Diabetes und Herzleiden: Von einem gefährlichen Paar

3 Minuten

Diabetes und Herzleiden: Von einem gefährlichen Paar

Die meisten Menschen mit koronarer Herzkrankheit haben einen Diabetes – teils noch unentdeckt. Patienten mit beiden Erkrankungen haben ein besonders hohes Komplikationsrisiko – konsequent sollte man alle Risikofaktoren angehen!

Einer der wesentlichen Risikofaktoren für die Entstehung der koronaren Herzkrankheit ist der Diabetes mellitus – neben dem Bluthochdruck, den erhöhten Blutfettwerten und dem Rauchen. In den vergangenen Jahren hat die Häufigkeit des Diabetes deutlich zugenommen, fast 10 Prozent der deutschen Bevölkerung sind betroffen. Dafür verantwortlich sind zum Beispiel die fehlende körperliche Bewegung und das häufig daraus resultierende Übergewicht der Menschen.

Zwei von Drei Diabetikern sterben an Herzkomplikationen

Seit einigen Jahren ist Deutschland das Land in Europa mit dem höchsten Anteil an Übergewichtigen (Körper-Masse-Index, BMI, über 30 kg/m2). Dies führt dazu, dass schon junge Menschen einen Diabetes entwickeln und damit auch früher Folgeerkrankungen erleiden können. Das Risiko für Diabetiker, einen Herzinfarkt zu bekommen, ist vierfach erhöht im Vergleich zu Nichtdiabetikern.

Zwei Drittel der Diabetiker versterben letztlich an Komplikationen des Herzes wie dem Herzinfarkt oder der Herzschwäche. Entscheidend ist daher vor allem die Aufklärung der Bevölkerung: Denn die Dunkelziffer der Erkrankung ist hoch.

Herzkranke sind oftmals auch Diabetiker

Im Rahmen einer europäischen Untersuchung von herzkranken Patienten aus dem Jahr 2004, in der gezielt nach dem Vorliegen eines Diabetes gesucht wurde, hatten 31 Prozent der Patienten bereits einen bekannten Diabetes. In weiteren 40 Prozent konnte ein neu diagnostizierter Diabetes oder seine Vorstufe dokumentiert werden.

Aufgrund dieser Erkenntnisse, dass Diabetes und Herzkrankheit häufig zusammen auftreten, haben die medizinischen Fachgesellschaften für Kardiologie und Diabetologie eine gemeinsame Leitlinie entwickelt. Diese empfiehlt, dass bei Patienten mit Herzkrankheit gezielt nach einem Diabetes und bei Patienten mit Diabetes gezielt nach einer Herzkrankheit gesucht werden sollte.

Diabetes kompliziert eine Herzkrankheit

Diabetes ist also ein wesentlicher Risikofaktor für das Entstehen der koronaren Herzkrankheit und ein Risikofaktor für gefährliche Komplikationen bei bestehender Herzkrankheit! Seit langem ist aus großen Registerstudien bekannt, dass zum Beispiel Herzinfarktpatienten mit Diabetes eine deutlich höhere Sterblichkeit haben – akut im Krankenhaus und auch innerhalb des ersten Jahres nach einem Infarkt. Das hat sich in den vergangenen Jahren trotz deutlicher Verbesserungen in der Herzinfarktbehandlung nicht geändert.

Häufig wird der Diabetes auch erst dann diagnostiziert, wenn bereits eine Komplikation wie ein Herzinfarkt eingetreten ist: Die deutsche Registerstudie Sweetheart-Register legte einen speziellen Fokus auf die Suche nach einem bislang unentdeckten Diabetes; dort konnten ca. 15 bis 20 Prozent der Patienten mit bislang unerkanntem Diabetes identifiziert werden. In der Nachbeobachtung über 3 Jahre starben besonders viele dieser Patienten; ihre Sterblichkeit war ähnlich hoch wie die von Patienten mit bereits bekanntem Diabetes.

Diabetes gezielt suchen

Diese Ergebnisse unterstreichen die bereits in den Leitlinien der Fachgesellschaften geforderte gezielte Suche nach dem Diabetes. Und auch außerhalb des Herzinfarkts ist der Diabetes bei bestehender Herzkrankheit besonders gefährlich – neuere Untersuchungen eines deutschen Registers

Interdisziplinär behandeln!

Aufgrund des hohen Risikos der Patienten mit Diabetes und koronarer Herzkrankheit ist eine interdisziplinäre Behandlung besonders wichtig. Dazu gehören eine gute Einstellung des Blutzuckers sowie die konsequente Therapie aller anderen Risikofaktoren. Bei der Einstellung des Blutzuckers ist vor allem bei Patienten mit Herzkrankheit darauf zu achten, dass Unterzuckerungen vermieden werden.

Krankes Herz macht mehr Unterzuckerungen

Eine deutsche Studie über die ambulante Behandlung des Diabetes im Alltag (DiaRegis-Studie) konnte zeigen, dass Patienten mit Herzkrankheit besonders gefährdet für Hypoglykämien sind; eine gute Blutzuckereinstellung scheint nicht immer gut zu sein. Patienten mit Diabetes und koronarer Herzkrankheit sollten also vor allem Medikamente erhalten, die aufgrund ihres Wirkmechanismus ein niedriges Unterzuckerungsrisiko haben.

Aufzüge und Rolltreppen abschaffen?

Vor der medikamentösen Behandlung steht der Versuch, gesünder zu leben: sich gesund zu ernähren, mit dem Rauchen aufzuhören, sich körperlich mehr zu bewegen – hier reichen schon regelmäßige Spaziergänge oder der Verzicht aufs Auto für kurze Distanzen. Das erfordert eine Umstellung der täglichen Gewohnheiten wie Nutzung von Treppen statt Aufzügen. Eine theoretische Stilllegung aller Aufzüge und Rolltreppen würde Schätzungen zufolge die Zahl der Übergewichtigen und der Diabetiker nahezu halbieren.

Andere Risiken verkleinern

Auch die anderen klassischen Risikofaktoren sollen bei Diabetikern mit Herzerkrankung besonders gut eingestellt sein. Das gilt für den Blutdruck, der maximal bei 140/90 mmHg liegen sollte, ebenso für die Fettwerte, insbesondere das LDL-Cholesterin, das unter 70 mg/dl eingestellt sein sollte – hierfür sind meist Medikamente wie Statine nötig.

Leider ist die medikamentöse Einstellung der Patienten im Alltag noch nicht optimal. In einer großen internationalen Studie zur Dokumentation der Zielwerterreichung des LDL-Cholesterins bei mehr als 20 000 Patienten in Europa

Das gefährliche Paar

Diabetes und koronare Herzkrankheit sind eng miteinander verbunden – ein untrennbares und gefährliches Paar. Die Mehrzahl der Patienten mit koronarer Herzkrankheit haben einen bekannten oder noch unentdeckten Diabetes. Patienten mit beiden Erkrankungen haben ein besonders hohes Komplikationsrisiko und bedürfen einer konsequenten Kontrolle aller ihrer Risikofaktoren.

Leider sind viele der gesetzten Ziele in der Behandlung der Risikofaktoren nur schwer zu erreichen. Dies ist nur mit einer individuell abgestimmten Therapie jedes einzelnen Patienten möglich – unter Einbeziehung beider Disziplinen: der Diabetologie und der Kardiologie, in enger Zusammenarbeit mit den Patienten und den behandelnden Hausärzten.


von Dr. Anselm K. Gitt

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2025; 61 (2) Seite 28-31

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Diabetes und Auge: Retinopathie und Makulopathie vorbeugen

Diabetes und Auge: Retinopathie und Makulopathie vorbeugen | Foto: puhhha – stock.adobe.com

6 Minuten

Wintersport für Kinder mit Diabetes: Schnee, Sport und Insulintherapie – das geht!

Der Winter steht kurz bevor und die Vorfreude auf Aktivitäten im Schnee steigt. Wintersport bringt viel Spaß, aber auch Herausforderungen im Diabetes-Management für Kinder mit Diabetes. Bezüglich der Insulintherapie gibt ein paar Dinge zu beachten.
Wintersport für Kinder mit Diabetes: Schnee, Sport und Insulintherapie – das geht! | Foto: MP Studio – stock.adobe.com

3 Minuten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.

    • Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.

      So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
      Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.

      Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
      Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.

      Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
      https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
      Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷‍♂️

      Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
      Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
      (Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)

    • @ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.

    • @bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
      Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
      Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).

  • loredana postete ein Update vor 4 Tagen, 15 Stunden

    Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.

  • ambrosia postete ein Update vor 5 Tagen, 12 Stunden

    Ich wünsche allen einen schönen Mittwoch.

Verbände