Menschen online abholen

2 Minuten

Menschen online abholen

„HbA1c kann täuschen“

Den HbA1c-Zielwert muss man laut Petry individuell festlegen: Man kann ihn z. B. niedriger ansetzen, wenn der Diabetes erst kurz besteht, der Patient hochmotiviert ist, kaum Hypoglykämierisiko besteht und der Betroffene sozial kompetent ist.

Modernes personalisiertes Diabetes-Management

„Uns Ärzte treiben Individualfaktoren um – wie das Diabetesstadium, Begleiterkrankungen, Psyche und Motivation der Patienten, soziale Faktoren …“, so Petry. „Lieber sterbe ich, als dass ich mich pikse …“, auch das sind Wahrheiten aus der Praxis, die sich auf die Therapie auswirken. Die Individualität in der Versorgung zeigt sich laut Petry im modernen personalisierten Diabetes-Management.

Für seine Patienten vergibt er heutzutage Blitztermine am selben Tag; der Patient kommt direkt in die Praxis, legt sein Blutzuckermessgerät auf den Tisch und los geht es: Daten werden ausgelesen, das Problem kurz besprochen. „Die Blitztermine führen zu einer ganz anderen Art der Arzt-Patienten-Kommunikation“, so Petry. Vorteil computergestützter Auswertungen: Sie führen laut Petry sehr schnell zur Erfassung des Problems.

www.dedoc.de – die Online-Community

Personalisierte Medizin, eine neue Art des Kommunizierens – aber Patienten unter sich: darüber sprach Bastian Hauck (36); er ist Gründer und Moderator der Deutschen Diabetes Online Community (www.dedoc.de) mit einigen hundert Mitgliedern. „Wie viel Zeit am Tag verbringt ihr mit eurem Diabetes?“, lautete eine der Dedoc-Umfragen.

Hauck: „Heraus kam: 1 Stunde aktiv und 24 Stunden passiv. Wohin soll sich jemand mit seinen Problemen wenden angesichts seltener, oft wenig intensiver Arzttermine? Hier bedarf es anderer Kanäle.“

Kenne keine Selbsthilfegruppe

Dedoc ist vor gut 1 Jahr gestartet: „Keiner von uns war je in einer Selbsthilfegruppe. Viele kennen keine anderen Typ-1-Diabetiker persönlich, wollen dies auch nicht.“ Viele, so Hauck, reden mit niemandem über ihren Diabetes – außer vielleicht mit dem Partner, den Eltern. „Selbsthilfe? Ich bin seit 16 Jahren Diabetiker und war kein einziges Mal in einer Selbsthilfegruppe.“

Allein das Wort: Viele der 20- bis 40-jährigen Typ-1-Diabetiker denken dabei an Kaffeeklatsch, ab 65 aufwärts, Typ-2-Diabetes – „das ist ein Vorurteil, aber damit gehen viele hinein“. Viele Mitglieder seiner Community sind mitten in Familiengründung, haben Kinder, sind freizeitaktiv, arbeiten – da bleibe kaum Zeit. „Also holen wir die Menschen online ab! Denn das Smartphone hat in der Altersklasse so ziemlich jeder in der Tasche.“

Tweet-Chat: Jeden Mittwoch von 21 bis 22 Uhr

Angefangen habe alles mit Online-Foren, später Facebook-Gruppen, die sich dezidiert mit Diabetes befassten. Letzteres finden viele heute „nicht mehr so toll, auch weil dort viel Müll steht“. Dedoc ist anders: Auf einer offenen Plattform (OpenBlog) kann man Einträge anderer lesen oder selbst schreiben. Vor allem: Jeden Mittwoch von 21 bis 22 Uhr gibt es den TweetChat: eine Stunde live Diskussion zu einem Thema, bei dem jeder über Twitter mitdiskutieren kann. Ohne Passwort „und total offen: Alles, was gesagt, gepostet wird, ist öffentlich; dadurch disziplinieren sich die Leute selbst.“

Um 22 Uhr heißt es: Blutzucker-Bingo! Jeder misst seinen Blutzucker, fotografiert den Wert von seinem Messgerät und postet ihn, so dass die Community ihn sehen kann. Wer einem zuvor festgelegten Blutzuckerwert zwischen 80 und 140 mg/dl (4,4 und 7,8 mmol/l) am nächsten kommt, ist Tagessieger.

Spaß, Austausch, Motivation

Es geht bei Dedoc nicht um therapeutische Beratung – es geht um Spaß, Austausch, Motivation: „Die meisten diskutieren mit bei Themen wie Sex, Drogen, Alkohol.“ Die wenigsten bei Diabetes und Alleinsein, Depressionen – „da haben wir aber die meisten stillen Mitleser!“

Womit Hauck und sein Team nicht rechneten: Es entwickeln sich Dedoc-Stammtische! Heute schon zu finden in Hamburg, Berlin, Frankfurt, Stuttgart, Heidelberg, Berlin, demnächst Leipzig. Die Rede ist von Spontan-Verabredungen an x-beliebigen Tagen zum Bier. Das Tolle daran: „Keine Organisation, keine Struktur, die Menschen kommen einfach zusammen.“


Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Hinter die Dinge schauen: Kinder-Diabetologin und Coach Dr. Katja Schaaf im Interview

Hinter die Dinge schauen: Kinder-Diabetologin und Coach Dr. Katja Schaaf im Interview | Foto: Dennis Blechner

13 Minuten

Insulencerin Nina Joachim: Offen sein und Mut machen

Lange hat Nina Joachim ihren Typ-1-Diabetes versteckt. Doch als junge Erwachsene beginnt sie, offener mit ihrer Erkrankung umzugehen. Mit ihrer Tätigkeit als „Insulencerin“, durch die sie anderen helfen kann, hat sie ihren Traumjob gefunden.
Insulencerin Nina Joachim: Offen sein und Mut machen | Foto: Nina Sanchez/MedTriX

11 Minuten

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

Verbände