Vergesslicher Diabetes – Gedanken zum Thema Diabetes und Demenz

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Vergesslicher Diabetes – Gedanken zum Thema Diabetes und Demenz

Im letzten Halbjahr besuchte ich jeden Freitag Nachmitttag im Altersheim eine demente, ältere Dame (keine Diabetikerin). Wie kam es dazu? Die Bewohnerin war die Mutter einer Freundin und ehemalige Hundebesitzerin. Durch ihre fortschreitende Demenz reagierte die Dame nur noch sehr begrenzt auf Menschen. Jedoch Hunden gegenüber antwortete sie mit einem Lächeln im Gesicht oder manchmal schenkte sie dann auch einzelne Worte. Ich selbst bin Hundebesitzerin meiner treuen Diabetes-Warnhündin Daphne. Durch meine Besuche im Altersheim wollte ich etwas Freude zurückschenken.

Quelle: Heike Marth

Die Besuche im Altersheim waren für mich aber auch Anstoß zum Nachdenken. Wie schaut das Leben mit Demenz für einen Diabetiker aus? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich als Typ-1-Diabetiker selbst an Demenz erkranke? Welchen Einfluss haben schwere Hypoglykämien? Wie gestaltet sich die Versorgung, wenn Diabetiker an Demenz erkranken?

Doch was bedeutet Demenz?

Mit Demenz wird eine anhaltende und fortschreitende Störung des Gedächtnisses bezeichnet. Die Menschen werden immer älter und als Folge nimmt die Anzahl der Demenzerkrankungen zu (https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Nicht-uebertragbare Krankheiten/Demenz/%C3%96sterreichischer-Demenzbericht.html). Dabei sind Diabetiker sehr oft von sekundären Demenzen oder Mischformen einer Demenz betroffen. Eine sekundäre Demenz ist die Folge einer Grunderkrankung wie beispielsweise dem Diabetes. Beim Diabetes als Grunderkrankung liegt im Körper ein Insulinmangel vor und damit ist der Zuckerstoffwechsel gestört. Existiert beim Diabetiker dann als Folge langfristig ein unzureichend eingestellter Blutzucker, kann dies in Folge zu Durchblutungsstörungen im Gehirn führen. Langfristig können diese Durchblutungsstörungen im Gehirn eine vaskuläre (die Durchblutung betreffende) Demenz bedingen. Medizinisch näher dazu nachlesen kann man im Diabetes-Journal (www.diabetes-online.de/a/schwerpunkt-aelter-werden-mit-diabetes-demenz-und-diabetes-im-alter-eine-haeufige-gefaehrliche-kombination-2051331).

Quelle: Heike Marth

Demenz in der Praxis

Mich interessiert jedoch besonders die Praxis der Demenz! Dazu habe ich Kontakt mit zwei beteiligten Personen, die Menschen mit Diabetes und Demenz begleiten:

  1. einem Arzt aus einer Gedächtnisambulanz,
  2. einem Stationsleiter eines Alten- und Pflegeheims (was ich selbst besuchte).

Was sagt der Arzt aus der Gedächtnisambulanz?

Der Leiter der Gedächtnisambulanz in Hall (Tirol) antwortete mir sehr freundlich mit mehreren Studien zu meinen Fragen betreff Diabetes, Demenz und auch Unterzucker. Studien legen nahe, dass schwere Unterzuckerungen das Demenzrisiko erhöhen. Besonders jedoch bei älteren Diabetikern (ab wann ist man älter, stellt sich mir die Frage?) mit schweren Hypoglykämien, die Fremdhilfe benötigen, als auch bei leichten, aber häufig wiederkehrenden Hypoglykämien, kann die Gehirnfunktion beeinträchtigt werden. Eine langfristig stabile Blutzuckereinstellung beim Typ-1- als auch beim Typ-2-Diabetes scheint langfristig der wichtigste Faktor zu sein, um eine Schädigung der Blutgefäße des Gehirns zu vermeiden (www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/a-1666-5769.pdf, www.aerzteblatt.de/archiv/169308/Hypoglykaemien-Risikofaktor-fuer-Demenz).

Was sagt der Pflegeleiter?

Es gibt seit Jahren eine steigende Anzahl von Patienten und Patientinnen mit dementiellen Erkrankungen in den Wohn- und Pflegeheimen. Jedoch hat der Pflegeleiter in seiner Praxis bis jetzt nur Typ-2-Diabetiker mit einer dementiellen Erkrankung betreut. Den Bewohnern und Bewohnerinnen mit Typ-2-Diabetes und einer Demenz werden nach medizinischer Verordnung Tabletten gegeben oder es wird zwei Mal am Tag Insulin gespritzt. Einen möglichen Unterzucker bemerken die Pfleger und Pflegerinnen meistens am Zittern oder Schweißausbruch des Diabetikers. Dann wird ein Saft gegeben oder ein Stück Traubenzucker in die Wange gelegt. Meine Frage, ob dem Stationsleiter schon Typ-1-Diabetiker mit Demenz begegnet sind, muss er verneinen.

Persönliche Gedanken

Und wie kann ich für mich selbst vorsorgen? Eine stabile Blutzuckereinstellung mit Begleitung durch die Diabetologie ist wichtig, das ist nichts Neues. Jedoch besonders im Alter ab 40 bis 50 Jahren sollte man, denke ich, vermehrt auf seinen Körper hören und Zeichen von Vergesslichkeit oder einer veränderten Persönlichkeit ernst nehmen. Ich hoffe, dass ich durch frühzeitigen Kontakt zu Ärzten und Helfern einen beginnenden Gedächtnisverlust verzögern kann.

Die Problemlage Typ-1-Diabetes in Verbindung mit einer Demenzerkrankung erscheint mir aktuell nur „unterschwellig“ vorhanden zu sein. Noch zu oft leben Menschen mit Demenz allein oder werden in Pflegeeinrichtungen konventionell betreut (https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/Alz/pdf/factsheets/infoblatt15_allein_leben_dalzg.pdf).

In der Zeitschrift „Geriatrie up2date“ wird in einem aktuellen Beitrag das Szenario eines allein lebenden 78-jährigen Typ-1-Diabetikers geschildert, der mit seiner intensivierten Insulintherapie nicht mehr zurechtkam, aber keine Umstellung auf eine einfachere Therapie wollte. Nach wahrscheinlich wiederholten Unterzuckerungen und mehreren Stürzen erfolgte die Aufnahme in ein betreutes Wohnen. Hier konnte der 78-Jährige seine Skepsis überwinden und stimmte dem Wechsel auf die einfachere konventionelle Insulintherapie zu (https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/html/10.1055/a-1666-5769?cooperation=KYTLUVFxo9IUU10NEeBY85v1UHV9Q4vFGFDBhOB5&utm_campaign=allgemeinmedizin-u2p&utm_source=themen-nl&utm_medium=email&utm_content=20k6v6_22oa3m_22obx3).

Wenn ich im Alter mit meinem Diabetes weiterhin gut versorgt werde, bin ich sicher zufrieden. Das Entscheidende für mich ist die weitere Selbstständigkeit als Diabetikerin auch im Alter. Dafür würde ich auch dem Umstieg auf eine konventionelle Basisversorgung meines Diabetes zustimmen.

Letzten Sonntag erhielt ich ein Telefonat von der Tochter der dementen, älteren Dame. Sie erkrankte kurzfristig an einer Blasenentzündung und ist am letzten Sonntag von uns gegangen.


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  • bloodychaos postete ein Update vor 1 Tag, 22 Stunden

    Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.

    • Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.

      So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
      Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.

      Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
      Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.

      Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
      https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
      Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷‍♂️

      Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
      Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
      (Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)

    • @ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.

  • loredana postete ein Update vor 3 Tagen, 18 Stunden

    Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.

  • ambrosia postete ein Update vor 4 Tagen, 16 Stunden

    Ich wünsche allen einen schönen Mittwoch.

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