- Behandlung
Smartphones als Augenspiegel retten die Sehkraft von Menschen mit Diabetes
3 Minuten
Für viele Menschen mit Diabetes in Indien fehlt es an ausreichender augenärztlicher Versorgung zur Früherkennung der diabetischen Retinopathie. Ein smartphonebasiertes, telemedizinisches Retinopathie-Screening-Projekt der Uni Bonn soll nun Abhilfe schaffen.
In Südindien hat rund jeder zehnte Mensch Diabetes. Etwa jeder Dritte davon leidet an einer diabetischen Retinopathie – einer Erkrankung der Netzhaut, die durch dauerhaft zu hohe Glukosewerte entsteht. Sie ist weltweit die häufigste Ursache für Erblindung im erwerbsfähigen Alter; Millionen von Menschen drohen in Entwicklungs- und Schwellenländern dadurch eine Seheinschränkung zu erleiden. Umso wichtiger ist die Früherkennung, um rechtzeitig einzuschreiten.
„Bislang gibt es in Entwicklungs- und Schwellenländern allerdings oft keine Untersuchungen, um diabetische Retinopathie festzustellen“, sagt Dr. Maximilian Wintergerst, Arzt an der Augenklinik des Universitätsklinikums Bonn. “Ein erschwingliches und leicht durchführbares Screening-Verfahren zur Früherkennung wäre sehr hilfreich, um die augenärztliche Versorgung zu verbessern“, ergänzt sein Kollege Prof. Dr. Robert Finger.
Einen möglichen Ansatz sehen die Bonner Augenärzte in der smartphonebasierten Funduskopie.
Kostengünstiger Blick ins Auge mithilfe des Smartphones
Daher hat die Augenklinik am Universitätsklinikum Bonn in Kooperation mit der Sankara Eye Foundation – Indien ein Projekt zur Einführung eines einzigartigen smartphonebasierten, telemedizinischen Retinopathie-Screenings gestartet. Dafür haben sie im Rahmen einer Klinikpartnerschaft eine Förderung in Höhe von rund 50.000 Euro vom Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit und der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung über zwei Jahre erhalten.
Diese äußerst mobile und kostengünstige Art der Augenhintergrundspiegelung testeten sie bereits vor zwei Jahren im Rahmen einer Pilotstudie zusammen mit der Sankara Eye Foundation in Südindien. Dort untersuchte Projektleiter Wintergerst zusammen mit dem Team des Sankara Eye Hospitals in Bangalore 200 Patienten mit Diabetes und nahmen mit umgerüsteten Smartphones Bilder von deren Augenhintergrund auf.
Dazu fokussiert ein Adapter den Strahlengang der Kamera und der Beleuchtungsquelle so, dass die Mobiltelefone als Ophthalmoskop eingesetzt werden können. Ergebnis der Studie war, dass mit allen vier getesteten smartphonebasierten Verfahren die Augenhintergrund- Untersuchung möglich ist. „Wir haben somit ein leicht zugängliches sowie sehr kostengünstiges Verfahren“, sagt Wintergerst.
Smartphone-Augenspiegel kann auch von Laien installiert werden
Ziel der zweijährigen Förderung ist die Etablierung eines telemedizinischen Retinopathie-Screenings in den ärmeren Stadtvierteln von Bangalore und der ländlichen Umgebung. Der Smartphone-Augenspiegel ist schnell und einfach zusammengebaut, so dass geschultes, nicht-ärztliches Personal fernab eines medizinischen Zentrums Aufnahmen von einer Netzhaut machen kann.
Ein weiterer Spareffekt entsteht dadurch, dass ein Augenarzt die vom Smartphone per Internet zu ihm ins Krankenhaus gesendeten Bilder direkt auswerten kann. So kann sofort zurück gemeldet werden, ob der Patient eine diabetische Retinopathie hat und eine Behandlung notwendig ist.
Nachhaltiger Wissenstransfer: Knowhow vor Ort etablieren
Kürzlich war Wintergerst für eine Woche in Indien, um am Sankara Eye Hospital in Bangalore zusammen mit Dr. Kaushik Murali und Dr. Mahesh Shanmugam, den Kollaborationspartnern vor Ort, erste Vorbereitungen zu treffen. Auch begann er mit der Schulung von 20 Optometristen in der smartphonebasierten Funduskopie.
© Augenklinik/UK Bonn | Dr. Wintergerst (mi) mit den Kollaborationspartnern der Augenklinik in Bangalore Dr. Kaushik Murali (2.v.li), Dr. Mahesh Shanmugam (2.v.re), Dr. Divyansh Mishra (1.v.re) und Dr. Payal Shah (1.v.li).
„Wichtig ist uns ein nachhaltiger Wissenstransfer, so dass die telemedizinischen Screenings langfristig nach dem Projektende weitergeführt werden können“, sagt Wintergerst. Zudem kommen sechs Augenärzte und Mitarbeiter des Sankara Eye Hospitals Bangalore an die Augenklinik des Universitätsklinikums Bonn.
Am dortigen GRADE Reading Center Bonn führen hiesige Experten für systematisch standardisierte Bildanalyse die indischen Kollegen in die speziellen Anforderungen der Auswertung von mittels Smartphone aufgenommener Bilder des Augenhintergrunds ein. Auch vermitteln sie ihnen Knowhow für den Betrieb eines telemedizinischen Reading-Centers.
Ausweitung des Projekts auf weitere Kliniken in Indien in Planung
In den nächsten zwei Jahren wird Wintergerst mehrfach nach Südindien reisen, um die Schulungen am Sankara Eye Hospitals sowie die Screening-Camps zu betreuen.
Für den Fall, dass alles gut funktioniert, hat er zusammen mit den Kollaborationspartner aus Indien eine große Vision: „Eine Ausweitung des telemedizinisches Retinopathie-Screening-Programmes auf weitere Krankenhäuser der Sankara Eye Foundation mit dem in Bangalore etablierten telemedizinischen Reading Center als koordinierendes Zentrum.“
Laut Wintergerst könnte dies die augenärztliche Versorgung für viele Menschen mit Diabetes, insbesondere in ländlichen Gebieten mit schlechter medizinischer Infrastruktur deutlich verbessern. Auch sieht er das Potential, dass dieses telemedizinische Screening-Konzept, wenn es erfolgreich ist, auf andere Schwellen- und Entwicklungsländer übertragen werden könnte.
Quelle: Pressemitteilung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn | Redaktion
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cesta postete ein Update vor 1 Tag, 3 Stunden
Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche, 4 Tagen
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 1 Tag, 15 Stunden
@mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Tag, 12 Stunden
@sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike -
sveastine antwortete vor 1 Tag, 2 Stunden
@mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻♀️
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mayhe antwortete vor 12 Stunden, 18 Minuten
@sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike
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mayhe antwortete vor 12 Stunden, 17 Minuten
@mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Ich bin dabei 🙂
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