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Vergesslicher Diabetes – Gedanken zum Thema Diabetes und Demenz
3 Minuten

Im letzten Halbjahr besuchte ich jeden Freitag Nachmitttag im Altersheim eine demente, ältere Dame (keine Diabetikerin). Wie kam es dazu? Die Bewohnerin war die Mutter einer Freundin und ehemalige Hundebesitzerin. Durch ihre fortschreitende Demenz reagierte die Dame nur noch sehr begrenzt auf Menschen. Jedoch Hunden gegenüber antwortete sie mit einem Lächeln im Gesicht oder manchmal schenkte sie dann auch einzelne Worte. Ich selbst bin Hundebesitzerin meiner treuen Diabetes-Warnhündin Daphne. Durch meine Besuche im Altersheim wollte ich etwas Freude zurückschenken.

Die Besuche im Altersheim waren für mich aber auch Anstoß zum Nachdenken. Wie schaut das Leben mit Demenz für einen Diabetiker aus? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich als Typ-1-Diabetiker selbst an Demenz erkranke? Welchen Einfluss haben schwere Hypoglykämien? Wie gestaltet sich die Versorgung, wenn Diabetiker an Demenz erkranken?
Doch was bedeutet Demenz?
Mit Demenz wird eine anhaltende und fortschreitende Störung des Gedächtnisses bezeichnet. Die Menschen werden immer älter und als Folge nimmt die Anzahl der Demenzerkrankungen zu (https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Nicht-uebertragbare Krankheiten/Demenz/%C3%96sterreichischer-Demenzbericht.html). Dabei sind Diabetiker sehr oft von sekundären Demenzen oder Mischformen einer Demenz betroffen. Eine sekundäre Demenz ist die Folge einer Grunderkrankung wie beispielsweise dem Diabetes. Beim Diabetes als Grunderkrankung liegt im Körper ein Insulinmangel vor und damit ist der Zuckerstoffwechsel gestört. Existiert beim Diabetiker dann als Folge langfristig ein unzureichend eingestellter Blutzucker, kann dies in Folge zu Durchblutungsstörungen im Gehirn führen. Langfristig können diese Durchblutungsstörungen im Gehirn eine vaskuläre (die Durchblutung betreffende) Demenz bedingen. Medizinisch näher dazu nachlesen kann man im Diabetes-Journal (www.diabetes-online.de/a/schwerpunkt-aelter-werden-mit-diabetes-demenz-und-diabetes-im-alter-eine-haeufige-gefaehrliche-kombination-2051331).

Demenz in der Praxis
Mich interessiert jedoch besonders die Praxis der Demenz! Dazu habe ich Kontakt mit zwei beteiligten Personen, die Menschen mit Diabetes und Demenz begleiten:
- einem Arzt aus einer Gedächtnisambulanz,
- einem Stationsleiter eines Alten- und Pflegeheims (was ich selbst besuchte).
Was sagt der Arzt aus der Gedächtnisambulanz?
Der Leiter der Gedächtnisambulanz in Hall (Tirol) antwortete mir sehr freundlich mit mehreren Studien zu meinen Fragen betreff Diabetes, Demenz und auch Unterzucker. Studien legen nahe, dass schwere Unterzuckerungen das Demenzrisiko erhöhen. Besonders jedoch bei älteren Diabetikern (ab wann ist man älter, stellt sich mir die Frage?) mit schweren Hypoglykämien, die Fremdhilfe benötigen, als auch bei leichten, aber häufig wiederkehrenden Hypoglykämien, kann die Gehirnfunktion beeinträchtigt werden. Eine langfristig stabile Blutzuckereinstellung beim Typ-1- als auch beim Typ-2-Diabetes scheint langfristig der wichtigste Faktor zu sein, um eine Schädigung der Blutgefäße des Gehirns zu vermeiden (www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/a-1666-5769.pdf, www.aerzteblatt.de/archiv/169308/Hypoglykaemien-Risikofaktor-fuer-Demenz).
Was sagt der Pflegeleiter?
Es gibt seit Jahren eine steigende Anzahl von Patienten und Patientinnen mit dementiellen Erkrankungen in den Wohn- und Pflegeheimen. Jedoch hat der Pflegeleiter in seiner Praxis bis jetzt nur Typ-2-Diabetiker mit einer dementiellen Erkrankung betreut. Den Bewohnern und Bewohnerinnen mit Typ-2-Diabetes und einer Demenz werden nach medizinischer Verordnung Tabletten gegeben oder es wird zwei Mal am Tag Insulin gespritzt. Einen möglichen Unterzucker bemerken die Pfleger und Pflegerinnen meistens am Zittern oder Schweißausbruch des Diabetikers. Dann wird ein Saft gegeben oder ein Stück Traubenzucker in die Wange gelegt. Meine Frage, ob dem Stationsleiter schon Typ-1-Diabetiker mit Demenz begegnet sind, muss er verneinen.
Persönliche Gedanken
Und wie kann ich für mich selbst vorsorgen? Eine stabile Blutzuckereinstellung mit Begleitung durch die Diabetologie ist wichtig, das ist nichts Neues. Jedoch besonders im Alter ab 40 bis 50 Jahren sollte man, denke ich, vermehrt auf seinen Körper hören und Zeichen von Vergesslichkeit oder einer veränderten Persönlichkeit ernst nehmen. Ich hoffe, dass ich durch frühzeitigen Kontakt zu Ärzten und Helfern einen beginnenden Gedächtnisverlust verzögern kann.
Die Problemlage Typ-1-Diabetes in Verbindung mit einer Demenzerkrankung erscheint mir aktuell nur „unterschwellig“ vorhanden zu sein. Noch zu oft leben Menschen mit Demenz allein oder werden in Pflegeeinrichtungen konventionell betreut (https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/Alz/pdf/factsheets/infoblatt15_allein_leben_dalzg.pdf).
In der Zeitschrift „Geriatrie up2date“ wird in einem aktuellen Beitrag das Szenario eines allein lebenden 78-jährigen Typ-1-Diabetikers geschildert, der mit seiner intensivierten Insulintherapie nicht mehr zurechtkam, aber keine Umstellung auf eine einfachere Therapie wollte. Nach wahrscheinlich wiederholten Unterzuckerungen und mehreren Stürzen erfolgte die Aufnahme in ein betreutes Wohnen. Hier konnte der 78-Jährige seine Skepsis überwinden und stimmte dem Wechsel auf die einfachere konventionelle Insulintherapie zu (https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/html/10.1055/a-1666-5769?cooperation=KYTLUVFxo9IUU10NEeBY85v1UHV9Q4vFGFDBhOB5&utm_campaign=allgemeinmedizin-u2p&utm_source=themen-nl&utm_medium=email&utm_content=20k6v6_22oa3m_22obx3).
Wenn ich im Alter mit meinem Diabetes weiterhin gut versorgt werde, bin ich sicher zufrieden. Das Entscheidende für mich ist die weitere Selbstständigkeit als Diabetikerin auch im Alter. Dafür würde ich auch dem Umstieg auf eine konventionelle Basisversorgung meines Diabetes zustimmen.
Letzten Sonntag erhielt ich ein Telefonat von der Tochter der dementen, älteren Dame. Sie erkrankte kurzfristig an einer Blasenentzündung und ist am letzten Sonntag von uns gegangen.
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nina33 postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes Typ 3c vor 2 Tagen, 9 Stunden
Hallo guten Abend ☺️
Ich heiße Nina, bin 33j jung und Mama von drei zauberhaften Mädels.
Und vor kurzem bekam ich die Diagnose Diabetes Typ 3c. Nach 5 Jahren – 11 Bauchspeicheldrüsen Entzündungen und schwangerschaftsdiabetes 2024, hat meine Drüse nun fast aufgegeben.. Ich bin irgendwie froh diese Schmerzen nicht mehr zu haben, aber merke wie schwer der Alltag wird. denn hinzukommt noch dass ich alleinerziehend bin.
Aktuell komme ich überhaupt nicht klar mit der ganzen Situation, täglich habe ich hunderte Fragen die niemand beantworten kann. Dass ist mehr als verrückt.
Wie habt ihr euch gefühlt in dem Moment als es diagnostiziert wurde?Ich freue mich sehr auf einen netten Austausch und eure Erfahrung.
Liebe Grüße, schönen Abend
Nina 🙂-
wolfgang65 antwortete vor 1 Tag, 18 Stunden
Willkommen Nina, …
da hast du ja sich schon einiges hinter Dir. Wie schaut es bei Dir mit Mutterkindkur aus, auch in hinblick einer Diabetesschulung. Hast du guten Diabetologen, Teilnahme DMP, Spritzt du selber oder Pumpe, auch hier gibt es viele Fragen. Wie sieht es mit Selbsthilfegruppen bei Euch aus. …
Oder Forum? Gerade am Anfang, wo noch alles neu ist, – ist es schon eine tägliche Herausforderung, – da kann es hilfreich sein kleine Ziele sich zu setzen. Dabei finde ich die Aktzeptanz am wichtigsten, oder auch sich selber spritzen zu müssen, oder das Weg
lassen bzw. bändigen des Naschen … etc. Kleine Schritte …Viele Fragen bekommst du auch in eine Diabetes-Schulung beantwortet,
falls noch nicht gemacht, spreche das bei Deinem Diabetologen an!Über weiteren Austausch bin ich auch erfreut, schildere ruhig deine Bausstellen, … doch letztendlich sollte Dein Arzt das beurteilen.
LG
Wolfgang
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swalt postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 3 Tagen, 13 Stunden
Hallo zusammen. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich bin “noch” 59 Jahre, und habe wahrscheinlich seit 2019 Diabetes. Ich würde mir wünschen, endlich angekommen zu sein. Wahrscheinlich seit 2019, weil ich in einem Arztbrief an meinen damaligen Hausarzt zufällig auf den Satz: “Diabetes bereits diagnostiziert” gestoßen bin. Ich habe meinen Hausarzt dann darauf angesprochen und wurde mit “ist nicht schlimm” beschwichtigt.
Lange Rede. Ich habe einen neuen Hausarzt und einen sehr netten Diabetologen, bei dem ich jetzt seit 4 Jahren in Behandlung bin. Ich vertrage die orale Therapie nicht und spritze ICT. Dennoch bin ich in diesem Thema immer noch absoluter Neuling. Natürlich habe ich viermal im Jahr ein Gespräch mit meinem Diabetologen. Das hilft aber im täglichen Umgang nicht wirklich. Auch die anfangs verordnete Schulung war doch sehr oberflächlich und das war es. Ich kenne nicht die Möglichkeiten, die mir zustehen. Ich habe mir alles, was ich zu wissen glaube aus Büchern angelesen. Irgendwie fühle ich mich allein gelassen, irgendwie durchgerutscht. Ich kenne niemanden in meinem Bekanntenkreis, der Diabetes hat und die nächste Selbsthilfegruppe ist über 50 km entfernt.
Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.-
lena-schmidt antwortete vor 2 Tagen, 17 Stunden
Hallo Dia-Newbie 🙂 Schön, dass du den Weg zum Diabetes Anker gefunden hast. Ich bin Lena, die Community-Managerin hier und bis sich ein paar Community-Mitglieder bei dir melden, kannst du die Zeit vielleicht mit diesem Artikel überbrücken (https://diabetes-anker.de/behandlung/behandlung-des-diabetes-diese-buecher-und-materialien-helfen-weiter/). Vielleicht findest du noch wichtige Infos für dich, um deinen Alltag zu vereinfachen. 🙂 Ansonsten findest du beim Diabetes-Anker auch fundiertes Wissen zum Thema ICT von Expert:innen aber auch von Menschen mit Diabetes…Viele Grüße Lena
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