiandrogener Wirkung“. Damit lässt sich erfolgreich die gesteigerte Wirkung von Testosteron an den unterschiedlichen Zielorganen beeinflussen, und es kommt zu einer Zyklusnormalisierung und zu einem Rückgang des androgenetischen Haar­ausfalls bzw. Bartwuchses.

Besserung teils erst nach Monaten

Dabei kommen wir bei allen Behandlungsgesprächen immer wieder auf die „haarigen Grundlagen“ zurück und erläutern den betroffenen Frauen, dass das Haarwachstum einem Zyklus unterworfen ist und Besserungen nicht über Nacht zu erwarten sind, sondern womöglich Monate brauchen. Medikamente, sprich antiandrogene Kombinationspräparate, gibt es viele, also kann keine generelle Empfehlung abgegeben werden. Jede Hormonbehandlung muss individuell angepasst werden. Das ist und bleibt ein ehernes Gesetz der Endokrinologie.

Bei allen anderen Formen des androgenetischen Haarausfalls empfehlen wir den Frauen eine lokale Behandlung mit Minoxidil in einer Konzentration von 2 %. Alle anderen in Supermärkten, Drogerien und Apotheken frei verkäuflich angebotenen Präparate sind wirkungslos, teilweise sehr teuer und führen nur zu Frust beim täglichen Blick in den Spiegel. Mit Minoxidil kann die Verkleinerung der Haarfollikel gestoppt werden – und etwa 50 Prozent der behandelnden Frauen beobachten sogar eine Zunahme der Haardichte.

Der Behandlungserfolg mit Minoxidil kommt durch eine direkte Stimulation von Wachstumsfaktoren im Haarfollikel zustande. Da die lokale Wirkung von Minoxidil nicht dauerhaft ist, wird der androgenetische Haarausfall wieder auftreten, sobald man die Minoxidil-Behandlung beendet.

Deshalb antworte ich auch immer auf die Frage vieler Frauen, wie lange sie die Behandlung mit Minoxidil durchführen sollten: Dauerhaft! Nicht eingesetzt werden darf Minoxidil in der Schwangerschaft, der Stillzeit und bei unter 18-Jährigen. Bei Frauen im gebärfähigen Alter empfehlen wir eine Beratung zur gleichzeitigen Empfängnisverhütung durch eine Gynäkologin/einen Gynäkologen.

Hinsichtlich der Anwendung östrogenhaltiger Lösungen gibt es wissenschaftlich weiterhin ein Pro- und ein Contra-Lager. Wir sind gegenüber dem Therapiekonzept eher zurückhaltend, wobei auch wir im Einzelfall gute Ergebnisse gesehen haben.

Und zum Schluss …

Sehr viele Frauen in unserem Land haben einen leichten bis schweren androgenetischen Haarausfall. Von den 42 Mio. Frauen in Deutschland sind mehr als 15 Mio. in den Wechseljahren oder bereits im Klimakterium! Nicht wenige davon haben Diabetes mellitus – dem haben wir im Titelthema besonders Rechnung getragen. Wir hoffen, Ihnen mit unseren haarigen Artikeln Klarheit, Hoffnung und perspektivisch mehr Lebensfreude vermittelt zu haben.

Schwerpunkt: Weiblicher Haarverlust

Von Prof. Dr. med. Reinhard Zick
Medicover MVZ, Möserstraße 4A, 49074 Osnabrück,
E-Mail: der.chef@mac.com

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (7) Seite 28-29

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  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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