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Das Hauptproblem bei Menschen mit Diabetischem Fußsyndrom (DFS) ist, dass bei ihnen das Schmerzempfinden reduziert ist – sie also Verletzungen, auch drastische, nicht als alarmierend empfinden. So ist es auch im nebenstehenden Beispiel bei Frau Z. Unser Autor sagt Ihnen, wie Sie gegensteuern können.
Hintergrund der Verletzung ist die starke Krümmung der Krallenzehe, die die Zehenkuppe und nicht die Zehenbeere auf den Boden presst. Daher ist der Zehenknochen nicht mehr durch ein Fettpolster geschützt, und die Haut wird trotz Schutzschuhen zerquetscht.
Angezeigt war hier die “Tenotomie der langen Beugesehne”: Dabei wird die Sehne, die das Endglied der Zehe krumm zieht, durchtrennt (Abb. 3); der Zeh wird im Endgelenk wieder etwas gerader, was ausreicht, um wieder mit der Zehenbeere aufzutreten. Das wurde mit einer Kanüle, wie sie zur Blutabnahme benutzt wird, durchgeführt. Einen Schnitt gab es nicht.
Abbildung 4 zeigt die Zehe 14 Tage nach der Mini-Operation. Die Wunde ist geschlossen und der Anlass so behoben, dass mutmaßlich an dieser Stelle nie wieder Geschwüre auftreten.
Das zentrale Merkmal des Diabetischen Fußes ist reduzierter Schmerz. Arzt und Patient können sich nicht mehr darauf verlassen, bei Problemen rechtzeitig durch Schmerzen gewarnt zu werden. Wunden müssen durch kluges Vorgehen vermieden werden. Sind Wunden erst einmal aufgetreten, stört vieles den Wundschluss: An erster Stelle steht die Wiederholung der Schädigung, weil ja warnende Schmerzen abgeschwächt sind. Dazu kommen womöglich Durchblutungsstörungen, schlechte Blutzuckereinstellung und andere Störungen.
Weil das Ganze so kompliziert ist, der Betroffene aber lange kaum etwas davon mitbekommt, gibt es eine sehr hohe Zahl an Amputationen. Die sehr folgenreichen Amputationen ganzer Beine gehen in Deutschland zwar zurück, aber die Amputationen von Teilen des Fußes nehmen sogar weiter zu. Spezialisierte Zentren behandeln unter allen Gesichtspunkten besser, aber zu wenige Patienten wenden sich rechtzeitig dorthin.
Nur wenige Menschen bemerken spontan, dass sie nicht mehr so viel spüren wie früher. Zumeist müssen Tests wie der Stimmgabeltest durchgeführt werden, um das nachlassende Gefühl zu erkennen. Man kann aber auch an dicken Schwielen oder an Hühneraugen Überlastung erkennen. Wer ein normales Empfinden in den Tests hat und keine übertriebene Beschwielung, bei dem wird so schnell kein Geschwür auftreten, ohne dass vorher etwas zu bemerken war.
Fragen Sie bei diabetischen Erkrankungen auch immer Ihre Krankenkasse/Krankenversicherung nach Unterstützungsangeboten. Die AXA Krankenversicherung mit ihrer Patientenbegleitung Diabetes ist ein gutes Beispiel: Sie stellt ihren Kunden einen medizinisch ausgebildeten Gesundheitsberater zur Seite und versorgt sie regelmäßig mit Info-Materialien und modernen digitalen Messgeräten.
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Haben Sie starke Schwielen? Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob Ihre Situation als Diabetischer Fuß in einem Anfangsstadium zu werten ist. Hatten Sie schon einmal Einblutungen in den Schwielen, die sich durch dunkle Punkte zu erkennen geben, dann besteht ein Diabetisches Fußsyndrom. Normal wären in diesem Fall starke Schmerzen, die den Betroffenen zu schmerzlindernden Ruhepausen zwingen.
Schmerzlos eingeblutete Schwielen gelten als Vorstufen eines Geschwürs. Bestand schon einmal ein Geschwür, so liegt lebenslang ein diabetischer Fuß vor. Eine echte Heilung gibt es leider nicht, weil die zugrundeliegenden Störungen nicht völlig verschwinden und ein behandlungsbedürftiges Risiko neuer Schäden bleibt.
Sie brauchen Ärzte, die Übung im Umgang mit diesem Problem haben. Die Auswahl der richtigen Ärzte ist Ihre größte Einflussmöglichkeit. In Zentren, die sich von der Fachgesellschaft haben zertifizieren lassen, besteht diese Erfahrung. Diese können im Internet (ag-fuss-ddg.de) gesucht werden oder Sie bemühen das Notfalltelefon (links) um Rat. Die Ärzte müssen zwei diagnostische Fragen beantworten:
Stellen Sie Ihren Ärzten diese beiden Fragen; tragen Sie mit Ihren Beobachtungen dazu bei, eine Therapie zu wählen, die die entscheidenden Ursachen zielstrebig behebt. Die Therapie versucht dann, 1. die Widerstandskraft der Füße zu verbessern und 2. die Wiederholung der Anlässe zu unterbinden. Das Erste ist oft schlicht unmöglich, weil zum Beispiel der Gefühlsverlust nach heutigem Kenntnisstand nicht rückgängig gemacht werden kann.
Andere Bedingungen können bei einigen Menschen mit vertretbarem Aufwand verbessert werden, so die Blutzuckereinstellung und die Durchblutung. Die besten Chancen bestehen meist im zweiten Ansatz: die Wiederholung des Anlasses zu unterbinden. So können Sie verhindern, dass sich Hitzequellen in der Nähe Ihrer Füße befinden, die mehr als lauwarm werden können. Etwas schwerer ist es, Knochenvorsprünge so zu entlasten, dass die Haut mit dem verbleibenden Druck wieder klarkommt.
Die entscheidende Neuerung der letzten Jahre besteht in OP-Verfahren, die mit minimalen Eingriffen, die einer Blutabnahme ähneln, den Zug von Sehnen korrigieren. Dadurch werden die Knochenvorsprünge nicht mehr so fest an den Boden gepresst, und die betreffende Stelle ist lebenslang geschützt. Wenn der Schuh die Wiederholung verhindern soll, muss er lückenlos getragen werden. Das ist manchen Menschen nicht möglich.
Während die Wunde besteht, gibt es verschiedene Entlastungsmöglichkeiten mit Hilfsmitteln, die von Filzauflagen am Fuß bis zu Gehgipsen reichen. Wichtig ist, dass Ihre Mobilität und Alltagskompetenz nicht eingeschränkt werden oder zumindest nur kurzzeitig. Gesteigerte Aktivitäten, wie während eines Urlaubs mit erhöhter Laufleistung, sind ungeeignet, aber Ihren normalen Alltag sollten Sie bewältigen können.
Beim Charcotfuß geben Knochen und Bänder bei chronischer Überlastung so weit nach, dass der Fuß völlig deformiert und gehunfähig werden kann. Zunächst wird der Fuß einseitig warm, geschwollen und gerötet. Dieses Krankheitsbild wird gern mit Thrombosen verwechselt, weil man sich nicht vorstellen kann, dass so eine Katastrophe fast schmerzlos ablaufen kann.
Allein der Verdacht macht eine Behandlung in einem Gehgips oder einer ähnlichen Entlastung notwendig. Für die Diagnose oder den Ausschluss wird oft auch ein MRT benötigt.
von Dr. Dirk Hochlenert
Praxis für Diabetologie, Endoskopie und Wundheilung,
Merheimer Straße 217, 50733 Köln
E-Mail: dirk.hochlenert@web.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (8) Seite 28-30
5 Minuten
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